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FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Die geplante Neuordnung des Versorgersektors in Deutschland dürfte auch für Investoren neue Chancen mit sich bringen. Jetzt, wo sich auch die Bedingungen für den Kohleausstieg heraus kristallisieren, wird es Experten zufolge für die Anleger von Eon und RWE wieder spannend. 2019 werde das Geschehen rund um die Aufteilung von Innogy zu einer der wichtigsten Restrukturierungsgeschichten im Sektor, vermutet Experte Peter Crampton vom britischen Analysehaus Barclays.

RWE und Eon wollen ihre Geschäfte bis Ende des Jahres neu ordnen und dabei die bisherige RWE-Tochter Innogy unter sich aufteilen. Eon will dabei sein Vertriebsgeschäft und den Status als Energienetzbetreiber stärken und RWE seinen Fokus in der Stromerzeugung stärker auf die Erneuerbaren Energien legen. Für RWE gilt dies unter dem Druck von Umweltschützern, aber auch vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Kohleausstiegs, als Investition in die Zukunft. Deutschland soll nach dem Willen der extra eingesetzten Kommission bis spätestens Ende 2038 die Stromgewinnung aus Kohle beenden.

Laut Crampton sind die neu mit "Overweight" bewerteten Aktien von RWE angesichts des anstehenden Umbruchs in der deutschen Strombranche die vielversprechendsten, er bezeichnet sie als "Top Pick". RWE steige zum drittgrößten Marktteilnehmer im europäischen Ökostrombereich auf, die Aktie preise dies aber nicht annähernd ein. "Wir glauben, dass die positiven Auswirkungen der Restrukturierungen von Investoren immer noch unterschätzt werden", so der Experte. Er traut den RWE-Papieren einen Anstieg bis auf 27 Euro zu - ein Niveau, das sie seit Ende 2014 nicht mehr gesehen haben. Am Montag wurden die Papiere auf Xetra bei etwa 21,30 Euro gehandelt.

Auch der geplante Kohleausstieg dürfte RWE wegen der damit verbundenen Kompensationen perspektivisch in die Karten spielen. Analyst Sam Arie von der UBS sieht RWE und mit Abstrichen auch den weiteren großen Stromerzeuger Uniper als größte Profiteure einer Branche, für die die Pläne zum Kohleausstieg "in der Summe sehr förderlich" seien. Innogy und Eon hält er mangels Kohleaktivitäten für nicht betroffen.

Mit Innogy und Eon können Investoren also eher auf die Restrukturierung der Branche setzen. Laut Crampton handelt es sich dabei auch für Eon um ein alles veränderndes Ereignis, hier spreche der eher längerfristige Charakter der erzielbaren Synergien aber nur für ein neutrales Votum mit "Equal Weight". Für die verbleibenden Innogy-Aktionäre erwartet der Experte derweil keinen neuen Geldsegen. Er bleibt skeptisch für ein eventuelles höheres Angebot von Eon und bewertet Innogy daher neu mit "Underweight".

Im Rahmen der Neuordnung soll Eon das Netz- und Vertriebsgeschäft von Innogy übernehmen, RWE die Ökostromsparten von Innogy und von Eon. Außerdem sollen die Essener mit 16,7 Prozent an Eon beteiligt werden. Derzeit sind die Kartellbehörden am Zug: Bei der Europäischen Kommission läuft der erste Schritt im Fusionskontrollverfahren, dem weitere bei den deutschen und britischen Behörden folgen werden. Große Risiken regulatorischer Art erwartet Crampton aber nicht: "Nach dem Sommer sollte die letzte Unsicherheit von Eon und RWE weichen", so der Barclays-Experte.

Für Anleger der deutschen Energiekonzerne sind die Zeiten in den vergangenen Jahren schon Stück für Stück wieder rosiger geworden - vor allem bei RWE. Die Papiere der Essener waren im September 2015 unter 10 Euro auf ein Rekordtief gefallen, von dem sie sich bis heute mehr als verdoppelt haben. 2018 war die Aktie mit einem Anstieg um 11,5 Prozent zweitbester Wert im schwachen Dax-Umfeld. Auch im noch jungen Jahr 2019 gehören sie mit einem Anstieg um 12 Prozent zum vorderen Drittel unter den 30 Werten im Leitindex.

Eon konnte sich in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich berappeln. 2016 markierten sie ihr Tief bei 6 Euro, von dem ausgehend sie mittlerweile weit mehr als die Hälfte wieder gut gemacht haben. Auch Innogy und vor allem Uniper - 2016 jeweils neu an die Börse gebracht - liegen mittlerweile angetrieben von Übernahmespekulationen jeweils klar über ihrem Niveau bei der Erstnotiz. Bei Uniper ist Fortum eingestiegen, der finnische Konzern hält derzeit knapp die Hälfte der Anteile an dem Kraftwerksbetreiber./tih/nas/jha/

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