BERLIN (dpa-AFX) - Mieter in Berlin sehen sich immer häufiger Eigenbedarfskündigungen ausgesetzt. Seit einigen Jahren nehme das zu, sagte Wibke Werner, die stellvertretende Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, der Deutschen Presse-Agentur. Hintergrund sei, dass immer mehr Wohnungen in Eigentum umgewandelt werden. "Die Eigenbedarfskündigung geht damit einher."

In den zehn Jahren bis 2017 gab es knapp 96 000 solcher Umwandlungen, wie aus dem aktuellen Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin hervorgeht. Vor allem in jüngeren Jahren verstärkte sich demnach der Trend. Das hängt mit dem Wohnungsmangel und stark steigenden Mieten in der Stadt zusammen.

An diesem Montag wird der neue Mietspiegel präsentiert. Dafür werten Senat, Mieter- und Vermieterverbände alle zwei Jahre Daten aus bestehenden sowie neuen Verträgen der vergangenen vier Jahre aus. Wer eine Mietererhöhung erhält, kann im Mietspiegel nachsehen, ob sie berechtigt ist.

Nach Informationen des "Tagsspiegels" (Samstag) liegt die durchschnittliche Nettokaltmiete im neuen Mietspiegel nun bei 6,72 Euro. Das entspräche einem jährlichen Anstieg von 2,5 Prozent. Die letzte Auflage des Mietspiegels 2017 hatte noch ein jährliches Plus von 4,6 Prozent registriert. Eine Sprecherin von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) wollte sich nicht zu den Zahlen äußern.

Dass es mehr Eigenbedarfskündigungen gibt, hat auch rechtliche Gründe. "Der Schutz der Mieter ist gering", kritisierte die Juristin. In den vergangenen Jahren hätten Gerichte die Möglichkeiten für Mieter stetig erweitert, Eigenbedarf geltend zu machen. Selbst zugunsten von Nichten und Neffen können sie Mieter vor die Tür setzen.

Der Mieterverein fordert deshalb Korrekturen. Nur Partner oder Kinder des Eigentümers dürften von der Kündigung profitieren. "Wir wollen auch besondere Härtegründe bei Alter und langer Wohndauer." Ab 60 Lebensjahren oder nach 20 Jahren in der Wohnung solle kein Mieter die Eigenbedarfskündigung mehr fürchten müssen. Diese Menschen seien meist stark in ihrem Stadtteil verwurzelt, ein Umzug bedeute häufig den Verlust dieser Bindung.

Angeblichen Eigenbedarf, um Mieter loszuwerden, sieht der Mieterverein aber als Ausnahme. "Es gibt sicherlich schwarze Schafe, die Eigenbedarf vortäuschen." Eine weit verbreitete Masche sei dies aber nicht. "Für den Mieter ist das aber auch unerheblich", erklärte die Juristin. "Wenn er erstmal aus der Wohnung raus ist, wird er höchstens noch Schadenersatz beanspruchen."/bf/DP/zb