MÜNCHEN (dpa-AFX) - Von der Pkw-Maut in Deutschland hatte sich CTS Eventim als Systemmitbetreiber einen Wachstumsschub versprochen. Diese Pläne sind mit dem Entscheid des Europäischen Gerichtshofs geplatzt. Der für Konzerttickets bekannte Konzern kann nun aber zumindest auf eine mögliche Entschädigung hoffen. Was bei dem im Nebenwerteindex SDax notierten Unternehmen los ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.

DAS IST LOS BEI CTS EVENTIM:

Der Verkauf von Konzerttickets und die Promotion für Festivals wie "Rock im Park" und "Southside" sind das Kerngeschäft des Münchner Unternehmens mit Verwaltungssitz in Bremen. Zuletzt machte CTS Eventim aber vor allem durch ein völlig anderes Thema von sich reden: der deutschen Pkw-Maut, die am 18. Juni vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestoppt wurde. Das Gericht sieht die Pläne der Bundesregierung als nicht vereinbar mit EU-Recht an, weil dadurch Fahrer aus dem Ausland benachteiligt würden.

Den Zuschlag für das Projekt hatte CTS Eventim gemeinsam mit dem österreichischen Mautsystem-Anbieter Kapsch Trafficcom im vergangenen Jahr erhalten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kündigte die Verträge nach dem EuGH-Entscheid. "Gemeinsam mit unserem Joint-Venture-Partner Kapsch Trafficcom AG prüfen wir nun die Gründe für die Kündigung und deren Auswirkungen", hatte CTS am 19. Juni mitgeteilt.

Für den Verkehrsminister ist das Scheitern des Projekts ein Desaster, für den Steuerzahler ein teurer Flop. Für CTS bedeutet das Aus der Maut-Pläne möglicherweise Entschädigungszahlungen. Sollte es zum Streit darüber kommen, sähen die Verträge "Streitbeilegungsmechanismen" vor, also Wege zur Schlichtung, "die eine zügige Entscheidung ermöglichen", sagte Scheuer.

Bei einer Befragung im Bundestag am Mittwoch gab Scheuer dann drei Gründe für die Kündigung der Maut-Verträge an: Ordnungs- und Europarecht, die Leistung der Auftragnehmer und das Verhalten der Unternehmen nach der ausgesprochenen Kündigung - denn diese hätten auch danach noch Unteraufträge an andere weitere Firmen vergeben. Das sei ein "sehr, sehr triftiger Kündigungsgrund".

Zur Leistung des Vertragspartners sagte Scheuer, es sei um die "Feinplanung gegangen", da seien Fristen überschritten worden. Bei einem großen Projekt gebe es zwar "immer auch mal Ruckeleien". Aber das Entscheidende sei gewesen, dass der Auftragnehmer am Tag vor dem Gerichtsurteil - also am 17. Juni - mitgeteilt habe, "dass er mit dem gegenseitigen Arbeiten nicht zurechtkommt". Daraus habe sich ein weiterer Kündigungsgrund "mit sehr guten Chancen" entwickelt.

CTS Eventim zeigte sich überrascht von den Aussagen: "Wir sind verwundert, dass unser Auftraggeber trotz vertraglich vereinbarter Geheimhaltungspflichten öffentlich Aussagen zu Kündigungsgründen trifft", teilte das Unternehmen mit. Man werde sich nicht an derartigen Spekulationen beteiligen.

Abseits vom Ärger mit dem Maut-Ende verlief der Jahresstart gut für den Konzern. Der Ticketverkauf und die Groß-Events sorgten für steigende Umsätze. Künftig will das Unternehmen den Online-Ticketverkauf noch steigern, der bereits stärker als der normale Ticketverkauf wächst. Positiv entwickelten sich auch das Tourneegeschäft in Deutschland sowie die Auslastung der Kölner Lanxess Arena, wo im Januar die Handball-Weltmeisterschaft stattfand.

CTS Eventim ist seit 19 Jahren an der Börse notiert. Das Unternehmen hat rund 3000 Mitarbeiter in 21 Ländern. Der Konzernumsatz belief sich 2018 auf rund 1,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben 118,5 Millionen Euro für die Aktionäre übrig.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Von acht im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten raten fünf zum Kauf der Aktie, zwei zum Halten und einer zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 43,50 Euro, was auch dem mittelfristigen Kursziel des Analysten des Investmenthauses Kepler Cheuvreux entspricht.

Kepler-Experte Craig Abbott verwies darauf, dass es ohnehin an finanziellen Details zum vom Europäischen Gerichtshof nun gestoppten Mautprojekt gefehlt habe. In seinen Gewinnschätzungen für CTS sei es nicht berücksichtigt gewesen. Auch auf die Jahresziele des Unternehmens dürfte das Urteil allenfalls begrenzten Einfluss haben, so Abbott. Er empfiehlt den Kauf der Aktie.

Analyst Volker Bosse von der Baader Bank senkte sein Kursziel hingegen von 44 auf 42 Euro und spricht sich für den Verkauf des Papiers aus. Nach dem starken Kursanstieg der Aktie nehme er gewissermaßen eine "Auszeit". Die aktuelle Bewertung bewege sich nahe an den historischen Höchstständen.

Mit einem Kursziel von 46 Euro liegt die Privatbank Berenberg deutlich sowohl über dem derzeitigen Kurs als auch dem durchschnittlichen Zielwert der Analysten. Analyst Gerhard Orgonas geht davon aus, dass sich das Wachstum des Ticketanbieters fortsetzen dürfte.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Im laufenden Jahr hat die CTS-Aktie bereits einen starken Lauf hingelegt, der schon im Dezember 2018 bei knapp 31 Euro gestartet war. Vom Jahreswechsel an gewann das Papier rund die Hälfte an Wert dazu - bis auf ein Rekordhoch bei 46,46 Euro Anfang Mai. Bis Ende Mai ging es dann wieder zurück auf unter 40 Euro. Seither pendelt der Kurs um die 40 bis 41 Euro herum.

Rücksetzer gab es für die CTS-Papiere aber immer wieder seit dem Börsengang - etwa 2018 mit einem Kursrutsch von über 43 Euro auf unter 31 Euro. In der Langzeitbetrachtung hat sich die CTS-Eventim-Aktie kontinuierlich hochgearbeitet. Vor fünf Jahren etwa war das Papier nur rund halb so viel wert wie zuletzt. Seit dem Gang aufs Börsenparkett zur Jahrtausendwende summiert sich das Plus sogar auf deutlich mehr als 1000 Prozent./elm/eas/mis/stw/he