BOHMTE (dpa-AFX) - Die große Hitze der vergangenen Tage hat die Ernteerwartungen der niedersächsischen Bauern abschmelzen lassen. "Bis vor zehn Tagen hatten wir den Eindruck, wir kommen da noch einigermaßen durch, aber diese sehr hohen Temperaturen der letzten zehn Tage haben den Pflanzen doch sehr wehgetan", sagte Karl-Friedrich Meyer vom Landvolk Niedersachsen am Mittwoch in Bohmte bei Osnabrück.

Die Lage sei regional unterschiedlich. So gering wie im vergangenen Jahr dürfte die Ernte 2019 nicht ausfallen, zu rechnen sei derzeit aber mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen, wenn es weiter so trocken bleibe. Im vergangenen Jahr ging die Erntemenge wegen der Dürre im Durchschnitt um 22 Prozent zurück.

Allein mit Blick auf das Land Niedersachsen seien die Unterschiede bei den regionalen Niederschlagsmengen groß, urteilten Experten. "Südlich der A 2 ist die Welt in Ordnung", sagte Jens Hottendorf vom Bundesverband Agrarhandel. Die geringen Niederschläge seien ein norddeutsches Problem. Der Getreide-Experte des landwirtschaftlichen Genossenschaftsunternehmens Agravis, Alfred Reisewitz, sagte, dass die Niederschlagsmengen in Süddeutschland trotz hoher Temperaturen höher seien. Auf dem Weltmarkt werde mit einer guten Ernte gerechnet.

Kritisch sahen die Diskussionsteilnehmer die Diskussionen um Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat und die Debatte um die Verschärfung der Düngeverordnung. In Politik und Gesellschaft werde nicht anerkannt, dass Pflanzenschutzmittel ein Beitrag zur Pflanzengesundheit seien, sagte Hottendorf. Die Branche müsse sich der Diskussion stellen und den Einsatz chemischer Mittel optimieren. Aber ohne chemischen Pflanzenschutz sei die Weltbevölkerung nicht zu ernähren.

Um den Grundwasserschutz zu verbessern, wird derzeit eine Verschärfung des Düngerechts diskutiert, die in mit Nitrat belasteten Gebieten eine Reduzierung der Düngung um 20 Prozent vorsieht. Davon wäre in Niedersachsen im Wesentlichen der Weser-Ems-Raum mit seiner Intensiv-Tierhaltung betroffen. Eine solche Reduzierung könne zu einer schlechteren Getreidequalität führen, so dass sich die Ware nicht mehr zu einem auskömmlichen Preis verkaufen ließe, warnte Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke: "20 Prozent unter Bedarf zu düngen, damit können wir uns nicht abfinden, auch nicht wegen der Klimabilanz, denn das führt zu Humusabbau, und das wollen wir nicht."

Die Forderung nach einer pauschalen Reduzierung der Düngung um 20 Prozent in den betroffenen Gebieten komme nicht von der EU-Kommission, sondern stamme von der Politik in Deutschland, sagte Schulte to Brinke. Erfahrungen in Dänemark hätten gezeigt, dass diese Maßnahme auch nicht zum Erfolg führe: "Ich bin Optimist und hoffe, dass es doch nicht dazu kommt."/eks/DP/mis