- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

"Wir müssen uns in all unseren Geschäften deutlich verbessern", sagte der Manager am Donnerstag. Jeder Sparte - ob Aufzüge, Autoteile, Werkstoffhandel oder U-Boote - verpasste er konkrete Renditevorgaben und auch einen Zeitraum, innerhalb dessen die Ziele erreicht werden müssen. Investoren wie Großaktionär Cevian, der US-Hedgefonds Elliott oder die Fondsgesellschaft Union Investment hatten das immer wieder gefordert. Den Anlegern waren die Vorgaben aber offenbar nicht ehrgeizig genug - die Thyssenkrupp-Aktie verlor in der Spitze mehr als 3,5 Prozent.

"Die Mittelfristziele können nicht überzeugen", urteilte Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research. Damit bleibt offen, ob der Schritt die anhaltende Kritik der Großaktionäre Cevian und Elliott an der Strategie und der Führung des Traditionskonzerns verstummen lässt. Die Auseinandersetzung mit den Investoren hatte mit dazu geführt, dass der langjährige Vorstandschef Heinrich Hiesinger im Juli das Handtuch warf. Cevian und Elliott wollten sich am Donnerstag ebensowenig zu den Zielen äußern wie Union Investment.

Thyssenkrupp ist durch die Rücktritte Hiesingers und des Aufsichtsratschefs Ulrich Lehner in eine der größten Krisen seiner Geschichte gerutscht. "Viele Mitarbeiter sind verunsichert", hießt es in Unternehmenskreisen. Kerkhoff machte aber klar, dass eine Abkehr von der Konglomeratsstruktur, wie es Investoren fordern, nicht geplant sei. Er habe vom Aufsichtsrat das Mandat erhalten, den bisherigen Weg bis auf Weiteres fortzusetzen - "mit allen Geschäften unter einem Dach".

PROGNOSE FÜR DAS AUFZUGGESCHÄFT GESENKT

Bis 2020/21 will der Konzern den jährlichen Mittelzufluss (Free Cash Flow vor M&A) auf mindestens eine Milliarde Euro steigern, wie Kerkhoff ankündigte. Zuletzt stand hier ein Fehlbetrag von 855 Millionen Euro. Jedes Geschäft muss künftig einen bestimmten Beitrag zum Cashflow leisten. "Die aktuellen Ergebnisse stellen uns unter dem Strich nicht zufrieden. Da lässt sich nichts schönreden", sagte Kerkhoff.

Der 50-jährige Interimschef will die Kosten insbesondere in der Verwaltung weiter senken und in der Sparte Industrial Solutions mit dem Anlagenbau und dem Marinegeschäft aufräumen. Diese hatte dem Unternehmen die Bilanz verhagelt. Für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2017/18 wies der Konzern daher einen Nettoverlust von 131 Millionen Euro aus. Die Jahresprognose hatte Thyssen wegen der Probleme bei Industrial Solutions schon eingedampft. Nun musste der Konzern auch die Prognose für das Aufzuggeschäft, der Ertragsperle des Konzerns, wegen negativer Wechselkurseffekte und höheren Materialkosten senken - das zweite Mal binnen weniger Monate.

"KERKHOFF KANN VORSTANDSCHEF"

In einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief appellierte Kerkhoff an die Beschäftigten, die Einschnitte durch die künftige strategische Ausrichtung des Konzerns befürchten: "Wir müssen uns darauf konzentrieren, alles für den Erfolg unseres Unternehmens zu tun. 'Thyssenkrupp im Umbruch' – so mag es sich für viele von Ihnen gerade anfühlen. Lassen Sie uns gemeinsam ein 'Thyssenkrupp im Aufbruch' daraus machen."

Mit solchen Worten und den den klaren Spartenzielen löst sich Kerkhoff von der Rolle des Chefs auf Abruf und setzt eigene Akzente. Großaktionär Elliott hat aber bereits klargemacht, dass er nichts von einer Dauerlösung Kerkhoff hält und seine Zeit an der Spitze kurz gehalten werden müsse. Aktionärsschützer Thomas Hechtfischer sieht das anders: "Kerkhoff hat das Format für den Chefposten. Er kann das. Er ist mit allen Dingen vertraut", sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zu Reuters. "Unter ihm zeigt der Konzern eine größere Transparenz." Allerdings sei die Frage, ob der Aufsichtsrat das auch so sehe.

Nach seinen eigenen Ambitionen gefragt, hielt sich Kerkhoff bedeckt. "Ich will mich an Spekulationen nicht beteiligen", sagte der frühere Manager der Deutschen Telekom.