NIEDERZIER/BERLIN (dpa-AFX) - Der Bund will die Länder nach den Worten von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit den von der Kohlekommission vorgeschlagenen Milliardenhilfen für den Strukturwandel unterstützen. Er habe den RWE-Tagebaubeschäftigten bei einer Betriebsversammlung berichten können, "dass es jetzt die verbindliche Zusage des Bundes gab, die es bis gestern nicht gab, dass der Kommissionsbericht in allen seinen Teilen umgesetzt wird", sagte Laschet am Freitag im Tagebau Hambach. "Das heißt: 40 Milliarden Euro Strukturhilfe für die betroffenen Reviere." Nach Nordrhein-Westfalen flössen davon 15 Milliarden Euro.

Aus der Bundesregierung war dazu allerdings keine Bestätigung zu erhalten. Ein Regierungssprecher verwies auf Aussagen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) von Donnerstag. Merkel hatte nach einer Tagung mit den 16 Regierungschefs der Länder gesagt, die Bundesregierung werde den Bericht der Kommission sorgsam prüfen. "Was zusätzliche und was nicht zusätzliche Mittel sind, kann man überhaupt nicht sagen, weil unsere mittelfristige Finanzplanung im Augenblick, glaube ich, im Jahre 2023 endet, wir hier aber über 2038 sprechen. Das heißt, kein Mensch weiß, was irgendwann einmal die Finanzplanung ist", sagte Merkel. "Deshalb werden wir auch über einen sehr langen Zeitraum planen müssen."

Merkel hatte aber bis zum Mai ein Maßnahmengesetz angekündigt. Die Länder wollten zudem ein Gesetz, um Planungen zu beschleunigen. "Beides werden wir in Angriff nehmen", sagte Merkel.

Die Kanzlerin hatte sich am Donnerstagabend noch mit den Regierungschefs der Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg getroffen, um über die Empfehlungen einer von der Regierung eingesetzten Kommission zu beraten. Die Kommission hatte nach langen Verhandlungen ein Konzept für einen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung bis spätestens 2038 vorgelegt. Dieses sieht unter anderem 40 Milliarden Euro Strukturhilfen aus dem Staatshaushalt für den Strukturwandel vor.

Der Bund plant nun wie von der Kohlekommission vorgeschlagen in Abstimmung mit den Ländern ein Maßnahmengesetz. Dabei geht es zum Beispiel um Investitionen in die Infrastruktur, Investitionsanreize für Unternehmen und die Ansiedlung von Bundesbehörden in den Kohleregionen. Ziel ist es, neue Jobs zu schaffen. Vor allem in der Lausitz, im Mitteldeutschen sowie im Rheinischen Revier hängen noch tausende Arbeitsplätze an der Kohle.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte auf dpa-Anfrage, die Vorschläge der Kommission sollten nun durch Bund und Länder umgesetzt werden. Darin sollten die Summen festgelegt werden, die vorgeschlagen worden seien. Es solle wie von der Kommission vorgeschlagen einen Staatsvertrag des Bundes mit den vier betroffenen Ländern geben, der auch über Legislaturperioden hinweg Sicherheit gebe, sagte Woidke. "Wir müssen zügig vorankommen. Die Projekte dürfen nicht zwischen Behörden und Aktendeckeln hängen bleiben."

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sagte der dpa: "Wir wollen einen Staatsvertrag der betroffenen Länder mit dem Bund, damit das auch für die nächsten Legislaturperioden festgezurrt ist." Alle, die sich am Donnerstagabend mit Merkel trafen, hätten eine gemeinsame Vorstellung von dem, was sie erreichen wollen. Es sei der Versuch, eine schwierige Frage - Energiepolitik und Klimaschutz - zu versöhnen, Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen: "Wenn das gelingt, hätten wir wirklich viel für Deutschland erreicht. Und deswegen müssen wir jetzt mit ganzer Kraft an die Arbeit gehen."

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff mahnte eine zügige Umsetzung des Kohlekompromisses an. "Diesen sollten wir nicht infrage stellen, wenn die Energiewende erfolgreich sein soll", sagte der CDU-Politiker im Magdeburger Landtag. Die Kohlekommission habe einen breiten gesellschaftlichen Konsens erzielt. Das sei eine enorme Leistung. Nötig sei es nun, schnell ein Gesetzespaket zur Umsetzung der Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtete, will Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Ausstieg aus der Kohleverstromung ohne neue Schulden und ohne höhere Steuern bewältigen. Demnach wolle der SPD-Politiker die Kosten des Kohlekompromisses für den Bundeshaushalt von rund 80 Milliarden Euro bis 2038 aus den vorhandenen Etatposten aufbringen. Weil künftig nicht mehr mit unerwarteten Steuermehreinnahmen zu rechnen sei, laufe der Ansatz darauf hinaus, dass im Bundesetat eingespart und umgeschichtet werden müsse./dpa/DP/tav