Deutschland-Monitor

Unternehmensfinanzierung

17. Januar 2020

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Autoren

Jan Schildbach

+49 69 910-31717 jan.schildbach@db.com

Marc Schattenberg +49 69 910-31875 marc.schattenberg@db.com

Editor

Stefan Schneider

Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland

E-Mail: marketing.dbr@db.com

Fax: +49 69 910-31877www.dbresearch.de

DB Research Management Stefan Schneider

Unternehmensfinanzierung

Dämpfer bei der Kreditvergabe, vor allem in der Industrie und bei kurzen Lauf- zeiten. Die Kreditexpansion mit Unternehmen und Selbstständigen in Deutsch- land hat im dritten Quartal einen Rückschlag erlebt. Das ausstehende Volumen erhöhte sich nur um EUR 7,3 Mrd. und lag damit 4,8% höher als vor einem Jahr

  • deutlich weniger als zuletzt, aber immer noch ein kräftiges Plus. Im Verarbei- tenden Gewerbe und einigen anderen Nicht-Dienstleistungsbranchen gab es sogar einen absoluten Rückgang. Dieser war vor allem auf geringere kurzfris- tige Kredite zurückzuführen, nachdem diese in den vergangenen Quartalen be- sonders stark zugelegt hatten. Das Geschäft der Auslandsbanken und Groß- banken büßte nach den jüngsten Marktanteilsgewinnen zwischen Juli und Sep- tember deutlich an Momentum ein.

Höheres Einlagenwachstum, noch niedrigere Zinsen und schwungvolles Anlei- hegeschäft. Rekordnegativen Zinsen zum Trotz nahm die Dynamik auf der Ein- lagenseite weiter zu (+2,5% ggü. Vorjahr), wobei Zuflüsse bei Sichteinlagen das Minus bei Termineinlagen mehr als wettmachten. Insgesamt übersteigen Ers- tere Letztere mittlerweile um mehr als das Doppelte. Die Zinsen für neue Kre- dite rutschten aufgrund der weiteren geldpolitischen Lockerung der EZB in den meisten Segmenten auf Allzeittiefs. Vom niedrigeren Zinsniveau profitierte auch die Emission von Anleihen, während das Leasing sogar auf ein Rekordergebnis kam. Nur das Aktiengeschäft schwächelte.

Konjunktur

Schwaches Wachstum der deutschen Volkswirtschaft von 0,1% ggü. Vq. im drit- ten Quartal. Damit wurde eine technische Rezession um Haaresbreite vermie- den, nachdem in Q2 ein Rückgang von 0,2% zu verzeichnen war. Positive Wachstumsimpulse kamen in erster Linie von den privaten und den staatlichen Konsumausgaben sowie vom Außenbeitrag. Bremsend wirkten sich hingegen der kräftige Lagerabbau und die Ausrüstungsinvestitionen aus. Die Industrie- rezession hielt weiter an, während der binnenwirtschaftlich orientierte Dienst- leistungssektor und die boomende Baubranche weiterhin expandierten.

Das deutsche BIP ist im Jahr 2019 um 0,6% gewachsen. Für das Jahr 2020 er- warten wir eine Zunahme um 1%. Dabei sind jedoch 0,4 %-Punkteauf einen po- sitiven Arbeitstageeffekt zurückzuführen. Die Konjunktur bleibt weiterhin anfällig. Insgesamt könnten eine erneute Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China, höhere US-Zölleauf europäische Autoimporte oder Probleme bei der Aushandlung eines Handelsabkommens nach dem Brexit ausreichen, um die deutsche Wirtschaft (doch noch) in eine Rezession zu stürzen.

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Kredite an inländische Unternehmen

und Selbstständige*

1

%

6

5

4

3

2

1

0

-1

-2

14

15

16

17

18

19

ggü. Vorjahr

ggü. Vorquartal

* ohne sonstige Finanzinstitute

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

... nach Branche

2

  • ggü. Vorjahr 10 8 6 4 2 0 -2-4

-6

14

15

16

17

18

19

Verarbeitendes Gewerbe

Dienstleistungssektor

Selbstständige

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

... nach Fristigkeit*

3

  • ggü. Vorjahr 12

9

6

3

0 -3

-6

14

15

16

17

18

19

Kurzfristige Kredite

Mittelfristige Kredite

Langfristige Kredite

* ohne sonstige Finanzinstitute

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

... nach Bankengruppe*

4

  • ggü. Vorjahr 20

16

12

8

4

0 -4-8

14

15

16

17

18

19

Kreditbanken

darunter Großbanken

darunter Auslandsbanken

Landesbanken

Sparkassen

Kreditgenossenschaften

* ohne sonstige Finanzinstitute

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

Unternehmensfinanzierung in Deutschland

Kreditvolumen

Das Kreditgeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen in Deutschland hat im dritten Quartal 2019 den ersten größeren Rückschlag seit Längerem erlebt. Dies hatte sich angesichts der schon seit einem Jahr anhaltenden Konjunktur- delle abgezeichnet. Im Quartalsvergleich legte das Kreditvolumen nur noch um EUR 7,3 Mrd. zu (+0,5%). Auf 12-Monats-Sicht ging das Plus auf 4,8% zurück und lag damit erstmals seit anderthalb Jahren wieder unter der 5%-Marke. Auch wenn die deutsche Volkswirtschaft im Sommer eine Rezession knapp vermei- den konnte, scheint sich die geringe Wachstumsdynamik jetzt auch in der Kre- ditvergabe niederzuschlagen (zu den Details des aktuellen Konjunkturverlaufs und -ausblicks siehe Teil 2 im Anschluss).

