Der Autozulieferer Continental stellt wegen des wochenlangen Stillstands der Produktion alle Ausgaben und Investitionen auf den Prüfstand.

Das wirtschaftliche Umfeld habe sich seit Anfang März wegen der Pandemie noch einmal deutlich verschlechtert. "Wir haben daher den Druck auf die Kostenbremse noch einmal weiter erhöht", sagte Finanzchef Wolfgang Schäfer am Donnerstag bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen. Die Investitionen will der Dax-Konzern aus Hannover um mindestens 20 Prozent herunterfahren. Projekte werden verschoben und Pläne für Kapazitätserweiterungen auf Eis gelegt, um die Liquidität zu schonen. Hilfe vom Staat will Conti nicht beantragen.

"Im Moment gehen wir davon aus, dass wir durch die Krise ohne staatliche Hilfe durchkommen", sagte Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters im Interview. Er verwies auf die Bonitätsnoten der Ratingagenturen. Selbst wenn sich die Krise noch lange hinziehen sollte und möglicherweise eine zweite Welle komme, sehe sich der Konzern in der Lage, weitere Mittel am Kapitalmarkt aufzunehmen. Bei Anlegern kam das gut an. Die Conti-Aktie legte nach den Aussagen mehr als zwei Prozent zu.

Zu einer Prognose für das laufende Jahr sieht sich der Konzern wegen der Unsicherheit in der Krise weiter nicht in der Lage. Man wolle abwarten, bis sich ein Bild abzeichne, wie sich die Automobil- und Reifenmärkte mittelfristig entwickelten, sagte Schäfer. Derzeit sei das nicht möglich: "Im Moment sind wir nicht mal in der Lage, die nächsten vier Wochen zu prognostizieren." Bereits jetzt sei aber klar, dass Umsatz und Ertrag 2020 deutlich unter den Vorjahreswerten liegen werden.

Zu den Projekten, die Conti nach hinten schiebt, gehört die Entwicklung des vollautomatisierten Fahrens (Level 4 plus und 5). Dessen Realisierung steht ohnehin in den Sternen, da die gesamte Automobilbranche ihr Geld in der Krise zusammenhalten muss, sagte Schäfer. "Wenn man in dieser Zeit das ein oder andere schiebt und die Gelder nicht ausgibt, heißt das nicht, dass man den Markt insgesamt aufgibt oder aussteigt." Es würden lediglich einige Dinge etwas mehr in die Zukunft verschoben. "Vielleicht machen wir dann in 2022/2023 etwas höhere Aufwendungen, um wieder in die Spur zu kommen", sagte Schäfer und fügte hinzu: Es gehe jetzt darum, Einsparungen mit sofortiger Wirkung zu erzielen.

Conti geht davon aus, dass die Autoproduktion weltweit im zweiten Quartal um mehr als 40 Prozent einbrechen wird, vor allem in den von dem Coronavirus noch stark betroffenen Märkten in Europa und den USA. Die Autobauer Volkswagen, Daimler und BMW rechnen im zweiten Quartal operativ mit roten Zahlen. Ford hat angekündigt, dass sich der Verlust im Zeitraum April bis Juni im Vergleich zum Jahresanfang auf fünf Milliarden Dollar verdoppeln werde.

UMBAU BLEIBT AUF DER TAGESORDNUNG

Parallel arbeitet das Conti-Management um Konzernchef Elmar Degenhart weiter an der Neustrukturierung. Bereits Anfang März hatte der Konzern angekündigt, angesichts der sich verschlechternden Märkte dabei auch weitere Maßnahmen zu prüfen, um die Kosten zu senken. Diese sollten zu gegebener Zeit kommunizieren, hieß es nun. Die Ziele der Transformation würden durch die aktuelle Entwicklung nicht über den Haufen geworfen, betonte Schäfer.

Bei Conti halbierte sich der bereinigte Betriebsgewinn im Auftaktquartal binnen Jahresfrist auf 432 Millionen Euro. Die Rendite lag wie angekündigt bei 4,4 (Vorjahr 8,1 Prozent). Bereits Anfang April hatte Conti auf Grundlage von Schätzungen mitgeteilt, Umsatz und operativer Gewinn seien nicht ganz so stark geschrumpft wie befürchtet. Den endgültigen Zahlen zufolge sanken die Erlöse um elf Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Sie lagen damit am oberen Rand der zuvor geschätzten Bandbreite. Den lange geplanten Börsengang der Antriebssparte Vitesco hat Conti wegen der Pandemie bereits auf unbestimmte Zeit verschoben.