LONDON/FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank spielt für den Fall einer Fusion mit der Commerzbank laut einem Pressebericht eine milliardenschwere Kapitalerhöhung durch. Der Dax-Konzern diskutiere intern über die Ausgabe neuer Aktien im Umfang von 3 bis 10 Milliarden Euro, berichtete die "Financial Times" (FT) am Donnerstag in ihrer Online-Ausgabe und berief sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen.

An der Börse wirkte sich die Nachricht deutlich aus: Die Deutsche-Bank-Aktie sackte kurz nach Mittag um rund vier Prozent ins Minus und verharrte zunächst auf diesem Niveau. Seit der offiziellen Bestätigung der Fusionsgespräche Mitte März hat sie damit fast acht Prozent an Wert verloren. Für die Commerzbank-Aktie ging es am Donnerstag um gut drei Prozent abwärts - das entspricht etwa dem Kursverlust seit Mitte März.

Ein Sprecher der Deutschen Bank wollte die Überlegungen zu einer Kapitalerhöhung nicht bestätigen. "Es ist zum aktuellen Zeitpunkt viel zu früh, um eine glaubhafte Aussage darüber zu treffen, ob es überhaupt einen potenziellen Kapitalbedarf gibt", sagte er auf Nachfrage. Die Summe von 10 Milliarden Euro entspräche rund 40 Prozent des bisherigen gemeinsamen Börsenwerts der größten deutschen Geldhäuser.

Einer Studie der DZ Bank zufolge bräuchte die Deutsche Bank etwa 8 Milliarden Euro, um die Integration der Commerzbank und die Neubewertung von Vermögenswerten zu stemmen. Andere Experten gingen bereits von zweistelligen Milliardenbeträgen aus.

Deutsche Bank und Commerzbank hatten am 17. März nach monatelangen Spekulationen angekündigt, Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss zu führen. Allerdings betonten beide Seiten, dass eine Fusion keineswegs ausgemachte Sache sei. Spätestens bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen am 26. April will sich die Deutsche Bank zum Fortgang der Gespräche äußern, wie Aufsichtsratschef Paul Achleitner am Mittwoch sagte.

Geld für den Zusammenschluss könnte sich die Deutsche Bank möglicherweise auch durch eine Trennung von ihrer Fondstochter DWS beschaffen, die sie im vergangenen Jahr bereits an die Börse gebracht hatte. Spekulationen darüber gibt es bereits seit einigen Tagen. Die DWS ist an der Börse rund 5,9 Milliarden Euro wert. Der Deutsche-Bank-Anteil von 78 Prozent wird demnach mit rund 4,6 Milliarden Euro bewertet. Die "Financial Times" zitierte allerdings eine mit der Sache vertraute Person, ein Verkauf der DWS werde bei der Deutschen Bank nicht ernsthaft erwogen.

Am Donnerstag deutete Europas größte Fondsgesellschaft Amundi ein mögliches Interesse an der DWS an. Dank seiner Erfahrung bei Fusionen komme Amundi eine natürliche Rolle bei der Konsolidierung des europäischen Marktes zu, sagte Amundi-Vorstandsmitglied Valerie Baudson dem "Handelsblatt" auf die Frage nach möglichen Kaufabsichten für die DWS. Die DWS-Aktie legte nach Veröffentlichung des Berichts am Donnerstag vorübergehend um bis zu 2,4 Prozent zu. Nach der ersten Begeisterung schmolzen die Kursgewinne aber schnell wieder auf 0,5 Prozent zusammen.

Amundi gehört mehrheitlich der französischen Großbank Credit Agricole. Angesichts der Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank wurde bereits über einen Verkauf der DWS spekuliert. Als mögliche Interessenten wurden auch Europas größter Versicherer Allianz sowie andere Unternehmen gehandelt, die ihre eigenen Fondsgesellschaften möglicherweise stärken wollen. Für den Münchner Allianz-Konzern ist sie Insidern zufolge jedoch bislang kein Thema./stw/stk/jha/