Auch im Eurogebiet insgesamt verlor die Kreditexpansion - auf niedrigerem Ni- veau - an Schwung. Hier nahm das an nichtfinanzielle Unternehmen ausge- reichte Kreditvolumen in Q3 nur um EUR 8 Mrd. zu (+0,2%) und lag damit 2,2% höher als im Vorjahr, etwas weniger als zuletzt.

Unter den verschiedenen Branchen in Deutschland ist das Verarbeitende Ge- werbe tendenziell am konjunktursensibelsten und die Volatilität des Kreditge- schäfts am höchsten. Dementsprechend war hier die Verlangsamung am stärks- ten ausgeprägt. Das ausstehende Kreditvolumen ging leicht um EUR 0,2 Mrd. zurück, das Wachstumstempo reduzierte sich um über einen %-Punkt auf 6,9% ggü. Vorjahr. Allerdings war es davor auch außergewöhnlich hoch gewesen. Bei den Dienstleistern zeigten sich deutlich weniger Bremsspuren (+6,3% ggü. Vj.), ebenso wie bei den Selbstständigen (+3,3%).

Hinsichtlich der einzelnen Industriebranchen lief es bei Metall (EUR +0,5 Mrd. ggü. Vq.) und der Elektrotechnik (EUR +0,4 Mrd.) noch relativ gut, während es in der Chemie nach kräftigen Anstiegen in den Vorquartalen eine Korrektur gab (EUR -1,2 Mrd.). Kredite an Maschinenbau/Auto stagnierten weitgehend.

Im Dienstleistungssektor legten manche Branchen nach zuletzt hohen Kreditzu- wächsen in Q3 eine Verschnaufpause ein. Eine nochmalige Steigerung gegen- über dem außerordentlich starken Vorquartal gelang einzig und allein den Woh- nungsunternehmen (EUR +4,5 Mrd.). Gewerbeimmobilienfirmen verbuchten das geringste Plus seit Herbst 2017 (nur EUR +1,2 Mrd.), die Beteiligungsgesell- schaften sogar einen Rückgang (EUR -0,7 Mrd.). Während die Kredite an Tou- rismus/Gastronomie stagnierten, nahmen sie bei den unternehmensnahen Dienstleistern (EUR +1,8 Mrd.) und der Gesundheit (EUR +0,4 Mrd.) immerhin noch spürbar zu.

Unter den sonstigen Branchen konnten nur der Bau (EUR +1,2 Mrd.) und die Landwirtschaft (EUR +0,3 Mrd.) leicht zulegen, wohingegen es im Verkehr wei- ter abwärts ging (EUR -0,4 Mrd.), im Handel das üblicherweise starke dritte Vierteljahr ins Wasser fiel (EUR -0,6 Mrd., das höchste Q3-Minus seit der Fi- nanzkrise) und Versorger/Bergbau sogar den größten Quartalsrückgang seit der Wiedervereinigung erlitten (EUR -2,2 Mrd.).

Mit Blick auf die verschiedenen Fristigkeiten kam die scharfe Kontraktion der kurzfristigen Ausleihungen mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten im ge- genwärtigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld und nach dem heftigen Anstieg zu- vor nicht unerwartet. Hier fiel die Zuwachsrate auf nur noch 5,7% ggü. Vj. Auch bei den mittelfristigen Krediten sank sie auf 9,4%. Auf der anderen Seite blieb die Vergabe von Krediten mit einer Laufzeit von über fünf Jahren praktisch un- verändert schwungvoll (+4,1%).

Die Kreditdynamik hat sich im dritten Quartal bei sämtlichen großen Banken- gruppen abgeschwächt. Gleichzeitig hielt die jüngst zu beobachtende moderate Konvergenz an. Vor allem bei den Auslandsbanken und den Großbanken, die

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Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Commercial Paper inländischer

Nichtbanken, Nettoemission

5

Mrd. EUR 6

4

2

0

-2

-4

-6

-8

14 15 16 17 18 19

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

Anleihen inländischer nichtfinanzieller

Unternehmen, Nettoemission

6

Mrd. EUR

10

8

6

4

2

0

-2

14

15

16

17

18

19

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

Leasinggeschäft, Neuvolumen*

7

Mrd. EUR 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0

14

15

16

17

18

19

Mobilien

Immobilien

  • statistischer Bruch in Q1 2017 Quelle: BDL

Aktienemissionen inländischer

Unternehmen (einschl. Finanzinstitute)

8

Mrd. EUR 12

10

8

6

4

2

0

14 15 16 17 18 19

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

zuletzt sehr stark expandiert hatten, lief das Geschäft gedämpft, es schrumpfte sogar. Die Jahreswachstumsrate ging deutlich auf 5,3% bzw. 6,4% zurück. Da- gegen behielten die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen (+6,9% bzw. +5,1%) ebenso wie die Förderbanken (einschließlich DZ Bank) (+4,9%) das bis- herige Tempo der Kreditvergabe fast bei. Das Schlusslicht, die Landesbanken, konnte auch weiterhin keinen Anschluss an den Rest des Marktes finden (+1,6%).

Der Einbruch bei den (kurzfristigen) Krediten an die Chemie, die zuletzt ebenso stark gestiegen waren, konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Großban- ken und trug bei diesen wesentlich zum insgesamt rückläufigen Kreditvolumen bei, neben einem kräftigen Minus in den Bereichen Maschinenbau/Auto und Versorger/Bergbau. Letztere und der Handel waren auch die beiden Branchen, die zum schrumpfenden Kreditbuch der Auslandsbanken führten. Das Wachs- tum bei den Kreditgenossenschaften lag zum Großteil am Plus bei Wohnungs- unternehmen, neben einem positiven Abschneiden bei den sonstigen Dienst- leistungen und am Bau, das teilweise von einem Rückgang bei Gewerbeimmo- bilienfirmen kompensiert wurde. Die Sparkassen waren dagegen in sämtlichen immobiliennahen Branchen erfolgreich, und zudem bei den unternehmensna- hen Dienstleistungen (Telekom/Beratung/Werbung). Dort verzeichneten auch die Landesbanken den höchsten Zuwachs.

