FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Verkauf der deutschen Lieferdienste hat den Anlegern von Delivery Hero kurz vor Weihnachten eine vorgezogene Bescherung gebracht. Die Einigung mit dem Konkurrenten Takeaway.com katapultierte die Aktien des Essenszustellers in der Spitze mit einem Viertel ins Plus, bevor der Schwung wieder nachließ. Zuletzt rückten sie noch um rund 10 Prozent auf 30,34 Euro vor.

Bemerkenswert ist, dass sich vorbörslich noch eine eher negative Kursentwicklung abgezeichnet hatte. Größere Schwankungen dürften an diesem Freitag aber auch mit dem großen Verfall an den Terminbörsen in Zusammenhang stehen. Am sogenannten "Hexensabbat" sind Aktienkurse für eher wilde Zuckungen bekannt. Dahinter stehen Spekulanten, die die Kurse in letzter Minute noch in ihre Positionsrichtung beeinflussen wollen.

Die deutschen Lieferdienste von Delivery Hero (Lieferheld, Pizza.de und Foodora) gehen für rund 930 Millionen Euro an den niederländischen Wettbewerber Takeaway.com. Über eine Fusion der beiden Schwergewichte des hart umkämpften deutschen Liefermarkts wird schon länger spekuliert. Die Unternehmen wollen den Deal den Angaben zufolge in der ersten Jahreshälfte 2019 abschließen.

Auch bei Takeaway.com war die Kursreaktion am Morgen euphorisch: die Titel rückten in Amsterdam um bis zu 30 Prozent vor. Das Unternehmen ist in Deutschland für seine Marke Lieferando bekannt, ein weiterer großer Rivale ist Deliveroo.

Die Rückmeldungen am Markt auf die nun konkret ins Auge gefasste Verschmelzung zweier großer Marktteilnehmer fielen am Morgen positiv aus. Ein Händler lobte die Chancen, die eine gemeinsame Verschlankung der Aktivitäten in einem umkämpften Marktumfeld mit sich bringe. Ein weiterer Börsianer sprach von einem "strategisch vorteilhaften Deal".

Unter Analysten kristallisierte sich in ersten Kommentaren eine Win-Win-Situation für beide Seiten heraus. Delivery Hero werde der Verkauf mit einem rund 35 Prozent hohen Aufschlag auf die letzte Bewertung schmackhaft gemacht, rechnete Analystin Sherri Malek vom Analysehaus RBC vor. Für Takeaway sei der Schritt dennoch positiv, da die Niederländer damit zu einem dominanten Akteur auf dem deutschen Markt aufstiegen. JPMorgan-Experte Marcus Diebel sprach von einer Verdopplung des Takeaway-Geschäftsvolumens in Deutschland.

Delivery Hero hatte sich im Zuge der Bekanntmachungen auch zu seinen weiteren Zielen geäußert. Das Unternehmen erwartet einen zusätzlichen Umsatz von 45 Millionen Euro im kommenden Jahr und ab 2020 zusätzliche Erlöse von 81 Millionen Euro jährlich. Für 2019 peilt Delivery Hero nun einen Umsatz zwischen 1,08 Milliarden und 1,15 Milliarden Euro an. Der angepasste operative Verlust (Ebitda) soll bei 270 Millionen bis 320 Millionen Euro liegen.

Als fraglich gilt nun auch, wie Delivery Hero die zufließenden Gelder aus der Transaktion reinvestieren wird, denn neben Aktien wechseln auch Barmittel ihren Besitzer. Rund die Hälfte des Barerlöses von etwa 508 Millionen Euro soll derweil in weiteres Wachstum fließen. Durch den vereinbarten Aktientausch geht Delivery Hero davon aus, einen Anteil von ungefähr 18 Prozent an Takeaway.com aufzubauen.

Dem Kurs der Aktie von Delivery Hero hauchte die Meldung am Freitag neues Leben ein. Im Juli waren sie erstmals in ihrer noch jungen Börsengeschichte über die Marke von 50 Euro geklettert. Dann aber setzte die große Flaute ein, die die Aktien im Vorjahresvergleich sogar tief ins Minus gedrückt hatte. Durch den Kurssprung am Freitag konnten sie ihren Verlust in diesem Jahr auf nur noch 5 Prozent eindämmen./tih/ajx/fba