HAMBURG (dpa-AFX) - Der neue Chef des Konsumgüterkonzerns Beiersdorf, Stefan De Loecker, treibt die Weiterentwicklung des Nivea-Produzenten voran. Mit hohen Investitionen will der frühere Vize das Wachstum in der wettbewerbsintensiven Branche ankurbeln. Dafür nimmt er auch vorübergehend Einbußen bei der Rendite in Kauf. Das neue Strategieprogramm ist dabei keine Revolution. Es setzt eher auf den Maßnahmen seines Vorgängers auf. Nachdem Anleger zunächst verstimmt reagierten, ist die Aktie wieder auf Erholungskurs.

DAS IST LOS BEI BEIERSDORF:

Seit Anfang Januar ist De Loecker im Amt. Mit Spannung waren seine Pläne beim Hamburger Traditionskonzern erwartet worden, nachdem Vorgänger Stefan Heidenreich nach fast sieben Jahren an der Spitze seinen Posten räumte. De Loecker war zuvor die Nummer 2 im Konzern und kennt Beiersdorf aus dem Effeff. Ende Februar stellte der Manager seine Pläne vor. Diese werden nicht die Geschichte von Beiersdorf neu schreiben, aber ein Bruch mit der Strategie seines Vorgängers war auch nicht zu erwarten. Mit seiner "Blue Agenda" hatte Heidenreich den Konzern unter anderem verstärkt auf seine Kernmarken rund um die Hautpflege wie etwa Nivea konzentriert. Dazu stärkte er die Geschäfte in den Schwellenländern.

"Schneller, effizienter und einfacher" soll Beiersdorf nun werden, verkündete De Loecker. Außerdem wollen die Hamburger die Digitalisierung vorantreiben. Der Manager will zudem weitere Wachstumsmärkte in Asien erschließen, Beiersdorf noch stärker auf Hautpflege konzentrieren sowie in neue Produkte wie etwa Naturkosmetik investieren. Dabei schaut De Loecker in dem Bereich auch nach Zukäufen. Aber auch auf Gesichtsmasken oder Lippenpflege spezialisierte Firmen hat der Vorstand im Visier. Start-up-Firmen für Hautpflege sollen mit einem Venture-Kapital-Fonds im Volumen von 50 Millionen Euro gelockt werden. Große Übernahmen dürften damit wie in der Vergangenheit auch trotz voller Kassen nicht auf der Agenda stehen.

Ein Investitionsprogramm soll das Wachstum ankurbeln. In die Erweiterung der Produktpalette sowie in Kapazitäten und technologische Entwicklungen sollen jährlich 250 bis 350 Millionen Euro gesteckt werden. Vor allem der europäische Massenmarkt steht unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Nur für neue, innovative Produkte ist der Verbraucher auch bereit, mehr Geld zu bezahlen. Mit den Investitionen geht Beiersdorf einen ähnlichen Weg wie der Düsseldorfer Konkurrent Henkel, der ebenfalls mehr Mittel bereit stellt, um sein Wachstum anzukurbeln.

Ähnlich wie Henkel ist auch Beiersdorf dafür bereit, zunächst auf Rendite zu verzichten. 2019 wird ein Übergangsjahr, die operative Marge sieht De Loecker unter Vorjahresniveau. Mit einer Netto-Liquidität von 4,4 Milliarden Euro und einer robusten Bilanz könne das Unternehmen die künftigen Investitions- und Wachstumspläne problemlos realisieren, hatte De Loecker erklärt. Dabei setzte sich der neue Konzernchef selbst unter Druck: "Ich liefere, was ich verspreche."

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die Marktexperten verhalten sich derzeit mehrheitlich abwartend. Von den im dpa-AFX Analyser zusammengefassten Experten raten derzeit 14, die Aktie zu halten. Nur drei empfehlen das Papier zum Kauf, vier votieren sogar für einen Verkauf. Die Aussichten für das laufende Jahr wurden überwiegend mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen.

Analyst Andrew Wood von Bernstein Research erklärte mit Blick auf 2019 und 2020, Beiersdorf dürfte bei der Entwicklung von Margen, Barmitteln und dem Gewinn den meisten Konkurrenten hinterherhinken. Er sieht die Aktie hoch bewertet.

Eine, die die Aktie auf ihrer Verkaufsliste hat, ist Analystin Pinar Ergun von UBS. Sie hält bei dem Papier Vorsicht für angebracht. Das Management habe zwar die richtigen Schritte eingeleitet. Es sei aber nicht sicher, ob die Investitionen ausreichten, die gewünschte Wirkung auf die Wettbewerbsposition zu haben.

Die kanadische Investmentbank RBC brach hingegen zuletzt eine Lanze für Beiersdorf. Aus Sicht des Analysten James Edward Jones verdient die Entscheidung De Loeckers für Investitionen in zukünftiges höheres Wachstum Respekt. Die Anpassung der Profitabilitätserwartungen an die neue Realität biete Anlegern eine gute Einstiegschance. Der Experte lobte als Kursziel 100 Euro aus. Höhere Investitionen dürften das Umsatz- und Margenwachstum ankurbeln. Auch DZ-Bank-Analyst Thomas Maul geht davon aus, dass Ausgaben mittelfristig zu einer Verbesserung des Wachstums- und Margenprofils beitragen werden.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Investoren hatten Ende Februar verschnupft auf die Vorstellung des neuen Strategie- und Investionsprogramms reagiert und der Aktie einen Dämpfer verpasst, indem sie sie mit 80,60 Euro auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren drückten. Inzwischen hat sie sich davon etwas erholt und notiert um die 88 Euro. Seit Jahresbeginn hat die Aktie gut 3 Prozent verloren und sich damit schlechter entwickelt als der Dax, der im selben Zeitraum um fast 11 Prozent zulegte. Im 12-Monatsvergleich liegt das Papier mit gut 5 Prozent im Minus./nas/tav/jha/