Andere Finanzierungsquellen

Der Dämpfer in der Kreditvergabe zwischen Juli und September hatte keine sichtbaren Auswirkungen auf die externen Finanzierungsalternativen der Unter- nehmen.

Nach einem soliden ersten Halbjahr war die Nettoemission von Commercial Paper durch Nichtbanken im üblicherweise schwachen Q3 immerhin nicht rückläu- fig, sondern konnte ein leichtes Plus von EUR 188 Mio. verbuchen.

Bei der Begebung von Unternehmensanleihen hielt die Dynamik aus H1 im drit- ten Vierteljahr unvermindert an. Mit netto EUR 4,7 Mrd. wurde dank des noch- mals niedrigeren Zinsniveaus erneut ein sehr gutes Ergebnis erzielt, sogar das beste in einem dritten Quartal seit 2012. Damit sieht es so aus, als bliebe das sehr dürftige Vorjahresresultat ein einmaliger Ausreißer. Im Euroraum als Gan- zes behielt das Anleihegeschäft ebenfalls seinen Schwung bei. Der Netto-Emis- sionswert von EUR 21,9 Mrd. war der höchste in einem Q3 seit 2013.

Ein außerordentlich starkes Quartal verzeichnete der deutsche Leasing-Markt. Mit neu abgeschlossenen Verträgen in Höhe von EUR 15,5 Mrd. wurde erstmals seit 2007 die Marke von EUR 15 Mrd. übertroffen. Für das dominierende Mobi- lien-Leasing war es mit EUR 15,2 Mrd. (+17% ggü. Vj.) sogar das beste Viertel- jahr aller Zeiten. Pkw, Büroelektronik und Luft- & Schienenfahrzeuge erzielten zwei- bzw. dreistellige Zuwachsraten. Möglicherweise tragen dazu immer noch Nachholeffekte bei, nach der vorübergehenden Absatzschwäche der Autobauer im Vergleichszeitraum. Das Neuvolumen im kleinen und volatilen Immobilien- segment lag hingegen im Durchschnitt der letzten Jahre (EUR 373 Mio., -34%).

Nach einem ordentlichen ersten Halbjahr kam die Ausgabe neuer Aktien durch inländische Unternehmen in Q3 nur auf ein dürres Ergebnis von gerade einmal EUR 267 Mio. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in den vergangenen Mo- naten durchaus größere Eigenkapital-Transaktionen am deutschen Kapitalmarkt stattgefunden haben, jedoch von im Ausland ansässigen Unternehmen, die des- wegen in der Statistik nicht berücksichtigt wurden.

Einlagenvolumen

Die Einlagen von Unternehmen und Selbstständigen entwickelten sich zwischen Juli und September grundsätzlich ähnlich zu den Vorquartalen: Die Substitution von Termineinlagen (EUR -9,4 Mrd. ggü. Vq.) durch Sichteinlagen (EUR +18,9

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Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Sicht- und Termineinlagen von inländi-

schen Unternehmen & Selbstständigen*

9

Mrd. EUR

40

1.325

30

1.300

20

1.275

10

1.250

0

1.225

-10

1.200

-20

1.175

-30

1.150

14 15 16 17 18 19

Termineinlagen, ggü. Vorquartal (links) Sichteinlagen, ggü. Vorquartal (links) Volumen insgesamt** (rechts)

  • einschließlich sonstiger Finanzinstitute
  • Enthält Anstieg um EUR 9,4 Mrd. in Q4 14 aufgrund statistischer Umklassifizierungen.

Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research

Mrd.) setzte sich fort. In Summe ergab sich ein recht deutliches Plus, welches einem Anstieg um 2,5% im 12-Monats-Vergleich entspricht. Die Wachstumsrate hat seit dem Frühjahr 2018 von damals lediglich 0,4% graduell zugenommen. Und das trotz der mittlerweile noch negativeren Zinsen, die Unternehmen für ihre Einlagen an die Banken bezahlen müssen (s. unten). Gleichzeitig ist das Volumen der Sichteinlagen mit EUR 867 Mrd. erstmals auf über das Doppelte der Termingelder geklettert (EUR 428 Mrd.), nachdem Letztere noch 2013 den größeren Block gebildet hatten.

Ergebnisse des Bank lending surveys der EZB

Erneut verschärften netto 3% der Banken in Q3 die allgemeinen Kreditstan- dards für Unternehmen. Dabei unterschied sich das Bild kaum zwischen den verschiedenen Kreditgrößen und -laufzeiten. Bemerkenswert gegenläufig war die Entwicklung bei den konkreten Kreditkonditionen. Während diese im Aggre- gat stabil blieben, wurden einerseits die Anforderungen mit Blick auf Covenants, Sicherheiten oder die Kredithöhe leicht gelockert. Andererseits wurden die Mar- gen ausgeweitet, für durchschnittliche Kredite von 6% der Banken, für riskan- tere Kredite sogar von 16% der Institute. Beides waren die höchsten Werte seit 2013. Wichtigster Grund für eine Verschärfung der Konditionen waren gestie- gene Refinanzierungskosten und Bilanzrestriktionen der Banken, teilweise aber auch die Einschätzung des Kreditrisikos. Gleichzeitig wirkte der noch intensivere Wettbewerb unter den Banken in Richtung lockererer Kreditkonditionen. Unter dem Strich meldeten 13% der Institute einen gestiegenen Anteil abgelehnter Kreditanträge.

