NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Die Ölpreise haben am Freitag ihre jüngsten Kursgewinne weitgehend verteidigt. Am Donnerstag waren sie auf dreieinhalbjährige Höchststände gestiegen. Hauptgrund für die Preiszuwächse waren weltpolitische Risiken nach der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA.

Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete zuletzt 77,46 US-Dollar. Das war ein Cent weniger als am Vortag. Ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Juni kostete 71,27 Dollar und damit acht Cent weniger als am Vortag. Vor dem Wochenende blieben die Preisschwankungen gering. Fundamentale Impulse gab es kaum.

Preistreibend waren zuletzt nicht nur die Spannungen zwischen den USA und Iran, sondern auch der Konflikt zwischen Israel und Iran gewesen. So hatte Israel zahlreiche militärische Stellungen Irans in Syrien attackiert und damit die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Ländern heraufbeschworen. Ein solcher Konflikt hätte vermutlich weitreichende Folgen für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens.

Für den Ölmarkt ist vor allem entscheidend, dass diese Region besonders ölreich ist. Iran ist zudem einer der größten Förderer innerhalb des Ölkartells Opec. Angebotsausfälle in dem Land, auch infolge neuer Sanktionen durch die USA, würden im Umfeld eines angespannten Ölmarkts mit ohnehin knappem Angebot erfolgen. Ausschlaggebend für das geringere Angebot sind eine seit längerem geltende Fördergrenze der Opec, ein Einbruch der Förderung im Krisenstaat Venezuela und eine konjunkturbedingt solide Nachfrage nach Erdöl.

"Die Opec scheint ihre verloren gegangene Preismacht wieder zurückzugewinnen", hieß es in einem Marktkommentar der Commerzbank. Denn der Preisausblick hänge jetzt maßgeblich von der Bereitschaft Saudi-Arabiens und anderer Opec-Staaten ab, die sich abzeichnende Angebotslücke zu schließen.

"Geht es der Opec um die langfristige Preisstabilität, sollte man spätestens auf dem Treffen in Wien in sechs Wochen die Bereitschaft signalisieren, mögliche Exportausfälle des Irans auszugleichen und das Kürzungsabkommen sogar vorzeitig auslaufen zu lassen." Verfolge man jedoch kurzfristigere Ziele, werde die Opec auf Beibehaltung ihrer Fördergrenze beharren oder eine mögliche Verlängerung über das Jahr 2018 hinaus diskutieren./jsl/he