- von Tom Käckenhoff

In einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Schreiben an die Mitarbeiter kündigte der 50-Jährige am Freitag an, das Unternehmen wie bereits unter Hiesinger begonnen neu aufzustellen, das Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel umzusetzen und die übrigen Geschäftsbereiche weiterzuentwickeln. "Wir werden an unserem Kurs festhalten, das Unternehmen zu einem starken Industriekonzern umzubauen."

Kerkhoff war wenige Stunden zuvor vom Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden ernannt worden. Die Suche nach einem Nachfolger Hiesingers will der Konzern fortsetzen. Hiesinger hatte seit seinem Amtsantritt 2011 bis zu seinem überraschenden Rücktritt am 5.Juli den Mischkonzern umgebaut, was jedoch Investoren wie Großaktionär Cevian und der US-Hedgefonds Elliott als unzureichend kritisiert hatten.

KERKHOFF: ERFOLGREICHER WANDEL BRAUCHT GESCHLOSSENHEIT

Kerkhoff bekräftigte den Willen zu Veränderungen. "Um nachhaltig Erfolg zu haben, müssen wir unsere Geschäftsbereiche ständig weiterentwickeln und anpassen – so, wie wir es in der Vergangenheit mit der dynamischen Entwicklung unseres Portfolios bereits gemacht haben." Ihm sei wichtig, dass im konstruktiven Dialog mit dem Aufsichtsrat tun und dass es dort eine gemeinsame Basis gebe. Es sei schonmal ein gutes Zeichen, dass das Gremium bei seiner Ernennung einstimmig entschieden habe.

Kerkhoff ist am Markt und in der Branche wohlbekannt, in der Öffentlichkeit allerdings kaum. Er stand bislang im Schatten von Hiesinger, den viele Mitarbeiter geschätzt haben. Kerkhoff hat nun die Gelegenheit, sich als dauerhaften Nachfolger ins Spiel zu bringen. Bisher galt der Manager als Übergangslösung. Die Mitteilung von Thyssenkrupp ließ dies offen. "Guido Kerkhoff wird das Unternehmen führen, bis der Aufsichtsrat den strukturierten Prozess zur Findung eines Nachfolgers für Dr. Heinrich Hiesinger abgeschlossen hat", hieß es. "Die Aufsichtsratsmitglieder sind sich einig, dass Thyssenkrupp vor allem Stabilität und Kontinuität braucht, um den eingeschlagenen Weg der Transformation erfolgreich fortsetzen zu können", betonte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner.

KRUPP-STIFTUNG: STEHEN FEST AN DER SEITE DES KONZERNS

Auch die zuletzt in die Kritik geratene Krupp-Stiftung, die mit einem Anteil von 21 Prozent größter Einzelaktionär ist, sagte Kerkhoff Unterstützung zu. Die Stiftung stehe fest an der Seite des Konzerns, betonte die Kuratoriumsvorsitzende Ursula Gather. Das Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel müsse konsequent umgesetzt und die übrigen Geschäftsbereiche zukunftsorientiert fortentwickelt werden. "Der amtierende Vorstand mit Herrn Kerkhoff an der Spitze genießt in diesem Prozess unser volles Vertrauen." Die Stiftung wolle mit dem Management und den Arbeitnehmervertretern für Stabilität, die Einheit des Unternehmens möglichst wahren und die Entwicklung fördern.

Kerkhoff ist ein langjähriger Weggefährte Hiesingers. Er war maßgeblich an den Verhandlungen für einen Zusammenschluss der Stahlsparte mit Tata beteiligt. Dies gilt auch für eine ganze Reihe weiterer Deals, etwa den Verkauf des Pannenstahlwerks in Brasilien, der damit verbundenen Anlage in den USA oder des Edelstahlgeschäfts. Kerkhoff war 2011 von der Deutschen Telekom zu Thyssenkrupp gewechselt - wenige Monate, nachdem Hiesinger das Ruder bei dem Konzern übernommen hatte. Zuvor war er unter anderem für den Energiekonzern VEW und für Bertelsmann tätig.

Beliebtheitsgrade wie Hiesinger erreicht der im niedersächsischen Schüttorf geborene Manager und Vater zweier Kinder allerdings im Konzern bisher nicht. Für wütende Proteste von Stahlkochern sorgte er gar während der Auseinandersetzung um die Fusion mit Tata. Als die Stahlarbeiter dem Vorstand eine mangelnde Informationspolitik vorwarfen, riet er ihnen, nicht zu jammern. Man müsse auch mal eine Periode der Unsicherheit aushalten können. Kerkhoff muss nun versuchen, die Wunden zumindest etwas zu heilen, die im Streit um die richtige Strategie zwischen unzufriedenen Investoren wie Cevian und Elliott, Aufsichtsratschef Lehner, der Krupp-Stiftung, den Mitarbeitern und den Gewerkschaften geschlagen worden sind. "Finanzchef Kerkhoff könnte sicher die Führung übernehmen", sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Thomas Hechtfischer, der Nachrichtenagentur Reuters. Der ist in allen Themen drin."