Im Euroraum insgesamt änderten sich die Kreditstandards praktisch nicht. 3% der Banken berichteten über verschärfte Kreditkonditionen, was im Wesentli- chen auf eine etwas höhere Marge bei riskanteren Krediten zurückzuführen war (vermeldet von 8% der Banken).

Die Kreditnachfrage der deutschen Unternehmen erhöhte sich in Q3 moderat (9%). Im Einklang mit der tatsächlichen Volumenentwicklung ging es zwar mit der Nachfrage in der kurzen Frist abwärts (9%), in der langen Frist dagegen weiterhin aufwärts (16%). Positiv auf die Nachfrage wirkten sich das extrem niedrige Zinsniveau sowie der Investitionsbedarf aus, leicht negativ hingegen die Verfügbarkeit von alternativen Finanzierungsquellen. In Euroland als Gan- zes stagnierte die Nachfrage im Quartalsvergleich, wobei einem leichten Wachstum bei langfristigen Krediten und solchen an KMU ein kleines Minus bei kurzfristigen Krediten und solchen an große Firmen gegenüberstand.

Für das vierte Quartal gehen die deutschen Banken von einer minimalen Ver- schärfung (3%) der Kreditstandards aus, wovon insbesondere KMU und lang- fristige Ausleihungen betroffen sein dürften. Zugleich ist der Ausblick auf die Nachfragesituation so pessimistisch wie seit 2014 nicht mehr: 6% der Banken erwarten einen Rückgang, vor allem bei kurzfristigen Krediten und solchen an große Unternehmen. Im Euroraum insgesamt rechnen die Banken mit einer Nachfrage-Stagnation, was zuletzt 2013 der Fall war.

Zinssätze

Wie schon im Vorquartal war das Zinsniveau auch in Q3 rückläufig. Kleine Kre- dite an Kapitalgesellschaften (< EUR 1 Mio.), Kredite mit einer Zinsbindung > 5 Jahre und solche an Selbstständige und Personengesellschaften waren alle- samt so günstig wie noch nie. Die Zinsen fielen auf 1,98% (erstmals unter die 2%-Marke), 1,07% bzw. 1,79%. Auch der Zins für neue Großkredite (> EUR 1 Mio.) erreichte während des Quartals ein neues Allzeittief von 0,96%. Nur mitt- lere Zinsbindungsfristen (1-5 Jahre) verzeichneten nach einem Einbruch in Q2 einen Wiederanstieg auf den Durchschnitt der letzten Monate (1,82%). Die Sicht- und Termineinlagenzinsen rutschten auf Rekordtiefs von -4 bzw. -13 Bp.

Jan Schildbach (+49 69 910-31717, jan.schildbach@db.com)

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Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Bank lending survey: Kreditstandards

für Unternehmen*

10

Bank lending survey: Margen für

durchschnittliche Unternehmenskredite

11

Bank lending survey: Nachfrage nach

Unternehmenskrediten*12

6

... verschärft

4

10

5

... gestiegen

30

25

... gestiegen

2

0

-2

-4

-6

-8

... gelockert

-10

Q4 16

Q2 17

Q4 17

Q2 18

Q4 18

Q2 19

Q4 19

Deutschland

Euroraum

  • Q4 19 erwarteter Wert Quellen: Bundesbank, EZB

0

-5

-10

-15

-20

-25

-30

... gesunken

-35

Q3 16

Q1 17

Q3 17

Q1 18

Q3 18

Q1 19

Q3 19

Deutschland

Euroraum

Quellen: Bundesbank, EZB

20

15

10

5

0

-5

... gesunken

-10

Q4 16

Q2 17

Q4 17

Q2 18

Q4 18

Q2 19

Q4 19

Deutschland

Euroraum

  • Q4 19 erwarteter Wert Quellen: Bundesbank, EZB

Ø-Zins im Kredit-Neugeschäft, nach

Kredithöhe

13

... nach Zinsbindungsfrist

14

%

%, Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

3,5

3,5

3,0

3,0

2,5

2,5

2,0

2,0

1,5

1,5

1,0

1,0

0,5

0,0

0,5

14

15

16

17

18

19

0,0

Kredite an nichtfinanzielle

14

15

16

17

18

19

Kapitalgesellschaften, ≤ EUR 1 Mio.

Kredite mit Zinsbindung ≤ 1 Jahr

Kredite an nichtfinanzielle

Kredite mit Zinsbindung von 1-5 Jahren

Kapitalgesellschaften, > EUR 1 Mio.

Kredite mit Zinsbindung > 5 Jahre

Kredite an Selbstständige und

Personengesellschaften

Quelle: EZB

Quelle: EZB

Ø-Zins auf Einlagen von nichtfinanziellen

Kapitalgesellschaften (Neugeschäft)

15

%

0,4

0,3

0,2

0,1

0,0

-0,1

-0,2

14 15 16 17 18 19

Sichteinlagen Termineinlagen

Quelle: EZB

5 | 17. Januar 2020

Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Deutschland: Konjunkturprognose

16

% gg. Vj.

