BERLIN (dpa-AFX) - Private Sportwettenanbieter fordern angesichts der jahrelangen Hängepartie bei der Lizenzvergabe eine grundlegende Reform der Glücksspielregulierung in Deutschland. "Wir brauchen endlich einen Paradigmenwechsel", sagte der Hauptgeschäftsführer des Sportwettenverbandes (DSWV), Luka Andric, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Private als auch staatliche Anbieter sollten die Möglichkeit haben, in einem regulierten Rahmen Dienstleistungen anzubieten - wie in fast allen europäischen Ländern." Die Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass dies mit dem 2012 vereinbarten Glückspielstaatsvertrag der Länder unmöglich sei.

"Es reicht nun nicht mehr, weiter an gescheiterten Konzepten herumzudoktern", bekräftigte Andric. "Es geht im Kern um Rechtssicherheit." Die Länder sollten den Staatsvertrag neu verhandeln auf Basis des Hessen-Vorschlages. Die Zukunft der Glücksspielregulierung soll auch auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 17. März Thema sein.

Mit dem 2012 ausgehandelten Glücksspielstaatsvertrag konnten die Länder am staatlichen Lottomonopol festhalten. Sie sollten den Markt aber für Private öffnen und für sieben Jahre 20 Konzessionen an Sportwetten-Anbieter vergeben. Doch das Verfahren ist gescheitert - auch nach Gerichtsurteilen. Bisher wurde keine Lizenz vergeben. Die privaten Anbieter haben sich dennoch etabliert und agieren häufig mit Lizenzen aus dem EU-Ausland - aber ohne nötige Rechtssicherheit.

Der Markt floriert. Die versteuerten Wetteinsätze beliefen sich 2015 allein bei Sportwetten auf etwa fünf Milliarden Euro - einschließlich Dunkelziffern ist der Markt größer. Der Anteil der staatlichen Oddset Sportwetten der Landes-Lotteriegesellschaften, die als einzige offiziell erlaubt sind, ist minimal. Die von Ländern für die Lizenzvergabe gegründete ODS Oddset Deutschland Sportwetten GmbH ist wegen der Hängepartie ebenfalls zum Zuschauen verdammt.

Anfang Februar hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Vermittlung von Sportwetten an Anbieter im EU-Ausland vorerst nicht bestraft werden dürfe. Deutschen Behörden ist es faktisch untersagt, private Sportwettenvermittler ohne behördliche Erlaubnis mit Sanktionen zu überziehen.

Aus Sicht des Sportwettenverbandes stehen die Länder unter Zugzwang. Auch die EU-Kommission hat den Glücksspielvertrag unter die Lupe genommen. Hessen ist von den Bundesländern beauftragt worden, die Sportwetten-Konzessionen zu vergeben. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) tritt schon seit längerem dafür ein, den Glücksspielstaatsvertrag der Länder zu ändern.

Im Oktober hatte Hessen "Leitlinien" vorgelegt als Vorschlag an die anderen Bundesländer, den Vertrag anzupassen. Die Ziel des Gesetzgebers wie Jugendschutz, Bekämpfung der Spielsucht und Verbraucherschutz seien nicht erreicht worden, da mangels Ordnung völliger Wildwuchs entstanden sei, hatte Beuth argumentiert.

Vorgeschlagen wird unter anderem die Regulierung von Casino- und Pokerspielen im Internet oder die Aufhebung der Zahl der zu vergebenden Sportwettkonzessionen. Aber auch aus anderen Ländern gibt es Vorschläge, eine Einigung der Bundesländer ist offen.

Der Geschäftsführer der ODS Oddset Deutschland Sportwetten, Christoph Schmidt, hofft auf Entscheidungen, "die eine gezielte Änderung des Glücksspielstaatsvertrages im Bereich Sportwetten möglich machen". Nötig sei ein an den Zielen des Staatsvertrages orientiertes Konzessionsmodell, das mit klaren Vorgaben den Markt reguliere, aber lizenzierten Anbietern wirtschaftliches Handeln ermögliche: "Bis eine solche Neuregelung greift, braucht es praktikable Übergangsregeln", forderte Schmidt./sl/DP/zb