- von Jörn Poltz

Der deutsche Konzertkartenanbieter CTS Eventim und sein österreichischer Partner Kapsch TrafficCom sollen die Vignetten verkaufen, wie das Bundesverkehrsministerium und beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten. Für den im Nebenwerteindex MDax notierten Ticketvermarkter CTS Eventim ist das der größte Einzelauftrag seiner Geschichte und der Einstieg in ein neues Geschäftsfeld.

"Die Pkw-Maut kommt - in dieser Legislaturperiode", erklärte Verkehrsminister Andreas Scheuer. Die Wahlperiode endet im Jahr 2021. "Die technische und organisatorische Umsetzung und der Aufbau der Systeme können nun ganz konkret beginnen", sagte der CSU-Politiker. Die offiziell als Infrastrukturabgabe bezeichnete Pkw-Maut auf Autobahnen zählt zu den Prestigeprojekten der CSU und war von ihr gegen zahlreiche Widerstände durchgeboxt worden.

Der Auftrag an das Konsortium habe ein Volumen von knapp zwei Milliarden Euro und laufe über mindestens zwölf Jahre, teilten die Partner und das Ministerium mit. Eine Verlängerung auf 15 Jahre sei möglich. Voraussetzung für einen endgültigen Zuschlag sei, dass kein anderer Bieter bis zum 30. Dezember Rechtsmittel einlege. Nach Angaben aus Kreisen der Beteiligten waren CTS Eventim und Kapsch allerdings zuletzt die einzigen Bieter für den Verkauf der Maut-Vignetten. Einen kleineren Teilauftrag zur Maut, nämlich die Kontrolle der Maut-Vignetten, hatte sich Kapsch bereits im Oktober gesichert.

GRÖSSTER EINZELAUFTRAG FÜR CTS

Während Kapsch sich bereits international als Mautsystem-Betreiber einen Namen gemacht hat, betritt der Ticketvermarkter und Festival-Veranstalter CTS Eventim Neuland. Der Konzern, der aus Bremen und Hamburg geführt wird, will mit seiner Erfahrung als einer der größten Betreiber von Online-Buchungsportalen in Europa punkten. CTS Eventim kam zuletzt auf einen Jahresumsatz von einer Milliarde Euro und hat nach eigenen Angaben seit seiner Gründung im Jahr 1989 bisher keinen größeren Einzelauftrag als diesen an Land gezogen.

Der Konzernchef und Großaktionär von CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, hofft nun auf staatliche Großaufträge auch aus dem Ausland. "Wenn wir hier in Deutschland ein erfolgreiches Projekt auf die Beine stellen, wird es möglicherweise auch Nachfragen aus anderen Regionen der Welt geben", sagte Schulenberg dem Wirtschaftsmagazin "Capital". Mögliche Parallelen zur holprigen Einführung der Lkw-Maut unter dem Konsortium Toll Collect, wies Schulenberg zurück. "Die Prozesse hinter den Systemen unterscheiden sich deutlich, und unsere Zielgruppe verlangt eine gänzlich andere Ansprache."

Für den Mautspezialisten Kapsch, der zuletzt einen Jahresumsatz von 693 Millionen Euro einfuhr, ist der Auftrag finanziell und organisatorisch ebenfalls ein Prestigeobjekt. "Deutschlands Fernstraßennetz zählt zu den großen und komplexen Netzen in Europa", erklärte der fürs operative Geschäft zuständige Vorstand André F. Laux. Dennoch sei Kapsch zuversichtlich, eine reibungslose und komfortable Abwicklung sicherstellen zu können.

AKTIENKURSE LEGEN ZU

Im Frankfurter Xetra-Handel legten die Aktien vom CTS Eventim im Nebenwerteindex MDax um drei Prozent zu. Die Titel von Kapsch schossen an der Wiener Börse um mehr als 13 Prozent in die Höhe.

Die von der CSU vorangetriebene Pkw-Maut ist eines der umstrittensten Vorhaben der Bundesregierung. Die Niederlande und Österreich haben gegen deren Einführung geklagt. Sie sehen eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer, weil die Infrastrukturabgabe alle zahlen müssen und Fahrzeughalter in Deutschland über die Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden. Die EU-Kommission hat ihr Verfahren wegen einer möglichen Benachteiligung von Ausländern aber eingestellt.