Die über Jahre erfolgsverwöhnten Düsseldorfer mussten deshalb im zweiten Quartal Rückgänge verkraften und strichen ihre Prognose zusammen. "Die Geschäftsentwicklung ist durch ein zunehmend schwieriges Marktumfeld belastet", sagte Konzernchef Hans Van Bylen am Dienstag: "Die Unsicherheit hat zugenommen." Henkel-Aktien reagierten mit deutlichen Verlusten. Die Anteilsscheine notierten am Vormittag mit einem Minus von über sieben Prozent bei 85,46 Euro und waren damit größter Dax-Verlierer.

Beim organischen Umsatzwachstum erwartet Henkel nun nur noch ein Plus von bis zu zwei Prozent, bislang waren es zwei bis vier Prozent gewesen. Das bereinigte Ergebnis je Vorzugsaktie (EPS) wird voraussichtlich noch stärker gegenüber dem Vorjahr schrumpfen als bislang erwartet. "Die Entwicklung im zweiten Quartal war vor allem von einer deutlich rückläufigen Nachfrage in wichtigen Abnehmerindustrien wie der Automobilindustrie geprägt", räumte Van Bylen ein. Henkel erwarte nun im zweiten Halbjahr keine Belebung der industriellen Nachfrage mehr – "im Gegensatz zu den bisherigen Einschätzungen".

"Die Misere setzt sich fort", schrieben Jefferies-Analysten. "Die neue große Frage ist, ob die anhaltend schrecklichen operativen Ergebnisse zu dramatischen Veränderungen (wie einem Wechsel im Management oder einer strategischen Prüfung des Kosmetikgeschäfts) führen, was wir kurzfristig nicht erwarten", erklärte Andrew Wood, Branchenexperte bei Bernstein.

"HENKEL IST NICHT IN DER KRISE"

"Henkel ist nicht in der Krise", betonte dagegen Van Bylen, der seit 2016 an der Spitze des Herstellers von Schwarzkopf, Pritt und Persil steht: "Wir haben die richtige Strategie." Fragen nach seiner persönlichen Zukunft wich er aus. Mit Investitionen in Digitalisierung, einer Stärkung der Marken und Innovationen solle Henkel wieder nachhaltig wachsen, kündigte der Belgier an. Der Düsseldorfer Konzern fährt rund die Hälfte der Umsätze im Geschäft mit Klebstoffen ein. Wichtiger Kunde ist hier auch die kriselnde Auto-Industrie. Bislang hatte Van Bylen erwartet, dass sich die Geschäfte in der Sparte im zweiten Halbjahr beleben. Doch nun rechnet er beim organischen Umsatz in dem Geschäft im Gesamtjahr schlimmstenfalls sogar mit einem Rückgang von einem Prozent.

Im Kosmetik-Geschäft, das der Manager von 2005 bis 2016 selbst im Vorstand verantwortet hatte, könnten die organischen Erlöse sogar um zwei Prozent sinken. In wichtigen Märkten wie China und Europa entwickelt sich das Massengeschäft mit Kosmetik-Produkten für Henkel negativ, die Sparte bleibe hinter den Erwartungen zurück, sagte Van Bylen. Ein Verkauf des kleinsten Henkel-Geschäfts nach Klebstoffen und Waschmitteln komme aber nicht infrage, machte er deutlich. Die Düsseldorfer kämpfen dort mit deutlich größeren Wettbewerbern wie etwa L'Oreal. Aber auch Beiersdorf zählt zu den Konkurrenten. Die Hamburger hatten Anfang August ihre Prognose bestätigt und peilen einen Umsatzanstieg zwischen drei bis fünf Prozent an.

Bereits im zweiten Quartal musste Henkel Federn lassen. Das bereinigte betriebliche Ergebnis (Ebit) sank um 8,6 Prozent auf 846 Millionen Euro, der Umsatz stagnierte bei 5,1 Milliarden Euro.