(neu: Aktie 3. Absatz, Analystenstimme 4. Absatz, durchgehend Äußerungen Management ergänzt.)

HANNOVER (dpa-AFX) - Milliardenverlust in den Büchern, sinkender Gewinn im laufenden Geschäft: Der zweitgrößte Autozulieferer Continental steht vor seinem grundlegenden Konzernumbau erheblich unter Druck. Weil die Hannoveraner eine hohe Abschreibung verkraften müssen und zugleich die Autokonjunktur in vielen Ländern lahmt, beendeten sie das dritte Quartal tief in den roten Zahlen. Dabei dürfte auch die beschlossene Neuausrichtung hin zu mehr Elektronik und der damit einhergehende Stellenabbau in den kommenden Jahren noch teuer werden.

Unterm Strich stand bei Conti von Juli bis September ein Minus von fast zwei Milliarden Euro. Wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte, lag dies zwar zum Großteil am "Einmaleffekt" verringerter Firmenwerte aus früheren Übernahmen sowie ersten Kosten für das Umbauprogramm. Aber auch im Tagesgeschäft sank das bereinigte operative Ergebnis zuletzt deutlich um ein Fünftel auf noch knapp 615 Millionen Euro.

Die Conti-Aktie lag am frühen Nachmittag rund 1,3 Prozent im Minus bei 129,54 Euro. Bereits vor drei Wochen hatte der Konzern mit dem Bekanntwerden der milliardenschweren Abschreibungen die Eckdaten zum dritten Quartal vorgelegt. In jüngster Zeit hatte die Aktie sich nach einer längeren Talfahrt wieder spürbar berappelt, Mitte August hatte sie ihr Jahrestief bei 103,62 Euro markiert. Das Rekordhoch von 257,40 Euro aus dem Januar 2018 ist ohnehin in weite Ferne gerückt. In diesem Jahr liegt das Conti-Papier zwar mit gut 7 Prozent im Plus, hinkt damit aber dem Anstieg des europäischen Autohersteller- und Zuliefererindex von knapp einem Viertel hinterher.

Goldman-Sachs-Expertin Gungun Verma hält das Jahresziel des Konzerns für den Finanzmittelzufluss nun angesichts der Umstände für "ambitioniert". Conti-Finanzchef Wolfgäng Schäfer zeigte sich im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX aber zuversichtlich, dass der Konzern im für gewöhnlich starken vierten Quartal noch die Ziellinie erreicht.

Vorstandschef Elmar Degenhart sprach angesichts der heiklen Lage der Branche von einer vergleichsweise soliden Entwicklung - "trotz des weiterhin rückläufigen Marktumfeldes". Die Anzeichen deuten aber auf schwierige Zeiten: "In den kommenden fünf Jahren rechnen wir ähnlich wie andere Marktteilnehmer nicht damit, dass sich die weltweite Produktion wesentlich beleben wird", so Finanzchef Schäfer. Im dritten Quartal nahm sie bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen um 3 Prozent ab, aufs Gesamtjahr gesehen dürften es minus 6 Prozent sein.

"In Europa sehen wir keinen großen Impuls für stärkeres Wachstum", sagte Schäfer. Vom riesigen chinesischen Markt könne man wohl auch nur Rückenwind erwarten, falls sich die Handelsstreitigkeiten mit den USA deutlich entspannen. Der Autozulieferer und Reifenhersteller aus Niedersachsen steigerte seinen Umsatz zuletzt zwar leicht um 3 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro - aber nur, wenn man den Effekt von Zukäufen und Wechselkursveränderungen einrechnet. Aus eigener Kraft gingen Contis Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent zurück.

Die Autobranche ist in einem Umbruch zu E-Mobilität sowie vernetztem und automatisiertem Fahren. Das stellt Hersteller und Zulieferer, die bisher vor allem Verbrennungsmotoren und Teile dafür fertigten, vor Probleme. Und es fällt weniger, dafür aber hoch spezialisierte Arbeit an.

Das Programm "Transformation 2019-2029" baut den Konzern um - weg von Hydraulik und Verbrenner-Technik, hin zu mehr Elektronik, Software und E-Mobilität. Die Kernbereiche sind assistiertes und autonomes Fahren, Vernetzung, Dienstleistungen, die stabile Reifensparte sowie das Geschäft mit Industrie- und Endkunden. Die Mitarbeiter sollen qualifiziert werden, es dürfte jedoch auch Stellenstreichungen geben.

Bis 2023 könnten die Umstrukturierungen bei Continental rund 15 000 Arbeitsplätze betreffen, 5000 davon in Deutschland. Degenhart hatte gesagt, dass Kündigungen nicht auszuschließen seien - jedoch nur als "allerletztes Mittel". Zugleich entstehen neue Jobs. Ende September beschäftigte das Unternehmen mehr als 242 000 Menschen.

Zu den laufenden Verhandlungen mit den Arbeitnehmern sagte Schäfer: "Die Gespräche finden standortbezogen statt, um für Mitarbeiter möglichst gute Lösungen zu finden." Man nehme an, solche Lösungen an vielen Standorten schon bald vorstellen zu können: "Aber der eine oder andere Standort kann sich auch ins nächste Jahr ziehen."

Dadurch, dass Conti frühzeitig etwa bei Sensorik und E-Antrieben ein breites Geschäft aufbaute, kann der Konzern den Wandel bisher relativ gut abfedern. "Betrachtet man unsere rein operative Leistung, haben wir uns im dritten Quartal vernünftig entwickelt", meinte Schäfer.

So hat Vitesco - die künftig abgespaltene Antriebssparte - im Oktober einen Großauftrag des Opel-Dachkonzerns PSA sowie von Hyundai für E-Antriebe erhalten. Hier gebe es "unverändert starkes Umsatzwachstum", im dritten Quartal hätten die Erlöse 64 Millionen Euro betragen, sagte Schäfer. "Wir sehen jetzt, dass die Kunden diese Produkte abrufen, worauf wir ja etwas länger gewartet haben."/jap/DP/men/jha