Unter der zentralen Unterstützungsmarke bei 11.867 Punkten könnte es heute an der Frankfurter Börse ungemütlich werden. Da dürften viele Stopps von mittelfristigen Anlegern liegen, die sich so vor einer stärkeren Korrektur schützen wollen.

Auch in der Eurozone steigen die Zinsen, vor allem in Italien, wo die Anleihekurse gestern auf ein neues Tief einbrachen. In Griechenland, dem einzigen Land innerhalb der Eurozone, wo die Zinsen noch höher sind als in Italien, steigen ebenfalls die Zinsen. Dort werden ähnlich lautende Forderungen wie in Rom laut, nach neuen Schulden und noch mehr Schulden, um die Konjunktur zu beleben. Das Vorbild der USA lockt.

Der IWF wird heute seinen Weltwirtschaftsbericht veröffentlichen und damit die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft das erste Mal seit zwei Jahren senken. Überall schwächt sich das Wachstum ab, außer in den USA, die stärker wachsen, weil man dort die Steuern gesenkt hat, also sich höher verschuldet als zunächst vorgesehen. Den Lackmustest, ob der Markt schon genug Zinsen für die neuen Schulden der Regierung Trump bezahlt oder ob die Zinsen noch weiter steigen müssen, dass Käufer für die amerikanischen Schulden gefunden werden können, wird es in dieser Woche geben, wenn die US-Regierung Staatsanleihen im Gesamtwert von sage und schreibe 230 Milliarden US-Dollar ausgeben wird.

Worauf man jetzt achten muss, ist der Zinsabstand zwischen zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen. Wenn man plötzlich mehr Zinsen für die Geldleihe für zwei als für zehn Jahre bekommt, läuft etwas schief. Seit dem zweiten Weltkrieg gab es eine solche invertierte Zinskurve acht Mal und jedes Mal folgte eine Rezession. Der Zinsabstand sinkt steil, von 0,8 auf jetzt noch 0,3 Prozentpunkte.

Da die Inflation tief bleibt, die Nominalzinsen am Markt aber ansteigen, leidet der Goldpreis. Phasen steigender Realzinsen sind historisch die schwächsten für das Gold. Die Leute kaufen einfach Anleihen, wenn sie Sicherheit wollen und brauchen das Gold nicht, weil es gerade in den USA genügend Kompensation für Inflation und Kaufkraftentwertung durch die steigenden Zinsen gibt.

Der S&P 500 Index testet gerade das Hoch aus dem Januar. In den kommenden Tagen muss die Antwort gegeben werden, ob der Ausbruch auf neue Rekordhochs gegen die hohen Zinsen verteidigt werden kann oder nicht. Immerhin stagniert die Dividendenrendite seit einem Jahr bei 1,7 Prozent, während sich die Zinsen für kurze Laufzeiten verdoppelt haben. Investoren bekommen heute sicher von der US-Regierung 70 Prozent mehr Zinsen, als sie Dividenden erhalten – ein schlagendes Argument der Bären, den S&P 500 nun unter das Januar-Hoch bei 2.877 Punkten zu drücken.

Ein Beitrag von Jochen Stanzl

Er ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets, Frankfurt. Davor war Jochen Stanzl über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig und hat unter anderem die Portale GodmodeTrader, Jandaya und die Investment- und Analyseplattform Guidants mit aufgebaut und als erfolgreiche Kanäle in der deutschen Trading-Community etabliert. Sein analytischer Fokus liegt auf der Kombination aus technischer und fundamentaler Analyse von Währungen, Rohstoffen, Anleihen und der weltweiten Aktienmärkte.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: CMC Markets / Pressefoto Deutsche Börse AG