- von Sabine Wollrab und Alexander Hübner

In den letzten Wochen hagelte es Gewinnwarnungen, allein sechs Dax-Konzerne senkten ihre Prognosen. "Wir sind weder mit unserer Geschäftsentwicklung, noch mit der Entwicklung unserer Aktie zufrieden", schimpfte BASF-Chef Martin Brudermüller am Freitag bei der Präsentation der Quartalszahlen. Seine Gewinnprognose hat der Konzern schon Ende September gesenkt - allerdings vor allem wegen der Trennung von der Öl- und Gastochter Wintershall. Auch die Wirtschaftsforscher vom ifo-Institut konstatierten zuletzt eine schlechtere Stimmung in den Chefetagen. "Die deutsche Wirtschaft schlittert in eine Schwächephase", fasste VP-Bank-Volkswirt Thomas Gitzel die Entwicklung zusammen.

Die Branche, die am ärgsten gebeutelt wird, ist die Autobranche. Mit Daimler und BMW senkten zwei der drei großen deutschen Autobauer ihre Prognosen. Kosten für den selbst verursachten Dieselskandal und die holprige Einführung des Abgasprüftests WLTP, höhere Zölle auf Exporte in die USA und China und Rabattschlachten mit den Rivalen schlugen auf die Geschäfte durch. Und wenn Deutschlands größte Branche stottert, leiden viele andere Unternehmen. Betroffen sind vor allem die Zulieferer, die sowieso schon unter dem strikten Preisdruck ihrer Kunden ächzen: Continental schockte die Märkte mit zwei Gewinnwarnungen hintereinander, Kabelspezialist Leoni, Sitzhersteller Grammer und auch der Schmierstofflieferant Fuchs Petrolub mussten ihre Erwartungen wegen der schwächeren Nachfrage von den Autobauern zurücknehmen. "In der Autobranche macht sich Pessimismus breit," beschrieb Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe die Stimmung.

Für kleinere Unternehmen könnte es sogar kritisch werden. Die Zahl der Insolvenzen bei mittelständischen Autozulieferern ziehe an, erklärte Branchenexperte Thomas Steinberger von der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsfirma PwC. Dabei werde der dramatischere strukturelle Umbruch zum Elektro-Auto die Zulieferer erst in zwei oder drei Jahren treffen. Erste Krisenzeichen zeigten sich bei Maschinenbauern, die für die Autoindustrie tätig sind, ergänzte Rechtsanwalt Frank Grell, der für die Kanzlei Latham & Watkins große Sanierungen begleitet.

HITZE, HOHE LÖHNE, GROSSE SCHÄDEN

Generell ziehen sich die Gewinnwarnungen aber durch viele verschiedene Branchen - vom Medizintechnikanbieter Drägerwerk, über den Abfüllanlagenbauer Krones und den Versicherer Talanx bis zum Dialysespezialisten Fresenius Medical Care (FMC). Teils sind die Gründe allgemeine wie Handelssorgen oder Währungseinflüsse, teils aber auch sehr spezifische. So schlugen bei FMC neben einem schwächeren Geschäft in den USA auch die Kosten für eine Informationskampagne in der Debatte über eine Änderung der Dialysebehandlung in Kalifornien durch. Talanx verdarb eine Häufung von Großschäden bei Industriekunden die Gewinnplanung.

Konsumnahen Firmen machte vor allem der heiße Sommer zu schaffen: Bei Temperaturen von an die 30 Grad bis in den September hinein verflog bei den Kunden die Lust auf Herbstmode und lange Shoppingtouren. Darunter litten der Online-Händler Zalando, das Modeunternehmen Tom Tailor oder Europas größter Elektronikhändler Ceconomy. Dass die Muttergesellschaft der Ketten Mediamarkt und Saturn ihr ohnehin schon gekapptes Gewinnziel verfehlte, kostete Chef Pieter Haas den Job. Aber auch der Salz- und Düngemittelhersteller K+S litt unter der Trockenheit: Wegen des niedrigen Wasserstandes der Werra konnte der Konzern salzhaltige Abwässer, die bei der Kaliproduktion anfallen, dort nicht mehr in ausreichendem Umfang einleiten, die Produktion stand einige Wochen still.

Ganz andere Probleme haben die Baustoffkonzerne: HeidelbergCement kappte seine Ergebnisprognose wegen widriger Wetterbedingungen in den USA und hohen Energiekosten, die den Betrieb der Zementöfen verteuerten. Konkurrent LafargeHolcim zog am Freitag mit einer Gewinnwarnung nach. Der Schweizer Konzern führte noch einen weiteren Grund an: Wegen eines Mangels an Lkw-Fahrern seien die Löhne gestiegen.