DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Handelskonzern Metro steht erneut vor einer Zeitenwende. Gut ein Jahr nach der Abspaltung der Unterhaltungselektronik, die unter dem Namen Ceconomy nun eigene Wege geht, bereitet das Management um Vorstandschef Olaf Koch den nächsten Einschnitt vor: Er will die Supermarktkette Real verkaufen. Hinzu kommt ein neuer Großaktionär bei der Metro. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky kauft munter Metro-Anteile hinzu und dürfte dadurch bald das Sagen bei dem Konzern haben.

DIE LAGE BEI DER METRO:

Nur binnen weniger Wochen hat die Metro gleich zwei wichtige Aktionäre verloren. Ende August kündigte der Duisburger Traditionskonzern Haniel an, seinen Metro-Anteil von 22,5 Prozent in mehreren Schritten zu verkaufen. Mehr als fünf Jahrzehnte hatte die Liaison der beiden Unternehmen da bereits überdauert. Kurz darauf meldete der Elektronikhändler Ceconomy, einen Abnehmer für ein Paket über 9 Prozent der Metro-Aktien gefunden zu haben. Käufer ist in beiden Fällen der tschechische Geschäftsmann Kretinsky. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Patrik Tkac kaufte der 43-Jährige jeweils zunächst eine erste Tranche, mit der Option später auch die restlichen Anteile zu übernehmen. Passiert das, käme er auf über 30 Prozent der Metro-Aktien und müsste dann ein Übernahmeangebot abgeben.

Zu seinen Plänen mit der Metro schweigt Kretinsky. Der Selfmade-Milliardär hatte sich bislang auf die Energie- und Industriebranche konzentriert. Zu seiner Holding EPH gehört etwa die frühere Vattenfall-Braunkohle-Sparte in Ostdeutschland. Mit der Metro fällt ihm nun ein Handelskonzern zu, der sich schwer tut. Das wichtige Großhandelsgeschäft ist stark auf Russland ausgerichtet. Hier hat sich der Konzern mit einer verfehlten Preisstrategie schwere Patzer geleistet, an deren Behebung er derzeit mit Hochdruck arbeitet.

Probleme bereitet seit Jahren die renditeschwache Kette Real, die im Wettbewerb mit Supermarktriesen wie Edeka und Rewe sowie Discountern wie Aldi und Lidl noch immer ihren Platz sucht. Mit einem Verkauf der 282 Real-Märkte in Deutschland versucht Metro-Chef Olaf Koch nun das problembehaftete Kapitel zu schließen. Mit im Verkaufspaket sind 65 Immobilien. Welche Interessenten es gibt, ob Finanzinvestoren, Immobilienkonzerne oder Handelsunternehmen, wollte Koch nicht sagen. Mit einem Abschluss rechnet der Konzernchef nicht vor dem Frühjahr 2019.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die angekündigte Trennung von Real und damit vom schwächsten Glied der Gruppe stößt bei Analysten auf ein positives Echo. Der Verkauf sei strategisch der richtige Schritt, heißt es übereinstimmend. Störungsfrei dürfte er aber nicht über die Bühne gehen, zumal das Metro-Management Real als Ganzes verkaufen will. Das werde die Kartellbehörden auf den Plan rufen, glaubt Analyst Herbert Sturm von der DZ Bank. Als nachteilig für den Verkaufsprozess könnte sich auch erweisen, dass die bestehenden hohen Verlustvorträge bei Real nicht auf einen möglichen Käufer übergehen können.

Es gibt wenige Länder, in denen im Lebensmitteleinzelhandel mit ähnlich harten Bandagen gekämpft wird wie Deutschland. Einen Käufer aus der Branche kann sich daher Gerold Deppisch von der Landesbank Baden-Württemberg nur schwer vorstellen. Ebenso wie Bruno Monteyne von Bernstein Research hält er einen Onlinehändler wie Amazon oder einen Finanzinvestor für die wahrscheinlichere Variante. Dabei sei aber noch nicht nicht erwiesen, ob Amazon überhaupt Interesse habe, so Monteyne.

Spekuliert wird unter Analysten auch über die Motive des neuen Metro-Investors Kretinsky. Die französische Großbank Societe Generale geht nicht davon aus, dass Kretinsky die Metro komplett übernehmen will. Aber Kretinsky werde eine aktivere Rolle einnehmen, als dies die Haniel-Familie getan hat, vermutet Andrew Porteous von der britisch-asiatischen Bank HSBC. Der Investor könne mehr Druck machen bei der Umsetzung der Strategie, das Markt-Portfolio auf den Prüfstand stellen und den Rückzug aus Ländern forcieren, in denen sich der Konzern nur mäßig schlägt - wie Belgien und die Niederlande.

Auf jeden Fall dürfte Kretinsky dem Metro-Management Beine machen, mehr Wert für die Aktionäre zu generieren, glaubt Porteous. Dass es dem Tschechen nur um das Immobilienvermögen der Metro geht, hält Christian Bruns von Equinet für unwahrscheinlich. Kretinsky habe in seinen früheren Transaktionen bewiesen, dass er weitreichendere Ziele verfolgt, als nur Cash aus dem Unternehmen zu ziehen, schreibt Bruns.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Ihren Ausgabekurs von 20 Euro haben die Metro-Aktien seit der Aufspaltung im Juli 2017 bisher nie wieder erreicht. Im Februar dieses Jahres setzte dann eine Talfahrt ein, die erst Ende Juli ihr Ende nahm. Zwischenzeitlich drohte die Aktie sogar unter die Marke von 10 Euro zu fallen. Metro-Chef Koch machte in Interviews unter anderem Spekulanten, die auf fallende Kurse setzen, für den schwachen Aktienkurs verantwortlich. Der Konzern hatte im Frühjahr mit einer Gewinnwarnung und einer unklar kommunizierten Russland-Strategie aber auch einiges dafür getan, die Anleger nachhaltig zu verunsichern.

Die Spekulationen um eine Übernahme der Metro sowie der angekündigte Real-Verkauf sorgten schließlich für Auftrieb bei den Papieren. Ende September kletterte ihr Kurs wieder auf 14 Euro. Die Bilanz auf Jahressicht fällt mau aus. Seit Jahresbeginn haben die Metro-Aktien rund 19 Prozent eingebüßt. Der Wertverfall brockte auch den Großaktionären Haniel und Ceconomy dicke Verluste ein, was deren Entscheidung zum Verkauf ihrer Pakete beschleunigt haben dürfte./she/stw/fba