LEVERKUSEN/BONN (dpa-AFX) - Für den Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer wird seine diesjährige Hauptversammlung an diesem Freitag vermutlich ein ungewohnter Härtetest. Zum einen wollen Umweltaktivisten ihren Unmut über die Unternehmenspolitik samt Monsanto-Kauf bekunden

- sowohl vor den Toren des Bonner Kongresszentrums WCCB als auch in

der Halle als Kleinaktionäre. Solche Proteste ist die Leverkusener Chefetage zwar schon gewohnt. Neu ist in diesem Jahr aber scharfe Kritik aus Reihen von Großaktionären, die den Kurs des Managements in Frage stellen und den Kursverfall der Bayer-Aktie monieren.

So könnte die traditionell sehr hohe Zustimmungsquote für die Firmenchefs diesmal ungewohnt niedrig ausfallen. Der Großaktionär Deka will sogar gegen die Entlastung stimmen, die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will die Abstimmung zumindest vertagen. "Aufgrund der aktuellen Situation ist es den Aktionären nicht möglich, eine abschließende, seriöse Entscheidung über die Entlastung von Vorstand und auch Aufsichtsrat zu treffen", begründet dies DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

Noch vor einem Jahr wurde der Vorstand bei dem Aktionärstreffen mit gut 97 Prozent des vertretenen Grundkapitals entlastet. Am Freitag dürfte der Wert deutlich niedriger sein. Seine Entlastung hat der Vorstand zwar trotzdem so gut wie sicher. Ein Dämpfer wäre es trotzdem, wenn der Wert absackt. Das könnte die Stellung vom Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann schwächen.

Im Kongresszentrum sind die Aktionäre versammelt, draußen hingegen treffen sich Imker, Bauern, Umweltschützer und andere Konzernkritiker, um lautstark gegen Bayer zu protestieren. Bei mehreren Versammlungen sind insgesamt knapp 1000 Demonstranten angemeldet, wie die Polizei mitteilte. Die größte Gruppe unter ihnen sind die Klima-Aktivisten von "Fridays for Future".

Firmenboss Baumann hatte am Donnerstag die Zahlen für das erste Quartal 2019 vorgestellt. Die fielen positiv aus, der Umsatz kletterte auf gut 13 Milliarden Euro nach oben - das war besser als von Analysten erwartet. Als ein Wachstumstreiber erwies sich hierbei ausgerechnet die Agrarsparte mit dem aufgekauften Ex-Konkurrenten Monsanto - auch hierauf könnte Baumann verweisen, wenn er sich am Rednerpult im Kongresszentrum dem Publikum zuwendet.

Bayer hatte den Saatguthersteller Monsanto im vergangenen Jahr für rund 63 Milliarden US-Dollar übernommen. Experten werfen dem Konzern vor, die Risiken des Kaufs angesichts einer Klagewelle wegen mutmaßlicher Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter unterschätzt zu haben. Mittlerweile hat Bayer zwei Geschworenen-Prozesse verloren, in denen die Kläger Entschädigungen von jeweils fast 80 Millionen Dollar zugesprochen bekamen. Bayer, das die Sicherheit von Glyphosat beteuert und auf zahlreiche entsprechende Studien verweist, will in beiden Fällen in Berufung gehen. Insgesamt gibt es aber schon 13 400 Klagen./wdw/DP/zb