LONDON (dpa-AFX) - Die britische Großbank Barclays geht vorsichtiger ins neue Jahr. Die konjunkturellen Unsicherheiten und das Dauerzinstief machten es schwerer, eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von mehr als 10 Prozent im Jahr 2020 zu erreichen, teilte der Konzern am Donnerstag in London mit. Dennoch solle die Eigenkapitalrendite, die im abgelaufenen Jahr knapp das untere Ende des Ziels von mehr als 9 Prozent erreicht hatte, 2020 deutlich steigen. Bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal hatte Konzernchef James Staley für 2020 noch konkret mit mehr als 10 Prozent geplant.

Zudem wurde bekannt, dass die britische Finanzaufsicht FCA frühere geschäftliche Beziehungen von Staley mit dem 2019 verstorbenen US-Unternehmer Jeffrey Epstein unter die Lupe nimmt. Epstein war mit schweren Missbrauchsvorwürfen konfrontiert und hatte im Sommer 2019 in Haft mutmaßlich Suizid begangen. Barclays stellte in diesem Zusammenhang klar, dass Staley ausreichend transparent über die Zusammenarbeit mit Epstein informiert habe. Zudem habe Staley seit seinem Amtsantritt als Barclays-Chef Ende 2015 keinerlei Kontakt mehr mit Epstein gehabt.

Anleger reagierten negativ. Der Aktienkurs fiel am Vormittag um 2,65 Prozent auf 174,48 Pence. Allerdings hatten die Papiere gerade in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres einen guten Lauf hingelegt. Vom Augusttief legten sie bis Dezember um bis zu rund 43 Prozent zu. Trotz des Kursrückschlags Anfang 2020 summieren sich die Gewinne seit August immer noch auf fast 30 Prozent.

Eine auf den ersten Blick positive Überraschung bei der harten Kernkapitalquote, die per Ende 2019 auf 13,8 Prozent gestiegen war, konnte die Stimmung der Investoren nicht aufhellen. Laut dem Analysten Martin Leitgeb von der Investmentbank Goldman Sachs geht die Überraschung denn auch vor allem auf niedrigere risikogewichtete Aktiva unter anderem wegen Änderungen an Risikomodellen zurück.

Derweil verdiente die Bank trotz einer milliardenhohen Schadensersatzzahlung an über den Tisch gezogene Kreditnehmer rund 2,5 Milliarden britische Pfund (rund 3 Mrd Euro) und damit 54 Prozent mehr als vor einem Jahr. Bereits im dritten Quartal hatte die Bank 1,4 Milliarden Pfund für weitere Zahlungen wegen unnötig verkaufter Restschuldversicherungen (PPI) zurückgestellt.

Rückenwind lieferten derweil unter anderem das Wachstum der Kundeneinlagen sowie ein stärkeres Investmentbanking. Die Konzernerträge wuchsen 2019 um 2 Prozent auf 21,6 Milliarden Pfund. Barclays-Chef Staley drückte zudem weiter auf die Kostenbremse. Das Verhältnis von Kosten zu Erträgen sank auf 63 Prozent. Mittelfristig soll der Wert unter 60 Prozent fallen.

Die Aktionäre sollen durch eine höhere Ausschüttung am Gewinnwachstum beteiligt werden. Die Dividende je Aktie soll auf 9 Pence steigen nach 6,5 Pence im Vorjahr./mis/stk/jha/