MADRID (dpa-AFX) - Die spanische Großbank Santander tauscht überraschend ihren Chef aus. Andrea Orcel von der schweizerischen Großbank UBS soll Anfang 2019 den bisherigen Santander-Chef Jose Antonio Alvarez ablösen. Die Personalie könnte die Diskussion über mögliche Bankfusionen in Europa weiter befördern. Der Italiener Orcel gilt als ein Anhänger von Zusammenschlüssen im Bankensektor. In der Führung der UBS zeichnete er seit 2014 für die Investmentbank verantwortlich.

Die Santander-Aktie reagierte am Mittwoch kaum auf die Nachrichten. Kurz nach Handelsstart legte ihr Kurs um 0,10 Prozent zu.

Alvarez, der Santander seit 2015 führt, soll künftig nur noch das Geschäft auf dem Heimatmarkt Spanien beaufsichtigen. Außerdem wird er Vize-Verwaltungsratschef des Konzerns, wie Santander am Dienstagabend nach Börsenschluss mitteilte. Die UBS besetzt ihre Investmentbank-Führung nun mit einer Doppelspitze aus Piero Novelli und Robert Karofsky.

Der bisherige UBS-Manager Orcel ist bei der spanischen Santander kein Unbekannter. Er war ein Vertrauter des langjährigen Verwaltungsratschefs Emilio Botín - dem Vater der heutigen Verwaltungsratschefin Ana Botín. Emilio Botín hatte wie kaum ein anderer Banker reihenweise Übernahmen eingefädelt. Orcel war als externer Berater Botíns an solchen Deals beteiligt.

Seine Berufung zum Santander-Chef verstehen manche daher als Signal, dass sich die spanische Großbank an Fusionen und Übernahmen in der Branche beteiligen könnte. "Es gibt eine kulturelle Übereinstimmung zwischen Santander und Orcel: Mut und unstillbaren Appetit auf große Zusammenschlüsse im Bankensektor", sagte Fondsmanager und Branchenexperte Gildas Surry vom französischen Vermögensverwalter Axium Alternative Investments.

Nach den Gerüchten über mögliche Fusionen der Deutschen Bank mit der Commerzbank und der französischen Societe Generale mit der italienischen Unicredit könnte auch Santander eine Rolle im Übernahmepoker spielen wollen, schätzt Surry.

Unter Ana Botín war die spanische Großbank in den vergangenen Jahren von größeren Übernahmen abgerückt. Nach der Finanzkrise 2008/2009 hatte sie sich darauf konzentriert, die Bilanz zu stärken.

Auch ein Bericht im "Handelsblatt" vom Mittwoch gibt den Gerüchten über denkbare Bankenfusionen neue Nahrung. Dem Artikel zufolge sollen Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank eine Reihe von Szenarien durchgespielt haben, darunter auch einen Zusammenschluss mit der Commerzbank - und der UBS. Dabei habe sich die UBS als die interessantere Option erwiesen, auch weil es mit dem Schweizer Geldhaus weniger Überschneidungen gebe als mit der heimischen Konkurrentin Commerzbank.

Derzeit gelte eine Fusion aber als "komplett unrealistisch", zitiert die Zeitung einen Insider. Die Deutsche Bank wollte sich auf Nachfrage des "Handelsblatts" nicht dazu äußern./stw/men/fba