DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Druck auf den Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer wegen der Kursverluste infolge der Glyphosat-Prozesse nimmt weiter zu. Nun fordert die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die am Freitag auf der Tagesordnung der Hauptversammlung stehende Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen.

"Aufgrund der aktuellen Situation ist es den Aktionären nicht möglich, eine abschließende, seriöse Entscheidung über die Entlastung von Vorstand und auch Aufsichtsrat zu treffen", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler laut Mitteilung am Dienstag in Düsseldorf. "Die Bayer-Führung verweist fortwährend auf die langfristige Sinnhaftigkeit der Monsanto-Übernahme, die Aktionäre dagegen sehen den massiven Verlust in ihren Depots und in der Reputation des Bayer-Konzerns."

Bayer hatte Monsanto im vergangenen Jahr für mehr als 60 Milliarden US-Dollar übernommen. Experten werfen dem Konzern vor, die Risiken des Kaufs angesichts von Klagen wegen angeblicher Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter unterschätzt zu haben. Mittlerweile hat Bayer zwei Geschworenen-Prozesse verloren, in denen die Kläger Entschädigungen von jeweils fast 80 Millionen Dollar zugesprochen bekamen. Bayer, das die Sicherheit von Glyphosat beteuert und auf zahlreiche entsprechende Studien verweist, will in beiden Fällen in Berufung gehen. Insgesamt gibt es aber schon Klagen von mehr als 11 000 Klägern.

Seit dem ersten Urteil hat die Bayer-Aktie mehr als ein Drittel an Wert verloren. Analysten halten potenzielle Schadenersatz- oder Vergleichszahlungen mittlerweile für mehr als ausreichend in den Kurs eingepreist, verweisen aber immer wieder auf die bestehenden Unsicherheiten. Zudem gehen die Schätzungen über die Höhe möglicher Kosten weit auseinander.

Mit dem Institutional Shareholder Services (ISS) und Glass Lewis hatten zuletzt bereits zwei einflussreiche Stimmrechtsberater empfohlen, dem Bayer-Vorstand die Entlastung zu verweigern. Die Empfehlungen von Stimmrechtsberatern haben vor allem bei Investoren im angelsächsischen Raum Gewicht.

Am Osterwochenende kündigte zudem Fondsmanager Ingo Speich von der Deka in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" Widerstand gegen Bayer an. "Die Deka wird auf der Hauptversammlung gegen die Entlastung von Vorstand wie Aufsichtsrat stimmen", sagte er in einem Interview. "Wir verstehen dies als ein Warnsignal."/mis/stw/jha/