FRANKFURT (dpa-AFX) - Bei den Aktionären der Deutschen Börse herrscht Sonnenschein. Die Montagabend anstehenden Quartalszahlen des Dax-Konzerns könnten die zuletzt gute Stimmung weiter anheizen. Die Experten erwarten wieder einmal gute Zahlen. Nachdem der deutsche Börsenbetreiber bei der derzeit laufenden Fusionswelle in der Branche bisher weitestgehend leer ausgegangen ist, sehen einige Experten aber dunkle Wolken am Horizont heraufziehen. Was bei der Deutschen Börse los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BÖRSE:

Gut laufende Geschäfte mit der Absicherung von Risiken, der Aufbewahrung von Wertpapieren und dem Handel von Aktien halten die Deutsche Börse seit einiger Zeit auf Erfolgskurs. Zudem haben die Investoren die Hoffnung, dass der Konzern von einer stärkeren Regulierung von einigen Marktplätzen wie dem Handel mit Devisen oder Rohstoffen profitieren kann. In diesem Segment hatte die Deutsche Börse zuletzt immer wieder zugekauft, meist aber kleinere Anbieter.

Doch der große Wurf blieb bisher aus - so musste der seit Anfang 2018 amtierende Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer bei seinen Übernahmeplänen einen Rückschlag hinnehmen. Beim geplanten Ausbau des Geschäfts im Devisenhandel sollte die Plattform FXall vom Finanzdatenanbieter Refinitiv ein wichtiger Baustein sein - doch da kam ihm ausgerechnet der Erzrivale aus London in die Quere.

Die London Stock Exchange (LSE) schnappte sich für 27 Milliarden Dollar gleich den gesamten Konzern Refinitiv. Gleichzeitig stärkte der Erzrivale aus London seine Position in dem immer wichtiger werdenden Geschäft mit Daten. Jetzt muss sich Weimer nach einem neuen Ziel umschauen.

Doch der geplatzte Übernahmetraum sollte nicht über die bisherige Erfolgsgeschichte des früheren HVB-Chefs Weimer hinwegtäuschen. Ihm gelang es, den Fokus des Börsenbetreibers wieder auf das Kerngeschäft zu lenken und weg von der 2017 abermals geplatzten Übernahme der London Stock Exchange. Auch konnte der Konzern den anschließenden Insiderskandal um Weimers Vorgänger Carsten Kengeter abschütteln.

Mit einem Mix aus Wachstum aus eigener Kraft und Übernahmen sowie einem Sparkurs sorgte der Manager in den vergangenen Quartalen für steigende Umsätze und Gewinne - und das sollte auch in den kommenden Jahren anhalten. Für das dritte Quartal rechnen von Bloomberg befragte Experten bei Umsatz und operativem Ergebnis im Schnitt mit einem zweistelligen Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Weimers Kurs kommt bei den Investoren gut an. Seit seinem Amtsantritt zog der Kurs der Aktie um fast 50 Prozent an und damit so stark wie kaum ein anderer Dax-Wert. Seit September ist das Papier zudem im Eurozonen-Auswahlindex EuroStoxx 50 gelistet. Damit hat die Deutsche Börse den Aufstieg in die Beletage der europäischen Aktiengesellschaften geschafft.

Mitte Oktober hatte der Aktienkurs mit 145,95 Euro den höchsten Stand seit dem Börsengang 2001 erreicht. Vor der Bekanntgabe der Quartalszahlen am Montagabend lag der Kurs knapp darunter.

Mittlerweile bringt es die Deutsche Börse auf eine Marktkapitalisierung von 27 Milliarden Euro, was sie zum mit Abstand wertvollsten Finanzkonzern am Standort Frankfurt macht. Das Unternehmen ist inzwischen deutlich mehr wert als die Deutsche Bank (14,7 Mrd Euro) und die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Commerzbank (6,8 Mrd Euro) zusammen.

Doch trotz der jüngsten Investoren-Zuneigung bleibt ein Wermutstropfen für das Unternehmen aus dem Frankfurter Vorort Eschborn. Obwohl der deutsche Konzern gemeinsam mit der LSE zu den wertvollsten Börsenbetreibern Europas gehört, bleiben die großen Konkurrenten aus den USA wie die CME oder IntercontinentalExchange, zu der zum Beispiel die New York Stock Exchange (NYSE) gehört, in weiter Ferne.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Nach den zuletzt starken Kursgewinnen liegt der Kurs etwas über dem durchschnittlichen Kursziel der von dpa-AFX erfassten Analysten. Die sehen die Aktie im Schnitt auf dem Weg zu etwa 135 Euro. Inzwischen raten nur noch vier der Experten zum Kauf der Papiere, neun tendieren zum Halten. Zwei Analysten empfehlen sogar, die Anteile abzustoßen.

Der jüngste Kursanstieg führte auch dazu, dass Oddo-BHF-Experte Roland Pfänder seine Einstufung für die Aktie von "Neutral" auf "Reduce" senkte - und das obwohl er mit einem starken Ergebnis im dritten Quartal rechnet und sein Kursziel auf 130 Euro erhöhte.

Weiterhin optimistisch ist HSBC-Experte Johannes Thormann, der sein Kursziel auf 153 Euro erhöhte und seine "Buy"-Einstufung bestätigte. Er geht dank der unüblich hohen Volumen an den Börsen von einem starken Quartalsergebnis aus und rechnet auch in den kommenden Jahren mit stark steigenden Gewinnen.

Zu den Skeptikern gehört hingegen Chris Turner von der Privatbank Berenberg, der das Papier Mitte September von "Hold" auf "Sell" abstufte. Er hält die allgemeinen Erwartungen der Experten für zu hoch und sieht Risiken durch die niedrigen Zinsen, die auf das Ergebnis in der Verwahrsparte Clearstream drücken. Zudem dürfte die Deutsche Börse in der jüngsten Konsolidierungswelle zu den größten Verlierern gehören, schätzt er./zb/stw/fba