Wenn im Laufe dieses Monats nicht hinreichend sicher werde, dass die nach zwei Abstürzen weltweit gesperrte 737 bis Mitte Juli wieder fliegen dürfe, werde das Betriebsergebnis voraussichtlich um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr sinken, erklärte TUI am Dienstag. Durch längere Verträge über Ersatzflugzeuge falle dann eine Belastung von 300 Millionen Euro an. Schon nach bisherigem Stand werde es einen Einmaleffekt von 200 Millionen Euro geben, sodass der Betriebsgewinn auf Jahressicht um 17 Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro einbrechen würde.

Joussen sagte, er wolle über den Zeitpunkt einer Freigabe nicht spekulieren. Doch bisher ist nicht absehbar, dass Boeing zum angestrebten Termin Ende Mai grünes Licht dafür bekommt. Für den 23. Mai ist zunächst ein Treffen der US-Luftfahrtbehörde FAA mit den anderen Ämtern wie der europäischen EASA geplant.

Die Boeing 737 MAX muss seit Mitte März weltweit am Boden bleiben, wegen eines zweiten Flugzeugabsturzes mit vielen Todesopfern kurz nach dem Start. Als Unglücksursache wird vor allem eine Fehlfunktion einer Sicherheitssoftware vermutet, die Boeing mittlerweile aktualisiert und getestet hat. Joussen betonte, Sicherheit gehe vor. Deshalb müsse es eine felsenfeste Freigabe der Behörden geben, ehe TUI die Maschinen wieder in Dienst stelle und weitere Lieferungen annehme. Insgesamt hat der Reisekonzern 72 Exemplare des Verkaufsschlagers von Boeing bestellt. 15 waren schon im Einsatz, bis zum Sommer sollten acht weitere eingeflottet werden. Ende März hatte Joussen noch erklärt, am Auftrag insgesamt festhalten zu wollen. Jetzt ließ er die Frage nach einer Stornierung offen. TUI ist Joussen zufolge außerdem mit Boeing im Gespräch über eine finanzielle Entschädigung.

ÜBERKAPAZITÄT IN SPANIEN

Im ersten Halbjahr schlugen die Sonderkosten des 737-Ausfalls erst mit fünf Millionen Euro zu Buche. Der operative Verlust stieg vor allem wegen der schwächeren Nachfrage nach Spanien-Reisen und dem Preiskampf unter den Billig-Airlines Ryanair, Easyjet und Eurowings in Europa. Die Preise in Spanien waren in den vergangenen Jahren bei boomender Nachfrage stark gestiegen, da viele Urlauber die Türkei aus Sorge über Anschläge und politische Unruhen mieden. Jetzt kehrt sich der Trend um, weil Spanien den Verbrauchern zu teuer wurde und Bedenken über die Türkei schwinden. Doch die Türkei, wo TUI nicht ganz so viele Reisen verkauft wie für Spanien, sei erst im Sommerhalbjahr gefragt und bringe weniger Rendite ein. Auch der EU-Austritt Großbritanniens, der den Briten einen schwachen Pfund-Kurs einbrockt, und der Trend zum späten Buchen trugen dazu bei, dass die Sommerbuchungen bei TUI derzeit drei Prozent unter Vorjahr liegen.

Das branchenübliche Minus von Oktober bis März schnellte beim bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) auf gut 300 Millionen Euro nach minus 170 Millionen vor Jahresfrist. Der Umsatz des weltweit führenden Reiseanbieters stieg um 1,7 Prozent auf 6,68 Milliarden Euro. Gewinn warfen nur die eigenen Hotels und Kreuzfahrten ab. Joussen rechnet insgesamt mit einem "soliden Jahr in Zeiten der Konsolidierung".

Bei der Marktbereinigung in der europäischen Luftfahrt will TUI bislang aber nicht als Käufer auftreten, sondern "aktiver Beobachter" sein. So hat der Konzern kein Interesse an einer Übernahme der Airlines seines Rivalen Thomas Cook, von dem Lufthansa gerne die deutsche Condor übernehmen würde.