FRANKFURT (dpa-AFX) - Seit Montagabend ist es fix: Die Deutsche Börse steigt bald in den EuroStoxx 50 und damit den wichtigsten Aktienindex der Eurozone auf. Was ist bei der Deutschen Börse los, was sagen die Analysten und was macht die Aktie.

DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BÖRSE:

Gut laufende Geschäfte mit der Absicherung von Risiken, der Aufbewahrung von Wertpapieren oder dem Handel von Aktien halten die Deutsche Börse seit einiger Zeit auf Erfolgskurs. Zudem haben die Investoren die Hoffnung, dass der Konzern von einer stärkeren Regulierung von einigen Marktplätzen wie zum Beispiel dem Handel mit Devisen oder Rohstoffen profitieren kann.

Doch ausgerechnet bei seinen Übernahmeplänen musste der seit Anfang 2018 amtierende Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer einen Rückschlag hinnehmen. Beim geplanten Ausbau des Geschäfts im Devisenhandel sollte die Plattform FXall vom Finanzdatenanbieter Refinitiv ein wichtiger Baustein sein - doch da kam ihm ausgerechnet der Erzrivale aus London in die Quere.

Die London Stock Exchange schnappte sich für 27 Milliarden Dollar gleich den gesamten Konzern Refinitiv. Jetzt muss sich Weimer nach einem neuen Ziel umschauen - gleichzeitig stärkte der Erzrivale aus London seine Position in dem immer wichtiger werdenden Geschäft mit Daten. Das war es aber noch nicht an schlechten Nachrichten für Weimer in den vergangenen Wochen.

Ende August sorgten Schlagzeilen wie "Razzia bei Deutscher Börse" für trübe Stimmung bei dem Unternehmen aus dem Frankfurter Vorort Eschborn. Gleich zwei Mal innerhalb weniger Tage wurden Fahnder auf der Suche nach Beweisen für "Cum-Ex"-Aktiendeals zu Lasten der Staatskasse vorstellig. Im Fokus steht die Abwicklungs- und Verwahrtochter Clearstream der Deutschen Börse.

Ein Sprecher der Deutschen Börse erklärte, die Durchsuchungen erfolgten "im Rahmen von Ermittlungen gegen Kunden und Mitarbeiter". Der Konzern kooperiere "vollumfänglich" mit den Ermittlungsbehörden. Die Negativ-Schlagzeilen und der Rückschlag bei seinen Übernahmeplänen sollen aber nicht über die bisherige Erfolgsgeschichte des früheren HVB-Chefs Weimer hinwegtäuschen.

Ihm gelang es, den Fokus des Börsenbetreibers wieder auf das Kerngeschäft zu lenken und weg von der 2017 abermals geplatzten Übernahme der London Stock Exchange sowie den anschließenden Insiderskandal um seinen Vorgänger Carsten Kengeter abzuschütteln. Mit einem Mix aus Wachstum aus eigener Kraft und Übernahmen sowie einem Sparkurs sorgte er in den vergangenen Quartalen für steigende Umsätze und Gewinne - und das sollte auch in den kommenden Jahren anhalten.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Weimers Kurs kommt auch bei den Investoren gut an. Seit seinem Amtsantritt zog der Kurs der Aktie um mehr als 40 Prozent an und damit so viel wie kaum ein anderer Dax-Wert. In den vergangenen Handelstagen brachte die Hoffnung auf die Aufnahme in den EuroStoxx 50 und damit den Börsen-Olymp der Eurozone neuen Schwung. Damit zieht das Papier ein noch stärkeres Interesse institutioneller Investoren an.

Seitdem sich am Freitag für einige Investoren die Index-Aufnahme überraschend abgezeichnet hatte, zog der Kurs um rund sieben Prozent an. Damit war dann die kurze Schwächephase nach den Razzien bei Clearstream ad acta gelegt. Am Montag stieg der Kurs mit 137,50 Euro auf den höchsten Stand seit dem Börsengang 2001 - damit ist das Krisenjahr 2017 auch am Kapitalmarkt mehr als abgehakt.

Mittlerweile bringt es die Deutsche Börse auf eine Marktkapitalisierung von 26 Milliarden Euro, was sie zum mit Abstand wertvollsten Finanzkonzern am Standort Frankfurt macht. Das Unternehmen ist inzwischen deutlich mehr wert als die Deutsche Bank (13,7 Mrd Euro) und die teilverstaatlichte Commerzbank (6,3 Mrd Euro) zusammen.

Doch trotz der jüngsten Investoren-Zuneigung bleibt ein Wermutstropfen für das Unternehmen aus dem Frankfurter Vorort Eschborn. Obwohl der deutsche Konzern gemeinsam mit der LSE zu den wertvollsten Börsenbetreibern Europas gehört, bleiben die großen Konkurrenten aus den USA wie die CME oder IntercontinentalExchange, zu der zum Beispiel die New York Stock Exchange (NYSE) gehört, in weiter Ferne.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die Experten sind beim Blick auf die Aktie weiter optimistisch - und das, obwohl der Kurs nach der jüngsten Rally ein paar Euro über dem durchschnittlichen Kursziel von rund 130 Euro liegt. Von den 24 bei Bloomberg erfassten Analysten raten nur drei zum Verkauf, sieben dagegen weiter zum Kauf - die Spanne der Kursziele reicht dabei von 110 bis 145 Euro.

Zu den Optimisten zählt zum Beispiel UBS-Analyst Michael Werner, der sein Kauf-Votum mit einem Kursziel von 140 Euro erst vor kurzem nach den Razzien bei Clearstream bestätigte. Auf der Seite der Häuser mit einer Verkaufsempfehlung steht zum Beispiel Metzler, auch wenn die Experten der Bank Ende vergangener Woche leicht auf 118 Euro erhöht hatten./zb/eas/mis