Der Pharma- und Agrarchemiekonzern hält zwar an seinem umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat fest, will aber zugleich in Alternativen investieren. In den kommenden zehn Jahren sollen rund fünf Milliarden Euro in die Entwicklung zusätzlicher Methoden zur Unkrautbekämpfung gesteckt werden, wie Bayer am Freitag ankündigte. Ein Konzernsprecher schränkte auf Nachfrage allerdings ein, es handele sich dabei nicht um zusätzlich bewilligte Gelder.

Bayer-Chef Werner Baumann war im Zusammenhang mit der 63 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto - aus dessen Hause Glyphosat stammt - auf der Bayer-Hauptversammlung Ende April als erster amtierender Vorstandschef eines Dax-Konzerns von den Aktionären nicht entlastet worden. Denn die Rechtsstreitigkeiten rund um Glyphosat lasten schwer auf dem Aktienkurs des mit Aspirin groß gewordenen Traditionskonzerns. Glyphosat steht unter Verdacht, Krebs zu erregen. In den USA sieht sich Bayer deshalb mit etwa 13.400 Klägern konfrontiert. Zuletzt wurde der Konzern Mitte Mai zu mehr als zwei Milliarden Dollar Schadenersatz an ein krebskrankes Ehepaar verurteilt. In zwei vorherigen Fällen wurden den Klägern Schadenersatzzahlungen von insgesamt knapp 160 Millionen Dollar zugesprochen. Bayer hat Berufung eingelegt oder angekündigt, viele Experten gehen aber letztlich von einem teuren Vergleich aus.

Bayer verweist immer wieder auf Studien, die Glyphosat als nicht gesundheitsschädigend einstufen. Auch jetzt betonte der Konzern: "Glyphosat wird weiterhin eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft und in der Produktpalette von Bayer spielen." Zumindest aber in Europa läuft schon länger eine grundsätzliche Debatte darüber, wie lange das Herbizid überhaupt noch zugelassen sein soll. Auch deshalb steigt möglicherweise der Druck, Alternativen zu entwickeln. In Europa ist der Einsatz von Glyphosat noch bis 2022 zugelassen. Das Berliner Landwirtschaftsministerium hat aber an die Bauern appelliert, die Verwendung schon vorher einzuschränken.

GRÖSSERE OFFENHEIT?

Auch in einem anderen Punkt will Bayer umsteuern: Der Konzern - der zuletzt eingeräumt hatte, dass die Tochter Monsanto in mehreren Ländern geheime Kritiker-Listen geführt hat - will sich nun höhere Maßstäbe setzen für "Transparenz, Nachhaltigkeit und den Umgang mit allen Interessensgruppen". Beim anstehenden EU-Wiederzulassungsverfahren sei deshalb ein Pilotprojekt geplant: Forscher, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen seien eingeladen, die wissenschaftliche Vorbereitung aktiv zu begleiten.

Der Konzern versprach auch, die Umweltbilanz seiner landwirtschaftlichen Produkte zu verbessern und bis 2030 die Auswirkungen auf die Umwelt um 30 Prozent verringern. Dafür will Bayer nach eigenen Angaben neue Technologien entwickeln, die die Menge an Pflanzenschutzmitteln reduzieren und präzisere Anwendungen ermöglichen. In Entwicklungsländern will Bayer nur Pflanzenschutzprodukte auf den Markt bringen, wenn sie sowohl die lokalen Sicherheitsstandards erfüllen als auch die Anforderungen einer Mehrheit der acht führenden Zulassungsbehörde - darunter der EU und der USA. Der Konzernsprecher sagte auf die Frage, ob auch Mittel vom Markt genommen würden, dass es noch keine konkrete Liste gebe. Bayer werde sich sein Portfolio im Detail anschauen.

Börsianer nahmen die Ankündigungen verhalten auf: Bayer-Aktien lagen am frühen Nachmittag mit dem Gesamtmarkt knapp ein Prozent im Minus.