2019

2020P

2021P

Reales BIP

0,6

1,0

1,1

Privater Konsum

1,6

1,2

1,0

Staatsausgaben

2,5

1,5

1,3

Anlageinvestitionen

2,5

1,9

2,1

Ausrüstungen

0,4

-0,5

1,8

Bau

3,8

3,7

2,7

Lager, %-Punkte

-0,9

-0,3

-0,1

Exporte

0,9

2,3

2,1

Importe

1,9

2,9

2,6

Nettoexport, %-Punkte

-0,4

-0,1

-0,1

HVPI

1,9

1,2

1,3

Staatsverschuldung, %

59,1

56,9

55,3

BIP

Arbeitslosenquote, %

5,0

5,1

5,2

Budgetsaldo, % BIP

1,5

0,5

0,0

Leistungsbilanzsaldo, %

7,2

6,7

6,1

BIP

Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research

Konsumausgaben und Außenhandel

17

Hauptwachstumstreiber in Q3

Wachstumsbeiträge zum realen BIP-Wachstum, ggü. Vq., ggü. Vj., %-Punkte

2,5

2,0

1,5

1,0

0,5

0,0 -0,5-1,0-1,5

Q3

Q4

Q1

Q2

Q3

18

19

20P

18

18

19

19

19

Außenbeitrag

Lager

Bauinvestitionen

Ausrüstungsinvestitionen

Staatskonsum

Privater Konsum

Reales BIP

Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research

Schwaches BIP-Wachstum in Q3, Zweiteilung der deut- schen Konjunktur hält an

  • Die deutsche Wirtschaft ist in Q3 2019 leicht um 0,1% ggü. Vq. gewachsen und entging damit um Haaresbreite einer technischen Rezession. Positive Wachstumsimpulse kamen in erster Linie von den privaten und den staatli- chen Konsumausgaben sowie vom Außenbeitrag. Bremsend wirkten hinge- gen der kräftige Lagerabbau und die Ausrüstungsinvestitionen.
  • Die Zweiteilung der deutschen Konjunktur hielt auch in H2 2019 an. So dürfte die Industrieproduktion im Schlussquartal des vergangenen Jahres weiter gesunken sein. Vorlaufende Indikatoren deuten darauf hin, dass die Talsohle zu Jahresbeginn 2020 erreicht sein könnte. Für konjunkturellen Auftrieb sorgten hingegen der binnenwirtschaftlich orientierte Dienstleis- tungssektor und das Baugewerbe.
  • Im Gesamtjahr 2019 ist das deutsche BIP um 0,6% gewachsen. Nach vor- läufigen Aussagen des Statistischen Bundesamtes kann für Q4 2019 im Quartalsvergleich somit auch ein leicht positives Wachstum erwartet wer- den. Für das Jahr 2020 erwarten wir eine Zunahme des deutschen BIP um 1%. Dabei sind jedoch 0,4 %-Punkte auf einen positiven Arbeitstageeffekt zurückzuführen.

Deutsches BIP wächst in Q3 2019 wieder leicht (+0,1% ggü. Vq.)

Mit einem Wachstum von 0,1% ggü. Vq. konnte die deutsche Volkswirtschaft in Q3 einer technischen Rezession um Haaresbreite entgehen, nachdem sie zuvor in Q2 um 0,2% ggü. Vq. geschrumpft war. Im Zusammenhang mit der Bekannt- gabe der Wachstumsrate für das Gesamtjahr 2019 (0,6% nach 1,5% in 2018) lassen die vorläufigen Aussagen des Statistischen Bundesamtes ein ebenfalls leicht positives Wachstum in Q4 erwarten. Im Vorjahr erwiesen sich diese frü- hen verbalen Einschätzungen allerdings als zu optimistisch. Die ersten belast- baren Ergebnisse für das BIP-Wachstum im Schlussquartal 2019 werden am

14. Februar und detailliertere Informationen am 25. Februar 2020 veröffentlicht. Entstehungsseitig ist die insgesamt blutleere konjunkturelle Entwicklung der zu- rückliegenden Quartale auf die Schwäche der Produktion im exportlastigen Ver- arbeitenden Gewerbe (DBe Q4: -1,5% ggü. Vq., Q3: -1,1%, Q2: -1,8%) zurück- zuführen. Hier hält die Rezession nun bereits seit sechs Quartalen an. Damit einher geht eine bemerkenswerte Zweiteilung der deutschen Konjunktur, denn der binnenwirtschaftlich orientierte Dienstleistungssektor und die boomende Baubranche konnten bisher weiterhin expandieren. Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf der Verwendungsseite der deutschen Volkswirtschaft wider. Im Vorquartalsvergleich glichen sich die Wachstumsbeiträge von inländischer Ver- wendung und Außenbeitrag in Q3 nahezu aus. Nach einem schwachen Vor- quartal expandierte der private Verbrauch wieder um 0,4% ggü. Vq (Q2: 0,1%). Der staatliche Konsum konnte mit 0,8 % ggü. Vq. (Q2: 0,6%) in Q3 sogar noch- mals an Dynamik zulegen. Beide Komponenten leisteten einen Wachstumsbei- trag von 0,2 %-Punkten. Bei den Investitionen stützte der Bau das Quartals- wachstum mit 0,1 %-Punkten, während die Ausrüstungsinvestitionen mit

-0,2%-Punkten dämpften. Diese negative Wachstumswirkung ist auf einen Son- dereffekt der staatlichen Ausrüstungsinvestitionen zurückzuführen. Mit

-0,7%-Punkten reduzierte der kräftige Lagerabbau das Quartalswachstum in

Q3 spürbar. Hier dürfte sich nicht zuletzt die Verschiebung des Brexit-Termins ausgewirkt haben. Demgegenüber stützten die Nettoexporte mit 0,5 %-Punkten. Auch hier dürfte der zeitliche Verlauf des Brexit eine nicht unwesentliche Rolle für die Gegenbewegung zu Q2 (-0,6%-Punkte) gespielt haben. Nachdem vor dem ursprünglichen Austrittstermin im März Vorräte aufgebaut wurden, fielen die Exporte in das Vereinigte Königreich in Q2 entsprechend schwach aus und

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Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Exporte expandierten in Q3 wieder

18

spürbar

Real, % gg. Vj.

