Ich will ehrlich sein – nach dem inhaltlich nicht ganz unkritischen Editorial aus der Vorwoche war ich schon einen Moment versucht, die heutige Ausgabe ausfallen zu lassen, um einen gewissen Abstand von „schwere Kost“ zu „Business as usual“ zu erzeugen. Ich war sogar schon so weit, mich mithilfe der Vortäuschung einer Männergrippe aus der Affäre zu ziehen, doch dann schlug das Schicksal erbarmungslos zu: mein Telefon klingelte, und der Kollege eröffnete mir mit schwacher Stimme, dass er in dieser Woche nicht an der Redaktionssitzung teilnehmen könne, er leide, Sie ahnen es, an der gefürchteten Männergrippe! Die Kollegin ist auch krank und zudem anderweitig beschäftigt, also sitz ich hier und schreibe…am besten über den Verlauf dieser Handelswoche, die dann unter dem Strich auch gar nicht mal so schlecht ausfiel, auf den ersten Blick. Der DAX legte sich jedenfalls erst einmal richtig ins Zeug und eroberte schon am Montag die 11.000er-Schwelle zurück. Der Break wurde tags darauf sogar mittels Aufwärts-Gap bestätigt, und auch am Mittwoch zeigten die (Kurs-)Pfeile nach oben. Drei Gewinntage in Folge, von saisonaler Schwäche also keine Spur. Fein! Hätte schlimmer kommen können, so unter uns gesagt. Andererseits haben wir ja erst Halbzeit, was den Februar angeht. Und am Donnerstag lief es auch nicht so doll. Will heißen:

Divergenz

Der Drops ist noch nicht gelutscht. Zwar stehen die Zeichen in den USA auf Entspannung (neuerlichen Shutdown dank Kompromiss vermieden, Handelskonflikt dank eines überraschend friedfertigen US-Präsidenten möglicherweise kurz vor der Deeskalation, US-Inflation auf dem niedrigsten Stand seit über anderthalb Jahren), dafür passen die Konjunkturdaten aus der Eurozone nicht. Das schürt die alten Ängste vor einer Abschwächung der Konjunktur, Stichwort Rezession. Und spätestens mit diesem Schlagwort sind wir beim (Reiz-)Thema BREXIT angekommen. Von dem sah und hörte man zuletzt zwar weniger, was aber in diesem Fall, ganz entgegen dem geflügelten Wort „no news are good news“, kein allzu gutes Zeichen ist, schließlich ist ein geordneter Ausstieg zum Stichtag 29. März weiterhin alles andere als sicher. Was die Debatte am Donnerstag im britischen Unterhaus noch einmal nachhaltig untermauerte. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass die US-Indizes, gemessen an ihren langfristigen Durchschnitten, deutlich höher stehen als die Märkte hierzulande. So eroberte nach dem Dow Jones mittlerweile auch der breiter gefasste S&P 500 seinen GD200 zurück (naja, zumindest zwischenzeitlich, im Augenblick notieren die US-Top 500 wieder darunter), und dem Nasdaq 100 fehlten zuletzt nicht einmal 30 Pünktchen. Zum Vergleich: der Abstand im DAX (11.937,50) beträgt aktuell -7,1%, im TecDAX (2.720,60) sind es -6,2%. Tja. Das nennt man dann wohl Divergenz! Die dürfte heute nicht kleiner werden, wie der Blick auf die Anzeigetafel zeigt, also rasch rüber zur aktuellen DAX-Analyse…

PrimequantsEin Beitrag von Sebastian Jonkisch von Prime Quants

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