(neu: Aktienkurs aktualisiert)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz einer erneuten Schlappe in einem richtungweisenden Prozess um mögliche Krebsrisiken des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup haben Bayer-Aktien am Donnerstag hohe Kursverluste fast komplett wieder aufgeholt. Im frühen Handel waren die Papiere noch um mehr als drei Prozent den tiefsten Stand seit fast sieben Jahren abgesackt. Anschließend arbeitete sich der Kurs aber kontinuierlich aufwärts. Nach kurzem Dreh ins Plus schlossen die Papiere nur leicht im Minus.

Vorausgegangen waren dem zuletzt jedoch bereits hohe Kursverluste: Vom Zwischenhoch von Anfang des Monats bei über 73 Euro hatten die Papiere bereits fast ein Viertel an Wert eingebüßt. Angesichts der mit Roundup verbundenen hohen Risiken für den Bayer-Konzern hatten sich Anleger aus dem Investment Bayer immer stärker zurückgezogen.

Etliche Analysten sehen auf diesem niedrigen Kursniveau schon wieder eine Gelegenheit zum Einstieg. So bekräftigten am Donnerstag beispielsweise die Investmenthäuser UBS, Bernstein, Warburg, die Baader Bank und Goldman Sachs ihre Kaufempfehlungen für das Dax-Schwergewicht. Nach dem Kursrutsch der zurückliegenden Monate seien die Papiere nun attraktiv bewertet, sagte Analyst Keyur Parekh von Goldman Sachs. Einige Börsianer spekulieren zudem, dass Bayer nach den hohen Kurseinbußen zu einem Übernahmeziel werden könnte.

Am Mittwoch (Ortszeit) hatte eine Jury des zuständigen Bundesbezirksgerichts in San Francisco geurteilt, dass der von Bayer gekaufte Saatgutkonzern Monsanto für Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup haftbar ist und dem 70-jährigen Kläger Edwin Hardeman Schadenersatz in Gesamthöhe von 80,3 Millionen Dollar (71,4 Mio Euro) zahlen muss.

Analysten zeigten sich wenig überrascht von dem Urteil, nachdem die Jury in der ersten Phase des Prozesses bereits befunden hatte, dass Roundup ein wesentlicher Faktor für die Lymphdrüsenkrebserkrankung von Hardeman gewesen ist. Allerdings könnte die Höhe der Schadenersatzsumme enttäuschen, hatte Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan am Morgen bereits vermutet.

Einen kleinen Lichtblick sieht Vosser derweil in der Zusammensetzung der Summe: 5,3 Millionen Dollar sind regulärer Schadenersatz und 75 Millionen sogenannter Strafschadenersatz, der im US-Recht zusätzlich verhängt werden kann. Gerade letzterer könnte sich im Zuge der von Bayer angekündigten Berufung leichter reduzieren lassen als der reguläre Schadenersatz, glaubt der Experte.

Analyst Alistair Campbell vom Investmenthaus Liberum geht indes davon aus, dass nach dem Kursrutsch der vergangenen Monate bereits finanzielle Risiken durch die Glyphosat-Prozesse in Höhe von 40 Milliarden Euro eingepreist sind. Er rechnet mit Belastungen von letztendlich etwa 10 Milliarden Euro. Mit Blick auf die derzeit in den Hintergrund gerückte operative Entwicklung ist Campbell positiv gestimmt: Bayer dürfte bis 2023 schneller wachsen als der Gesundheitssektor. Vor diesem Hintergrund rät er zum Kauf der Aktien mit einem Kursziel von 90 Euro.

Seit einem für Bayer negativen Urteil im ersten Glyphosat-Prozess im vergangenen August haben die Papiere bereits rund 40 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Der Börsenwert des Konzerns liegt mit knapp 52 Milliarden Euro mittlerweile deutlich unter den rund 63 Milliarden Dollar (56 Mrd Euro), die die Leverkusener sich den Monsanto-Kauf hatten kosten lassen.

Angesichts des Kursverfalls hält es Analyst Markus Mayer von der Baader Bank für zunehmend wahrscheinlich, dass Bayer ins Visier aktivistischer Investoren gerät oder sogar zu einem Übernahmeziel wird. Bereits seit Monaten gibt es Spekulationen darüber, dass der US-Hedgefonds Elliott Bayer zu einer Aufspaltung drängt. Dieser ist dafür bekannt, sich in schwierigen Situationen bei Unternehmen einzukaufen und sich dann einzumischen./mis/bek/he