8

7

6

5

4

3

2

1

0

-1

12 13 14 15 16 17 18

Exporte Importe

Quelle: Statistisches Bundesamt

Investitionen in Q3 schwach - Bau aufwärtsgerichtet, Ausrüstungen bremsen 19

% ggü. Vq., sb.

8

6

4

2

0

-2

-4

13 14 15 16 17 18 19

Investitionen, insgesamt

Ausrüstungsinvestitionen

Bauinvestitionen

Quelle: Statistisches Bundesamt

Deutsche Ausfuhren nach Regionen

20

  • gg. Vj., gleitender 3-M Durchschnitt 30 20 10

0

-10

-20

16

17

18

19

Total

EMU

US

CHN

UK

Quellen: Deutsche Bank Research, Statistisches Bundesamt

normalisierten sich dann in Q3 wieder. Daneben belebten sich auch die deut- schen Exporte in die USA, wenngleich die Ausfuhren nach China und in andere asiatische Industriestaaten schrumpften. Mit Blick auf das Gesamtjahr 2019 dämpfte der Außenbeitrag das BIP-Wachstum um 0,4 %-Punkte. Die Schwäche der globalen Nachfrage - insbesondere auch nach Kraftfahrzeugen - hinterließ ihre Spuren. Für 2020 erwarten wir weiteren außenwirtschaftlichen Gegenwind, sodass die Nettoexporte mit -0,1%-Punkten wieder leicht negativ ausfallen dürf- ten.

Ausrüstungsinvestitionen in Q3 schwach, Bauinvestitionen solide

Die Bruttoanlageinvestitionen gingen in Q3 mit -0,1% ggü. Vq. leicht zurück. Ausschlaggebend war dabei der Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen um 2,6% ggü. Vq., der von einem Sondereffekt bei den staatlichen Investitionen in militärische Ausrüstung getrieben wurde. Im Vorquartalsvergleich kam es hier zu einem Rückgang von 33,1%, nachdem in Q2 insbesondere die Indienst- stellung eines Schiffes der Deutschen Marine zu einer Zunahme von 48,1% ge- führt hatte. Die Ausrüstungsinvestitionen der nichtstaatlichen Sektoren expan- dierten hingegen verhalten mit 0,7% ggü. Vq (Q2: -3,1%). Bei anhaltender Schwäche des Welthandels und dem Rückgang der Kapazitätsauslastung (Q4: 82,6 % ggü. Q3: 83,9%) im Verarbeitenden Gewerbe waren die Unternehmen mit Investitionen zurückhaltend. Das spiegelt sich auch in den weiterhin rückläu- figen Investitionsgüterumsätzen (Q3: -1,2% ggü. Vq., Q2: -1,9%) wider. Im Ge- samtjahr 2019 sind die Ausrüstungsinvestitionen in einem von handels- und geopolitischen Unsicherheiten geprägten Umfeld nur um magere 0,4% gewach- sen. Eine stärkere Belebung der Investitionstätigkeit würde voraussetzen, dass die gegenwärtigen Risiken (wie z.B. Folgeverhandlungen nach dem Brexit, po- tenzielle Strafzölle auf Kraftfahrzeugausfuhren in die USA, unsichere politische Verhältnisse in Italien/Spanien/Deutschland) beseitigt werden. Im laufenden Jahr dürften die Ausrüstungsinvestitionen im Jahresdurchschnitt sogar um 0,5% sinken, ehe sie 2021 mit ca. 2% wieder leicht ansteigen.

Die Bauinvestitionen expandierten in Q3 um 1,2% ggü. Vq. und konnten so die Schwäche des Vorquartals (Q2: -1,1% ggü. Vq.) erwartungsgemäß hinter sich lassen. Sowohl die Bauinvestitionen des Staates (2% ggü. Vq.) als auch die der nichtstaatlichen Sektoren (1,1% ggü. Vq.) konnten zulegen. Das Baugewerbe profitiert weiterhin von günstigen Fundamentalfaktoren (Niedrigzinsumfeld, Nachfrageüberhang, vor allem in den Ballungszentren, steigende staatliche In- frastrukturinvestitionen). So waren auch die Auftragsbücher mit einem durch- schnittlichen Bestand von 4,1 Monaten in H2 2019 weiterhin gut gefüllt. Im Zu- sammenhang mit der hohen Kapazitätsauslastung führt der Mangel an Arbeits- kräften nach wie vor zu Beeinträchtigungen der Bautätigkeit. Stimmungsindika- toren lassen erkennen, dass auf einem gleichwohl hohen Niveau nun gewisser- maßen Realismus eingekehrt ist. So lag der ifo Geschäftsklimaindex für das Bauhauptgewerbe in Q3 (112,8) nahe bei und in Q4 (111,5) unter dem Jahres- mittel von 112,3 Punkten in 2019. Darin spiegeln sich sowohl zurückhaltendere Lagebeurteilungen als auch Erwartungen wider. In diesem Umfeld expandierten die Bauinvestitionen im Gesamtjahr 2019 dennoch kräftig um 3,8%. Für das lau- fende Jahr erwarten wir eine ähnlich dynamische Entwicklung (3,7%), die sich erst in 2021 auf 2,7% etwas abschwächen dürfte.

