- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Der niedersächsische Stahlkonzern Salzgitter hat auf Rufe nach der Gründung eines großen deutschen Branchenführers mit Thyssenkrupp zurückhaltend reagiert.

Zwar würden sich Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann und Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz kennen und schätzen, so dass sie auch miteinander sprächen, erklärte Salzgitter am Mittwoch. "Allerdings gibt es keine 'Verhandlungen' zwischen den Unternehmen." Die Salzgitter AG blicke auf eine über zwei Jahrzehnte währende Erfolgsgeschichte ihrer Eigenständigkeit, hieß es in einer Stellungnahme. "Das schließt keineswegs aus, dass wir Konzepten zur Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen dann aufgeschlossen gegenüberstehen, wenn sie geeignet sind, auch uns perspektivische Vorteile zu bieten."

Die Niedersachsen sind nach Thyssenkrupp die Nummer Zwei in der deutschen Stahlbranche. Die stahlerzeugenden Gesellschaften des Konzerns erzielten zuletzt mit rund 8800 Beschäftigten einen Umsatz von gut drei Milliarden Euro. Thyssenkrupp Steel Europe beschäftigt rund 28.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete zuletzt Erlöse von knapp neun Milliarden Euro.

SALZGITTER MACHT CORONA ZU SCHAFFEN - DIVIDENDE AUSGESETZT

Thyssenkrupp Steel Europe hatte das Fusionsfieber in der unter der Coronakrise leidenden Schwerindustrie angefacht. Ein Zusammenschluss der Stahlgeschäfte von Thyssenkrupp und Salzgitter sei eine Option, hatte Merz am Dienstag betont. Es gebe für die Stahlsparte keine Tabus. Thyssenkrupp steht unter Druck. Steel Europe hatte im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019/20 einen operativen Verlust von 372 Millionen Euro eingefahren, der Gesamtkonzern verbuchte einen Nettoverlust von 1,3 Milliarden Euro.

Der IG-Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp ist, sprach sich für eine Beteiligung des Bundes an einem nationalen Champion aus. "Mit dem in der Corona-Krise von der Bundesregierung aufgelegten Fonds gibt es ein geeignetes Instrument für eine direkte Staatsbeteiligung an den Stahlherstellern", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagsausgabe) laut Vorabbericht. Die deutschen Hersteller sollten unter Beteiligung der Bundesregierung eine gute Lösung entwickeln. "Das Ergebnis könnte ein Zusammenschluss der heimischen Unternehmen mit Beteiligung des Staates sein."

Auch Salzgitter macht die Virus-Krise schwer zu schaffen. Der Vorstand schlug am Mittwoch vor, die Dividendenzahlung für 2019 auszusetzen und erstmals seit dem Börsengang 1998 keine Dividende auszuzahlen. "Die globalen Beschränkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten aufgrund der Corona-Pandemie wirkten sich auch auf den Geschäftsverlauf des Salzgitter-Konzerns erheblich aus", hieß es. Der Konzern hatte bislang eine Dividende von 20 Cent je Aktie an seine Aktionäre zahlen wollen.

Insidern zufolge ist Thyssenkrupp auch mit den Konkurrenten SSAB aus Schweden, Baosteel aus China und erneut Tata Steel Europe im Gespräch. Merz schloss auch einen Verkauf einer Mehrheit des Stahl-Bereichs ins Ausland nicht aus. "Es gibt keine Denkverbote", hatte sie betont.