Bereits seit mehr als 15 Jahren wird in Haarbach erbittert über den Mobilfunkempfang gestritten. Der Bürgermeister erzählt die lange Geschichte.

Die Ereignisse rund um das Für und Wider des Mobilfunk-Empfangs im niederbayrischen Haarbach reichen für ein Drama in fünf Akten.

Erster Akt: Die Proteste gegen den Mobilfunk von 2003

Die Handlung beginnt im Jahr 2003. Damals brach in Haarbach, das gut 28 Kilometer westlich von Passau liegt, ein Streit um einen Mobilfunkmast aus, der so tiefe Wunden geschlagen hat, dass die Folgen bis heute zu spüren sind.

Fritz Pflugbeil, seit 1996 und bis heute Bürgermeister von Haarbach, erinnert sich: 'Damals hat E-Plus eine Anfrage für einen Mobilfunkmast gestellt, der unter zehn Meter hoch und damit genehmigungsfrei war.' Der Mast sollte auf Privatgrund errichtet werden, die Einwilligung des Grundstücksbesitzers lag bereits vor. Und damit, so der Bürgermeister, 'ging die Gaudi los'.

Eine Bürgerinitiative ging 'massiv', so Pflugbeil, gegen den Bau des Masts vor. Für die Beweggründe der Mobilfunkgegner hatte der CSU-Politiker durchaus Verständnis ('Das war einfach der Gesundheitsaspekt. Die Leute haben Angst gehabt'), für ihre Vorgehensweise allerdings nichts.

Zweiter Akt: Angriffe auf den Bürgermeister

Der Streit verlief dermaßen erbittert, dass Bürgermeister und Gemeinderäte auch persönlich angegriffen und unter Druck gesetzt wurden. 'Es kam zu Verleumdungen, es hieß, der Bürgermeister muss weg, den können wir nicht mehr haben', blickt Fritz Pflugbeil zurück. 'Böse Menschen würden Sie in den großen Topf der unfähigen Politiker werfen, die nicht einmal gescheit lügen können', hieß es in Briefen an das Gemeindeoberhaupt. Und: 'Kinder würden darauf warten, dass Ihnen die Nase wächst.' Der Pinocchio-Vorwurf stammt noch aus den harmloseren Zuschriften.

Der Druck wurde dermaßen groß, dass Pflugbeil und einige Gemeinderäte schlussendlich versuchten, den Grundstücksbesitzer von seiner Zusage an E-Plus abzubringen und den geschlossenen Vertrag zu widerrufen - worauf dieser aber nicht einging. Der Mast wurde gebaut, und Pflugbeil blickt heute noch auf schmerzhafte Auseinandersetzungen zurück: 'Gut, dass ich Freunde hatte, die mir zur Seite gestanden sind.'

Dritter Akt: Ja zum Handyempfang, Nein zum Mast

Obwohl sich später einige Bürger bei Fritz Pflugbeil entschuldigt haben, sind die Wunden von damals bis heute nicht endgültig verheilt. Das bekam auch die Telekom zu spüren, als sie fünfzehn Jahre später, im Jahr 2018, versuchte, die Mobilfunkversorgung in Haarbach mit einem neuen Sendemast zu verbessern. Denn: Der Bedarf und der Wunsch der Bürger sind da, das weiß auch Bürgermeister Pflugbeil.

'Das ist ja das Schöne bei uns: Jeder hat so ein Gerät, jeder sagt, dass wir so einen schlechten Empfang haben, wir brauchen unbedingt etwas - aber neben mir darf kein Funkmast stehen!' Sogar schriftlich haben sich einige Haarbacher bereits an Bürgermeister und Gemeinderat gewendet, um die Empfangssituation im Ort zu verbessern. Eine Geschäftsfrau sieht wegen der schlechten Handyversorgung sogar die Zukunft ihres Betriebs gefährdet. 'Die Jungen sagen mir natürlich, Bürgermeister, schau, dass wir hier guten Empfang haben. Sogar die ganz Kleinen sitzen ja schon mit ihrem Smartphone im Bus-Wartehäuschen.'

Aber: Das altbekannte Sankt-Florian-Prinzip ('Ich will sauberen Strom, aber kein Windrad!') wirkt in Haarbach bis heute nach. Oder, wie es in moderner Form heißt: 'Nimby' - die Abkürzung von 'Not in my backyard', 'Nicht in meinem Hinterhof'.

Vierter Akt: Keine Unterstützung bei der Standortsuche

Ende 2018 sorgte das niederbayrische Mobilfunk-Drama erneut für Schlagzeilen. 'Lieber kein Netz als nochmal so eine Gaudi' und 'Standortsuche ist keine Aufgabe der Gemeinde', hieß es in der Passauer Neuen Presse (PNP).

Hintergrund: Aufgrund der Erfahrungen von 2003 waren Bürgermeister und Gemeinderat nicht bereit, die Telekom bei der Suche nach einem Standort für den neuen Mobilfunkmast zu unterstützen - beispielsweise, indem offengelegt wird, welches in Frage kommende Grundstück welchem Besitzer gehört, um die Kontaktaufnahme zu erleichtern.

Bürgermeister Pflugbeil erklärt: 'Es ist ja nicht so, dass wir, der Gemeinderat und der Bürgermeister, gegen den Mobilfunkmast sind. Aber wir sind einfach dagegen, dass wir bei der Standortsuche helfen.' Seine Befürchtung: 'Die Erfahrung hat gezeigt, dass mit dem Finger dann hauptsächlich auf den Bürgermeister gezeigt wird. Und darum haben wir gesagt, wir klinken uns aus.'

Fünfter Akt: Es gibt Hoffnung!

Trotz der fehlenden Hilfe bei der Standortsuche hat die Telekom nicht aufgegeben - sondern Bürger in der PNP dazu aufgefordert, mit ihr Kontakt aufzunehmen, wenn sie ein Grundstück für den Mobilfunkmast zur Verfügung stellen wollen. In einem bisher einmaligen Vorgang haben sich daraufhin sogar mehrere Grundstücksbesitzer gemeldet und dazu bereit erklärt.

Und das freut sogar den Mobilfunk-geschädigten Bürgermeister von Haarbach: 'Das finde ich dann auch besser, wenn der Bürger selber sagt, ich bin bereit, einen Standort für die Telekom zur Verfügung zu stellen. Und dann sind nicht immer der Bürgermeister und der Gemeinderat die Schuldigen.'

Neue massive Proteste befürchtet Fritz Pflugbeil derzeit nicht: 'Ich habe bis jetzt nichts erhalten, kein Schreiben oder keinen Anruf. Und ich glaube sicher, dass der eine oder andere, der damals sehr massiv dagegen war, heute vielleicht auch die Notwendigkeit sieht. Und das Handy, das darf man nicht vergessen, hat ja schon viele Leben gerettet.'

Es könnte also klappen mit einer besseren Mobilfunkversorgung für die Haarbacher - wenn nichts mehr dazwischenkommt.

Das ganze Gespräch mit dem Bürgermeister von Haarbach im Video

Deutsche Telekom AG veröffentlichte diesen Inhalt am 26 März 2019 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 26 März 2019 05:58:01 UTC.

Originaldokumenthttps://www.telekom.com/de/blog/netz/artikel/haarbach-mobilfunk-streit-566430

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