Private Konsumausgaben mit Belebung in Q3

Nach einem schwachen Vorquartal (Q2: 0,1% ggü. Vq.) belebten sich die priva- ten Konsumausgaben in Q3 (0,4% ggü. Vq.) erwartungsgemäß, wie es bereits durch die Einzelhandelsumsätze (Q2: 0,3 ggü. Vq., Q3: 0,7) signalisiert wurde. Ausschlaggebend für die günstige Entwicklung war nicht zuletzt die sehr gute

7 | 17. Januar 2020

Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Private Konsumausgaben in Q3 mit

solidem Wachstum nach schwachem Q2 21 %, ggü. Vq., sb.

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,0 -0,2

-0,4

11 12 13 14 15 16 17 18 19

Quelle: Statistisches Bundesamt

Kapazitätsauslastung weiter rückläufig

22

%, ggü. Vq.

%, sb.

6

88

4

86

84

2

82

0

80

78

-2

76

-4

74

72

-6

70

13

14

15

16

17

18

19

Investitonen in

Maschinen & Ausrüstungen

Kapazitätsauslastung ifo

Quellen: Statistisches Bundesamt, ifo

Industrieproduktion in Q3: Noch kein

23

Ende der Schwäche

Verarbeitendes Gewerbe in DE, 2015=100 115

110

105

100

95

14

15

16

17

18

19

Produktion

Aufträge

Quelle: Statistisches Bundesamt

Arbeitsmarktlage, insbesondere mit den immer neuen Rekordwerten bei den so- zialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie der niedrigen Arbeitslosenquote von 5%. Auch die Gesamtzahl der Erwerbstätigen erreichte in Q3 einen neuen Höchststand von 45,4 Mio. und lag damit um 0,8% oder 356.000 Personen hö- her als ein Jahr zuvor. Die allgemein hohen Lohnzuwächse (Q3: 4,3% einschl. aller Nebenvereinbarungen), wie auch die Sonderzahlungen in den Sommermo- naten, stützten den privaten Konsum. Zudem traten im Juli kräftige Rentenerhö- hungen (Ost: 3,91%, West: 3,18%) in Kraft. Auch die weiterhin günstigen Finan- zierungsbedingungen bilden ein stützendes Umfeld für den privaten Verbrauch. Die im Jahresdurchschnitt 2019 auf 1,4% (1,7%) gesunkene Inflationsrate stärkt die reale Kaufkraft. Im Gesamtjahr 2019 expandierte der private Verbrauch um 1,6% (2018: 1,3%) und war damit der stärkste Wachstumstreiber. Das Wachs- tum der privaten Konsumausgaben dürfte sich im Jahr 2020 leicht auf 1,2% und in 2021 auf 1% abschwächen. Die abgeschwächte konjunkturelle Entwicklung dürfte zu nicht mehr ganz so starken Lohnzuwächsen führen und das Konsum- wachstum begrenzen.

Angesichts der Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms der EZB und der Diskussionen um eine Weitergabe von Negativzinsen an Endkunden sank die Sparneigung gemäß der GfK-Umfrage zum Jahresende 2019 spürbar. In die- sem Umfeld dürfte die Sparquote 2020 noch leicht unter das Niveau von 10,8% sinken.

Anhaltende Industrierezession, Dienstleistungsbranche solide

Da die Rezession der Produktion im Verarbeitenden Gewerbes auch im Schlussquartal 2019 anhielt (DBe Q4: -1,5%), dürfte die Industrieproduktion im Gesamtjahr um etwa 4% gesunken sein. Auf Jahressicht war dies der erste Fer- tigungsrückgang seit 2013 und der kräftigste seit 2009, als die deutsche Indus- trieproduktion im Zuge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise um mehr als 17% einbrach. Die Rezession im Verarbeitenden Gewerbe setzte bereits im

3. Quartal 2018 ein und hält bis zum Jahresende 2019 an. Selbst 2008/09 sank die deutsche Industrieproduktion nur vier Quartale in Folge (plus ein Quartal Stagnation). Für diese Entwicklung sind mehrere Faktoren maßgeblich, von de- nen einige auch 2020 noch nicht vollständig ausgeräumt sein werden. Zu nen- nen ist der schwache globale Güterhandel, der im Durchschnitt von 2019 sogar leicht rückläufig war und auch im kommenden Jahr mit 2,5% nur moderat wach- sen dürfte. Die anhaltenden Handelskonflikte, vor allem zwischen den USA und China, hinterlassen schon seit längerer Zeit ihre Bremsspuren. Der Anstieg der Unsicherheit wirkt sich dämpfend auf die globale Investitionsneigung aus. Ne- ben den Handelsauseinandersetzungen zwischen den USA und China sind die seit Monaten angedrohten US-Zölle auf Automobilimporte aus der EU ebenfalls noch nicht vom Tisch. Zwar verstrich hier Mitte November 2019 eine Frist, ohne dass die US-Regierung Stellung bezogen hat. Das bedeutet aber nicht das end- gültige Aus. Die schwache Automobilkonjunktur war ein weiterer Belastungsfak- tor für die deutsche Industrieproduktion. Die Automobilindustrie ist gemessen an Umsatz und Bruttowertschöpfung die größte deutsche Industriebranche (Wert- schöpfungsanteil am gesamten Verarbeitenden Gewerbe 2017: knapp 21%). Sie sah und sieht sich mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die die inländische Produktionstätigkeit 2019 beeinflusst haben und die zum Teil auch 2020 zu spüren sein werden. Am aktuellen Rand deuten verschiedene (vorlaufende) Indikatoren darauf hin, dass die konjunkturelle Talsohle in der deutschen Industrie in Sicht ist und in H1 2020 erreicht sein könnte. Dies gilt un- ter der Prämisse, dass es zu einer dauerhaften Deeskalation in den verschiede- nen Handelskonflikten kommt. Wegen eines kräftigen statistischen Unterhangs zum Jahreswechsel 2019/20, dürfte die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland 2020 trotz Erholung um 1,5% schrumpfen.

