Die seit mehreren Monaten laufenden Gespräche zum Elektrobaukasten MEB und autonomen Fahren liefen gut und stünden "kurz vor dem Abschluss", sagte Konzernchef Herbert Diess am Donnerstag bei einer Führungskräftekonferenz in Wolfsburg. Die Partnerschaft sei für Volkswagen geostrategisch von überragender Bedeutung, betonte er. "Ohne ein starkes Engagement in den USA - unserer noch immer schwächsten Weltregion - drohen wir in den weltweiten Handelskonflikten in eine ausweglose Situation zu geraten", betonte Diess laut seinem Redemanuskript, das der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Volkswagen sei derzeit noch sehr stark ein chinesisch geprägtes Unternehmen. "Dazu brauchen wir ein Gegengewicht in den USA."

Volkswagen will sich an der Ford-Tochter Argo für Roboterautos beteiligen und verhandelt mit den Amerikanern zudem über eine Nutzung des von den Wolfsburgern entwickelten Modell-Baukastens für E-Autos. Eine Einigung etwa über eine Lizenzierung des Baukastens durch Ford würde Volkswagen Größenvorteile verschaffen und so die Kosten für Elektroautos senken. VW und Ford hatten bereits zu Jahresbeginn eine Allianz bei Transportern und Pick-ups geschlossen.

Der US-Konzern aus Dearborn erklärte, die Gespräche mit den Niedersachsen gingen weiter. "Die Diskussionen waren in einer Reihe von Bereichen produktiv." Details wolle man mitteilen, sobald es etwas zu berichten gebe.

Für Diess ist die Allianz ein wichtiger Baustein, um Volkswagen in den USA aus der Nische zu führen. Umgekehrt könnte der zweitgrößte US-Autobauer von der Stärke der Deutschen in Europa profitieren, wo Ford sein Geschäft sanieren muss. Ein Bund bei Elektroautos würde beiden Unternehmen zudem helfen, die hohen Investitionen für den Wandel zu Mobilitätsanbietern zu teilen.

"DER KONZERN HAT NOCH EIN RIESENPOTENZIAL"

Diess sieht noch erhebliches Steigerungspotenzial bei der Ertragskraft. Operativ liege der Konzern jetzt schon am oberen Rand des Rendite-Korridors von sieben bis acht Prozent, den man sich für 2025 vorgenommen habe. "Wenn sich das Marktumfeld normalisiert und wir auch nur einen kleinen Teil der Synergien und Effizienzen heben, von denen heute viele noch brachliegen - dann haben wir noch ein erhebliches Potenzial." Die Kraftreserven will Volkswagen möglichst rasch heben, um die enormen Investitionen in die Elektromobilität, neue Mobilitätsdienste und selbstfahrende Autos zu stemmen. Denn zugleich muss der weltgrößte Autobauer die hohen Kosten für die Aufarbeitung des von ihm selbst verschuldeten Dieselskandals verdauen.

Bei alledem schreibt Volkswagen bislang ansehnliche Gewinne: Der Überschuss ist zwar im ersten Quartal um 7,5 Prozent auf gut drei Milliarden gesunken. Damit schnitten die Wolfsburger aber immer noch besser ab als manche Konkurrenten, obwohl der Konzern knapp eine Milliarde zusätzlich für eine Porsche auferlegte Geldbuße und Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Dieselaffäre schultern musste.

AKTIE ALS WÄHRUNG FÜR PARTNERSCHAFTEN

In seiner Rede vor rund 500 Top-Managern betonte der Konzernchef zudem, dass Volkswagen sich operativ weiter steigern müsse, um an der Börse besser dazustehen. "Unsere Unternehmensbewertung ist deutlich zu niedrig." Die Aktie werde mit dem knapp fünffachen des operativen Gewinns gehandelt. Das liege deutlich unter dem Durchschnitt im Leitindex Dax. "Das müssen wir ändern", sagte Diess und fügte hinzu, ein hoher Börsenwert spiegle auch die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens wider. "Er ist eine wichtige Akquisitionswährung in der bevorstehenden weiteren Konsolidierungsphase der Industrie." Damit deutete Diess die Möglichkeit an, eigene Aktien als "virtuelle Währung" bei Partnerschaften einzusetzen. Bei der Bekanntgabe ihrer Transporter-Allianz hatten VW und Ford erklärt, eine Kapitalverflechtung der beiden Konzerne sei nicht geplant. Diess bekräftigte, das Lkw-Geschäft mit den beiden Marken MAN und Scania unter dem Namen Traton noch vor der Sommerpause an die Börse zu bringen.