Die Herrscherfamilie Al-Thani halte sich die Möglichkeit offen, bei einer Kapitalerhöhung mitzuziehen, sagten zwei mit den Überlegungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Scheichs sehen die Beteiligung an Deutschlands größtem Geldhaus als langfristig. Sie können die bisherigen Verluste aussitzen, wie einer der Insider betonte: "Katar glaubt, dass es für die Bank am Ende gut ausgehen wird." Allerdings gebe es den ausdrücklichen Wunsch, dass sich das Institut endlich wieder auf sein Tagesgeschäft konzentriere, um nicht weiter Marktanteile zu verlieren.

Nach eigenem Bekunden braucht die Bank im Moment zwar weder Hilfe vom Staat noch eine Kapitalerhöhung. Viele Anleger und Analysten sind aber skeptisch, weil der mit Spannung erwartete Vergleich im Hypothekenstreit mit den USA viel teurer werden könnte als gedacht. Eine Forderung des US-Justizministeriums von 14 Milliarden Dollar steht im Raum, die die Rückstellungen weit übersteigt. Der Verhandlungspoker läuft.

Aus der Politik bekam die Bank am Freitag ungewohnt klaren Rückhalt: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem kritisierte das Vorgehen des US-Justizministeriums im Interview mit Reuters: "Hoffen wir, dass das nur eine erste Forderung ist", sagte der Niederländer. "Solche Strafen sind völlig überzogen, sie schaden der Finanzstabilität." Die Bank brauche allerdings wohl frisches Kapital. "Hier ist ein Finanzinstitut, das umgebaut und gestärkt werden muss und das frisches Kapital besorgen muss. Es darf nicht sein, dass die US-Behörden dann eine noch größere Menge Geld herausziehen. Das ist, gelinde gesagt, kontraproduktiv."

Einem Insider zufolge trifft sich Deutsche-Bank-Chef John Cryan am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington am Wochenende mit Vertretern des Ministeriums.

Die großen Investmentbanken wittern dort bereits lukrative Geschäfte und bringen sich in Stellung, sollten die Frankfurter tatsächlich den Kapitalmarkt anzapfen müssen. Mehrere Insider berichteten, Cryan werde in Washington auch Top-Banker treffen. Die Gespräche liefen nach dem Motto: "Wenn Du uns brauchst, sind wir da." Konkrete Vorbereitungen für eine Kapitalerhöhung gebe es aber nicht. Dafür ist es noch zu früh. Erst müsste klar sein, wie hoch die Hypothekenstrafe ausfällt. "Eine Kapitalerhöhung jetzt wäre nur eine Einladung an die US-Behörden, noch mehr Geld zu fordern", sagte ein Investmentbanker. Anleger müssten dann fürchten, dass ihr frisches Geld gleich wieder weg ist.

Die Deutsche Bank könnte derzeit ohnehin nur auf rund fünf Milliarden Euro hoffen, selbst wenn sie den Kapitalrahmen voll ausreizt. Sie müsste neue Aktien zu je sieben Euro verramschen - das ist ein Abschlag von rund 30 Prozent auf den durch die Emission verwässerten Wert, wie Banker vorrechnen. Die Bank hofft, dass sie den Vergleich mit dem US-Justizministerium bis zur Präsidentenwahl Anfang November unter Dach und Fach bringen kann. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte in Berlin, die Bundesregierung habe ein Interesse daran, dass die Bank wieder "ein stabiles Kreditinstitut" werde.

EINE MILLIARDE EURO VERSENKT

Die Deutsche Bank wollte sich am Freitag weder zu Katar noch zu Cryans Gesprächen äußern. Die letzte Kapitalmaßnahme gab es im Frühsommer 2014 - damals stieg Katar mit rund zwei Milliarden Euro ein, zum Preis von 22,50 Euro je Aktie. Heute kostet das Papier 12,09 Euro. Der damalige Bankchef Anshu Jain hatte das Emirat an Bord geholt. Inzwischen haben die Scheichs - Optionen inbegriffen - Zugriff auf knapp zehn Prozent der Anteile. Damit sind sie zum größten Anteilseigner aufgestiegen, noch vor der US-Fondsgesellschaft Blackrock. Gelohnt hat sich das Investment für Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani und seinen Cousin Hamad bin Khalifa Al-Thani bisher nicht. Auf dem Papier haben sie etwa eine Milliarde Euro verloren.

Jains Versprechen, die Bank werde ihre Rechtsstreitigkeiten bald gelöst haben und könne dann wieder im Investmentbanking angreifen, hat sich nicht erfüllt. Die Weltspitze ist weit weg. Auch der Wechsel von Jain zu Cryan vor gut einem Jahr hat nicht geholfen. Die Bank steckt immer noch im Umbau und verdient kaum Geld. Die Dividende ist gestrichen. Doch dringen die Kataris im Moment weder auf Veränderungen im Top-Management noch auf einen erneuten Wechsel der Strategie, wie ein Insider berichtete. "Die Umsetzung ist das Problem, nicht die Strategie." Sollte sich die Herrscherfamilie dazu entschließen, bei einer Kapitalerhöhung mitzuziehen, wolle sie unter der 10-Prozent-Schwelle bleiben. Von den Scheichs war am Freitag keine Stellungnahme zu bekommen.

ALARM BEI DER WIRTSCHAFTSELITE

Unterstützung könnte die Deutsche Bank womöglich auch aus der Industrie bekommen. Vorstände einiger der 30 Unternehmen im Leitindex Dax hätten kürzlich Gespräche geführt, ob ihr eine symbolische Beteiligung helfen könnte, sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person zu Reuters. Laut "Handelsblatt" ist ein kleiner einstelliger Milliardenbetrag in der Diskussion. Die Bundesregierung begrüße eine solche Initiative. Konkrete Zusagen gibt es aber offenbar nicht. Der scheidende RWE-Chef Peter Terium, der in Frankfurt das Börsendebüt der Tochter Innogy feierte, hat kein Geld übrig. "Wir haben gerade Milliarden abgeholt am Kapitalmarkt mit dem Versprechen, das in Netze und in Erneuerbare Energien zu investieren", sagte er zu Reuters. Von einem Engagement bei der Deutschen Bank sei dabei keine Rede gewesen. "Insoweit kann ich und werde ich das auch nicht tun."

Unternehmen in diesem Artikel : BlackRock, Inc., Deutsche Bank AG, RWE AG, Daimler AG, BASF SE