BERLIN (dpa-AFX) - Vielen Unternehmen in Deutschland drohen in den kommenden Monaten infolge der Corona-Krise massive Finanzprobleme. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags berichten mehr als 40 Prozent der Firmen von Liquiditätsengpässen. Fast jedes zweite Unternehmen meldet einen Rückgang des Eigenkapitals. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sprach am Dienstag in Berlin von einem "Wettlauf ums Eigenkapital". Im Herbst werde die Lage schwierig. Wansleben forderte die Bundesregierung zu Nachbesserungen bei Hilfsprogrammen auf. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds müsse auf den Mittelstand erweitert werden, der Staat sich an mehr Firmen beteiligen.

Der milliardenschwere Wirtschaftsstabilisierungsfonds, den die Bundesregierung in der Krise gegründet hatte, gilt bisher für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern. Über diesen Fonds kann sich der Bund auch an Unternehmen beteiligen, wie etwa an der Lufthansa. Wansleben sagte, der DIHK sei wegen einer Erweiterung für den Mittelstand in "sehr guten" Gesprächen mit der Bundesregierung. Der Staat werde sich an mehr Firmen beteiligen müssen, die in Turbulenzen geraten, machte er deutlich. Denkbar sei es auch, dass daran über verschiedene Modelle private Kapitalgeber mitwirkten, damit der Staat nicht überfordert werde.

In der Anfangszeit der Krise sei es über Kreditprogramme vor allem darum gegangen, die Firmen mit "Cash" zu versorgen, damit diese nicht in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Nun gehe es aber zunehmend an die Substanz. Viele Firmen würden "in Handlungsdruck" kommen, sagte Wansleben.

Nach der Umfrage unter rund 8500 Unternehmen rechnet die Hälfte der Betriebe frühestens im nächsten Jahr mit einer Rückkehr zur geschäftlichen Normalität. Vier von fünf Betrieben erwarten für das gesamte Jahr einen Umsatzrückgang. Die Geschäftslage fällt demnach auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebungen 1985.

Bei vielen Firmen herrsche eine große Verunsicherung. "Sie sehen mit großer Sorge, dass ihre Geschäfte nicht schnell wieder in Gang kommen, obwohl der Shutdown in Deutschland und anderen Partnerländern gelockert worden ist", sagte Wansleben. Der Zugang zu wichtigen Absatzmärkten wie den USA und China bleibe schwierig. Ob das milliardenschwere Konjunkturpaket der Bundesregierung wirke, müsse sich zeigen. Dazu gehört etwa eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer.

Aus Sicht des DIHK bestätigt die Umfrage die Prognose eines Wirtschaftseinbruchs von 10 Prozent in diesem Jahr. Dies ist deutlich pessimistischer als Prognosen der Bundesregierung sowie von Forschungsinstituten. Auch werde der Weg aus dem Tal eher länger als kürzer. Wegen der Corona-Einschränkungen im Welthandel rechnet der DIHK in diesem Jahr mit einem Exportrückgang von 15 Prozent./hoe/DP/jha