8 | 17. Januar 2020

Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

Industrierezession zeigt sich in der

24

rückläufigen Bruttowertschöpfung

% gg. Vj.

25

20

15

10

5

0 -5-10-15-20

-25

05 07 09 11 13 15 17 19

Dienstleistungen

Verarbeitendes Gewerbe

Quelle: Deutsche Bundesbank

Leichte Anzeichen einer Erholung in der

25

Autoindustrie

Erwartungen in der dt. Automobilindustrie..., Saldo aus pos. u. neg. Firmenmeldungen

30

20

10

0

-10

-20

-30

14

15

16

17

18

19

… zur Entwicklung der Geschäftstätigkeit … zur Entwicklung der Exporttätigkeit

Quelle: ifo Institut

2020 BIP-Wachstum von 1% erwartet, Arbeitstageeffekt stützend

Angesichts der strukturellen Engpässe am Arbeitsmarkt sollte das Einkommens- wachstum auch 2020 solide bleiben und auch von der Fiskalpolitik unterstützt werden. Der anhaltend expansive Kurs der Fiskalpolitik sollte zudem den staatli- chen Konsum und die staatlichen Investitionen fördern. Der Immobilienmarkt profitiert zwar von einem zweistelligen Wachstum der Immobilienkredite; die Bauinvestitionen werden jedoch nach wie vor durch diverse Engpässe ge- dämpft. Die anhaltende Zweiteilung der deutschen Konjunktur schlägt sich in der unterschiedlichen Entwicklung der ifo Indizes für das Verarbeitende Ge- werbe und für den Dienstleistungssektor nieder; nach wie vor ist die Differenz zwischen den beiden Indizes beträchtlich und war nur in der Krise im Jahr 2009 größer. Angesichts der bestenfalls moderaten Belebung der Exportnachfrage dürften die Unternehmensinvestitionen auch 2020 weiter schrumpfen. Selbst wenn die handelspolitischen Unsicherheiten weiter abklingen, dürfte die Investi- tionsbereitschaft der Unternehmen (in Deutschland) dadurch gedämpft werden, dass keine Klarheit über die Ausprägung und die Auswirkungen der deutschen und europäischen Umweltpolitik besteht.

Insgesamt dürfte sich das deutsche BIP-Wachstum 2020 auf 1% beschleunigen

  • maßgeblich gestützt von einem positiven Arbeitstageeffekt von 0,4 %-Punk- ten. Die Konjunktur bleibt weiterhin anfällig. Insbesondere im Autosektor bzw. bei Autozulieferern bestehen strukturelle Herausforderungen, und die immer stärker aufklaffende Lücke zwischen klimapolitischen Forderungen bzw. Ver- sprechungen der Politik und den bisher überschaubaren Maßnahmen mit be- grenzter Wirkung sorgt für Unsicherheit und lässt die Befürchtung aufkommen, dass die Wirtschaft künftig durch striktere Maßnahmen stärker belastet wird. Insgesamt könnten eine erneute Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China, höhere US-Zölle auf europäische Autoimporte oder Probleme bei der Aushandlung eines Handelsabkommens nach dem Brexit ausreichen, um die deutsche Wirtschaft (doch noch) in eine Rezession zu stürzen. Detaillier- tere Erläuterungen zu diesen Perspektiven finden sich in unserem
    Ausblick 2020: Vorsicht, zerbrechlich!

EZB - Stabübergabe an der Spitze, Kontinuität im Fokus

In seiner letzten Pressekonferenz setzte Draghi unterschwellig - aber nach- drücklich - auf Kontinuität. Die Wahrung der Preisstabilität bleibt das oberste Ziel der EZB, unabhängig davon, wer an ihrer Spitze steht. Hinsichtlich einer Neuausrichtung der Geldpolitik scheint seine Nachfolgerin Christine Lagarde vorerst nicht unter Zugzwang zu stehen, da sich die Abwärtsrisiken für die Euro- zone zuletzt reduzierten, wenngleich das Wachstum schwach ist. Wir gehen da- von aus, dass der geldpolitische Kurs der EZB für 2020 unverändert bleibt. Den- noch besteht die Möglichkeit einer weiteren monetären Lockerung, sollte dies erforderlich sein. Die auch bereits von der EZB adressierten Nebenwirkungen der bisherigen geldpolitischen Maßnahmen könnten ihre Optionen allerdings einschränken und sie zu Innovationen zwingen. Wir gehen davon aus, dass sich eine strategische Überprüfung am Ende auf drei Themen konzentrieren wird. Erstens die Anhebung des Inflationszielwertes von unter-aber-nahezu-2% auf ein symmetrisches Ziel von 2%. Zweitens die Überwindung der Kontroversen im EZB-Rat. Offenkundige Differenzen erodieren die Glaubwürdigkeit der Politik. Lagarde hat versprochen, "auf alle Stimmen zu hören". Dies deutet auf einen Kompromiss und auf eine Entwicklung, statt auf eine Revolution der geldpoliti- schen Strategie hin. Drittens sind die Nebenwirkungen der Geldpolitik zu be- rücksichtigen. Die Bereitschaft, die Nebenwirkungen und Kosten einer unkon- ventionellen Geldpolitik zu berücksichtigen, könnte die Glaubwürdigkeit der Poli- tik erhöhen.

Marc Schattenberg (+49 69 910-31875, marc.schattenberg@db.com)

9 | 17. Januar 2020

Deutschland-Monitor

Schwache Konjunktur schlägt in Q3 2019 auf Kreditgeschäft durch

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10 | 17. Januar 2020

Deutschland-Monitor

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