DORTMUND/FRANKFURT (dpa-AFX) - Von Aufblühen gibt es bei Borussia Dortmund in diesem Frühjahr keine Spur. Nicht nur sportlich hat der Kurs des Fußball-Bundesligistes in den vergangenen Wochen einen deutlichen Knick gemacht, sondern auch an der Börse. Vor Weihnachten war die Perspektive noc aussichtsreich, nach nur einem Sieg aus den vergangenen acht Pflichtspielen herrscht nun aber Katerstimmung. Plötzlich droht der Revierclub am Saisonende doch wieder ohne Titel dazustehen - und die Aktionäre, die den Absprung verpassten, ohne ihre erhofften Gewinne.

DAS IST LOS BEI BORUSSIA DORTMUND:

Im Dezember sah es noch so aus, als ob die Borussia nach sieben Jahren wieder auf einen Meistertitel zusteuert - und so die jahrelange Dominanz des FC Bayern München brechen kann. Zeitweise hatte der Revierclub noch komfortable neun Punkte Vorsprung auf den großen Konkurrenten aus der bayerischen Hauptstadt. Während dort dem Neu-Trainer Niko Kovac ein rauer Wind entgegen wehte, schienen die Dortmunder mit der Verpflichtung von Lucien Favre ein besseres Händchen zu haben.

Wenige Wochen später herrscht Ernüchterung, der wochenlange Ausfall von Kapitän Marco Reus oder aber eine Formkrise bei dem in der Hinrunde noch so treffsicheren Stürmer Paco Alcacer ihre Spuren hinterlassen. Einst noch hoffnungsvoll in drei Wettbewerben vertreten, bleibt nach dem Aus im DFB-Pokal und der Champions League nur noch die Bundesliga als Chance für einen Titel. Dort behaupten die Dortmunder die Tabellenführung aber nur noch dank des besseren Torverhältnisses.

Im DFB-Pokal war Borussia Dortmund im Achtelfinale gegen Werder Bremen ausgeschieden und auch in der lukrativen Champions League kam das befürchtete Aus. Ein 0:3 aus dem Hinspiel gegen den englischen Spitzenclub Tottenham Hotspur erwies sich erwartungsgemäß als zu hohe Bürde. Neben dem sportlichen Aspekt ist dies auch ein finanzieller Rückschlag. Jede weitere Runde in der europäischen Königsklasse hätte zusätzliche Millionen in die Kasse gespült.

DAS SAGEN EXPERTEN:

Einem Börsianer zufolge ist beim Rennen um die deutsche Meisterschaft das Momentum im letzten Drittel der Saison ganz klar beim FC Bayern. Sportlich rückten die ehemals noch so nahen Ziele für die Westfalen damit überraschend schnell in weite Ferne, sagte der Händler. Die Angst, dass der BVB am Ende doch wieder ohne Titel bleibt, habe auch ihre Folgen für die Anleger. "Die bisherigen Kaufargumente für die Aktie fallen vorerst einmal weg", resümierte der Börsianer. "Die Nerven bei den Investoren liegen blank", sagte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank.

Für Analyst Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe tun Anleger aber gut daran, jetzt nicht in Panik zu verfallen. In seiner Betrachtung bietet das aktuelle Niveau bei der Aktie eine gute Kaufgelegenheit, er bleibt bei seiner Einschätzung der Aktie mit "Buy" und beruft sich bei seinem Kursziel von 10 Euro auf den ungebrochen vielversprechenden Substanzwert der Aktie, der vor allem auf dem Wert der Spieler und der Marke basiert. Wichtiger als deutsche Meistertitel seien hier die Teilnahme an der Champions League und weitere Transfererlöse.

So könnte zum Beispiel Jadon Sancho der nächste Spieler sein, der mit viel Gewinn weiterverkauft wird. Der gerade einmal 18 Jahre alte Engländer gehört in dieser Saison zu den Top-Scorern in der Bundesliga und wird immer wieder mit zahlungskräftigen Clubs aus der Premier League in Verbindung gebracht. Sein Marktwert wird beim Internetportal Transfermarkt.de derzeit auf 80 Millionen beziffert - ungefähr das zehnfache dessen, was die Dortmunder 2017 für das Talent bezahlt haben. Er gilt so noch vor dem Bayern-Dauerbrenner Robert Lewandowski als wertvollster Bundesligaspieler.

DAS MACHT DIE AKTIE:

2018 war zum Jahr der Renaissance bei Fußballaktien geworden: Plötzlich konnten Anleger mit den Aktien von Borussia Dortmund oder aber Juventus Turin wieder Geld verdienen. Weil es sportlich und auch finanziell gut lief für den Revierclub, mauserten sich die Papiere des BVB im vergangenen Jahr mit einem Anstieg um 30 Prozent sogar mit Abstand zum besten Mitglied im Kleinwerte-Index SDax. Dabei heimste die Managementebene auch für ihre Transferpolitik mit Millionenerlösen viel Lob ein.

Im November erreichte die Aktie mit 10,29 Euro ihr bisheriges Rekordhoch an der Börse. Dann aber war es mit der Herrlichkeit vorbei, spätestens zu Weihnachten war Talfahrt angesagt, weil plötzlich die sportlichen Erfolge ausblieben. Der Verkauf von Christian Pulisic für 64 Millionen Euro an den Londoner Stadtclub FC Chelsea konnte die Aktie im Januar nur kurz neu beleben. Mittlerweile stehen die Aktien nur bei etwas über 7 Euro, damit haben sie seit dem Börsenrekord knapp 30 Prozent an Wert eingebüßt.

Für Anleger ist es dabei ein zusätzliches Warnsignal, dass die Papiere neuerdings nach mehr als sieben Monaten wieder unter die 200-Tage-Linie abgesackt sind. Unter chartorientierten Anlegern gilt diese als wichtiges Kriterium für den längerfristigen Trend.

Für Investoren der ersten Stunde war die zeitweise Kursrally aber ohnehin nur Makulatur. Beim Börsengang im Jahr 2000 wurden die Papiere für 11 Euro an die Anleger verkauft - ein Wert, den sie im täglichen Börsengeschehen noch nie erreicht haben. 2009 war die Aktie nach jahrelangem sportlichem Mittelmaß und zeitweisen finanziellen Schwierigkeiten mit 0,82 Euro nur noch einen Bruchteil dessen wert. Davon ausgehend hatte sich der Wert zeitweise aber immerhin wieder mehr als verzehnfacht./tih/zb/mis