FRANKFURT/LONDON (dpa-AFX) - Unter den Investoren von Bayer geht am Montag nach einem spektakulärem Schadenersatzurteil gegen die Tochter Monsanto die Angst vor unabsehbaren finanziellen Folgen um. Die Aktien brachen um 11 Prozent auf den tiefsten Stand seit Herbst 2013 ein - der Börsenwert des Dax-Schwergewichts schmolz zeitweise um mehr als 10 Milliarden Euro.

Ein Geschworenengericht in den USA hatte Monsanto wegen angeblich verschleierter Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat zu einer Zahlung von 289 Millionen Dollar (253 Mio Euro) an einen Patienten verurteilt. Monsanto, das mit tausenden ähnlichen US-Klagen konfrontiert ist, wird dagegen in Berufung gehen. Was sagen die Aktien-Analysten nach dem Urteil?

Michael Leacock vom Investmenthaus Mainfirst:

Es sei noch viel zu früh, um das Problem nach diesem ersten Urteil rational abzuschätzen. Sollte sich Bayer - nach mehr verlorenen Klagen - irgendwann auf eine Einigung einlassen, könnten die Gesamtkosten leicht 10 Milliarden Dollar (8,8 Mrd Euro) erreichen. Dabei geht der Experte von einer Million Dollar je Fall und der doppelten Anzahl der aktuellen Kläger aus. Daher sorge das aktuelle Urteil, unabhängig davon ob es richtig oder falsch sei, für reichlich Unsicherheit für Bayer. Das dürfte für längere Zeit einen Schatten auf die Aktien werfen.

Stephen McGarry von der britischen Bank HSBC:

Das Urteil sei kein Grund, in Panik auszubrechen. Allerdings könnte der Monsanto-Kauf im Lichte des Urteils nunmehr weder gut getimed noch sonderlich klug aussehen. Bayer werde sich rechtfertigen müssen, wie genau es die Rechtsrisiken durch die Übernahme unter die Lupe genommen habe. Bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal Anfang September sei nun besonders spannend, wie hoch Bayer das finanzielle Risiko durch die Glyphosat-Klagen einschätzt.

Daniel Wendorff von der Commerzbank:

Das Urteil komme überraschend. Die Entscheidung sei eine Belastung für die Aktien von Bayer, zumal Monsanto vermutlich nur Rückstellungen von 250 Millionen Dollar gebildet habe. Die Rücklagen von Bayer für Rechtsstreitigkeiten hätten sich per Ende 2017 auf 393 Millionen Euro belaufen und seien wohl für andere Produkte vorgesehen gewesen.

Emmanuel Papadakis von der britischen Bank Barclays:

Monsanto werde gegen das Urteil zwar vorgehen, doch dürfte es Bayer Kopfschmerzen bereiten. Selbst wenn das Urteil später kassiert und die Zahlung reduziert werde, dürften nun mehr potenzielle Kläger auf den Zug aufspringen. In den USA dürfte sich derweil kaum etwas an der Geschäftssituation rund um Glyphosat ändern, während die Stimmung der Behörden in Europa getrübt werden könnte, nachdem die Zulassung für das Mittel in der EU nur vorübergehend verlängert worden sei.

Keyur Parekh von Goldman Sachs:

Bis weitere Klarheit über den Ausgang weitere Prozesse herrsche, werde das Thema auf den Aktien lasten.

Bernhard Weiniger von Indepent Research:

Auch wenn der Ausgang der Verfahren noch nicht einzuschätzen sei, hätten die - allerdings teils versicherten - Rechtsrisiken für Bayer zugenommen. Zudem könnte es langfristige Imageschaden geben, die nicht vergessen werden sollten./mis/ag/fba