MÜNCHEN (dpa-AFX) - RWE Rolf Schmitz fordert von der Politik klare Vorgaben und Ziele für den Ausstieg aus der Erzeugung von Kohlestrom. Sollte es der seit kurzem aktiven Expertenkommission gelingen, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze schneller voranzutreiben, wäre ein schnelleres Ende der klimaschädlichen Produktion von Kohlestrom möglich. "Der Ausstieg aus der Kohle bestimmt sich durch den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (SZ/Montagausgabe).

"Derzeit ersetzt jede Kilowattstunde erneuerbaren Stroms bis 2022 die Kernenergie, und nach 2022 die Kohle. Der Kohleausstieg ist nur abhängig vom Ausbau der Alternativen. Das ist die Führungsgröße - nicht der Ausstieg aus der Kohle. Und bis der Ausbau so weit ist, wird die Kohle noch gebraucht." Es seien bereits viele Anlagen stillgelegt worden oder in die Sicherheitsbereitschaft gewechselt.

"Die Erneuerbaren laufen jetzt schon gegen die Kohle. Und das ist auch gut so, um das ganz klar zu sagen. Wenn es gelingt, den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen und den Netzausbau voranzubringen, dann wird zwangsläufig die Kohle im gleichen Tempo reduziert", sagte Schmitz. "Eigentlich bräuchten wir eine Kommission für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze."

In Berlin hatte erst in der vergangenen Woche eine Kommission ihre Arbeit aufgenommen, die einen Ausstieg aus der Kohle flankieren soll. Sie soll auch Enddaten für die Kohleverstromung empfehlen. Die Zusammensetzung der Kommission wurde unter anderem von Klimaschützern und Opposition kritisiert, da ihrer Auffassung nach zu wenig der 31 Mitglieder dem kohlekritischen Lager zuzurechnen sind.

Schmitz sieht RWE unterdessen auf Kurs, um die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen. "Bis 2030 wollen wir bei RWE 40 bis 50 Prozent weniger CO2 ausstoßen als 2015. Wir erfüllen unser Klimaziel, anders als Verkehr oder Landwirtschaft. Er sehe aber nicht ein, "warum wir übermorgen die Kohle stilllegen sollen, sie durch Gas ersetzen, und irgendwann das Gas durch Erneuerbare". Dieser Zwischenschritt benötige eine Infrastruktur und Investitionen, die volkswirtschaftlicher Unsinn wären. Dadurch würden die Strompreise für die Industrie zudem enorm steigen, sagte er.

Entscheidend für den Zeitpunkt des Kohle-Ausstiegs sei der Ausbau der Erneuerbaren und der Netze - dieser müsse möglichst schnell gehen. "Wenn die Politik aus der Kohle dennoch schneller rauswill, hat das seinen Preis." Zum einen für die Industrie, die höhere Stromkosten haben werde. Zum anderen müsse er darauf schauen, dass er den Wert des Unternehmens schütze. Falls dies gefährdet sei, müsste RWE wie beim Atomausstieg klagen. "Ich bin aber optimistisch, dass die Kommission zu Lösungen kommt, die solche Schritte unnötig machen."

Konzernintern will Schmitz den Anteil der Erneuerbaren durch die Übernahme der Eon-Ökosparte stärken. Zuvor hatte RWE beschlossen, seine erst 2016 an die Börse gebrachte Tochter Innogy an Eon zu verkaufen. Diese soll jetzt zerschlagen werden und zum Teil an RWE zurückgehen. Schmitz verteidigte die Schritte. "Mit den Erneuerbaren von Innogy und Eon sind wir künftig Nummer drei bei den Regenerativen in Europa, Nummer zwei bei Wind Offshore. Wenn ich das selbst hätte aufbauen wollen, hätte ich zehn Jahre gebraucht. Die Option mit Eon war die beste", sagte er.

Bei der komplizierten Transaktion half es, dass sich er und Eon-Chef Johannes Theyssen gut kennen. "Wir wussten, wo wir hinwollen. Der erste Kontakt zu Teyssen in der Sache war im Januar, bei mir im Wohnzimmer. Wir kennen uns seit 25 Jahren, das hilft. Dann haben wir uns zusammen mit den Teams vier Tage am Stück zusammengehockt. Danach waren die großen Linien klar, aber auch schon viele Details geklärt."

Aktuell stehen noch die kartellrechtlichen Genehmigungen aus - Schmitz geht aber davon aus, dass der Deal daran nicht mehr scheitern wird. "Ich kann nicht erkennen, woran. Wir warten noch auf kartellrechtliche Genehmigungen, aber was da kommen kann, haben wir eigentlich alles bedacht. Aber es dauert eben", sagte er./zb/stw/jha/