Zürich (awp) - Die Schweizer Privatversicherer wachsen: Nicht nur im Schadengeschäft gewannen sie 2019 weiter an Gewicht, auch in der Lebensversicherung legten sie zu. Umstritten bleiben im Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) die Vorschläge zur Reform der Beruflichen Vorsorge.

Versicherungen wie Axa, Mobiliar oder Zurich haben gemäss Hochrechnungen des SVV die Nichtlebenprämien im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent auf 28,6 Milliarden Franken gesteigert. Dabei habe es Rückenwind von der Konjunktur gegeben, sagte SVV-Direktor Thomas Helbling am Donnerstag vor den Medien.

Am deutlichsten legte die Unfall- (+2,6%) und die Krankenzusatzversicherung (+2,7%) zu. Aber auch die Feuer-, Elementar- und Sachschadenversicherung (+2,0%) oder die Kategorie der "Übrigen Versicherungen" (+1,4%), wozu Rechtsschutz-, Kredit- oder Reiseversicherungen zählen, wuchsen.

Nach wie vor schwach entwickelt sich hingegen das Motorfahrzeuggeschäft, wo die Einnahmen um 0,5 Prozent zurückgegangen sind. Die Anbieter von Autoversicherungen bewegten sich in einem gesättigten Markt und seien stetigem Preisdruck ausgesetzt, sagte Helbling.

Lebengeschäft wächst

Aus dem Tief herausgefunden hat die Lebensversicherung. Da wuchsen die Einnahmen im zweiten Jahr in Folge, dies jedoch mit tiefen Raten. Im Berichtsjahr nahm dort das Volumen den SVV-Berechnungen zufolge um 0,6 Prozent auf 30,0 Milliarden Franken zu.

Im kleineren Einzellebenteil zogen die Einnahmen um 2,0 Prozent an. Vor allem anlagegebundene Lebensversicherungen waren da gefragt. Das Volumen im Kollektivlebengeschäft wuchs um moderate 0,4 Prozent.

Das sei angesichts der anhaltend tiefen Zinsen und dem sehr engen regulatorischen Korsett eine ansprechende Leistung, fuhr der Verbandsdirektor fort. Die Altersvorsorge ist gemäss den SVV-Vertretern die grösste "politische Baustelle", für die es möglichst bald Lösungen brauche.

Umstrittene Vorsorgereform

Im Sommer hatten die Sozialpartner Vorschläge zur Reform der zweiten Säule vorgelegt. Man einigte sich auf die Senkung des Umwandlungssatzes, Kompensationsleistungen für bestehende Rentner oder höhere Lohnbeiträge. Der Bundesrat hat den Ball aufgenommen und die Vorschläge in die Vernehmlassung geschickt.

Banken, Baufirmen, Detailhändler und Gewerbler lehnen aber den Plan ab. Und auch beim SVV hofft man auf Korrekturen. Zwar begrüsst Präsident Rolf Dörig den tieferen Umwandlungssatz, jedoch sind ihm die Kompensationszahlungen ein Dorn im Auge. Sie würden erneut zu Lasten der jungen Bevölkerung gehen, bei der das Vertrauen in das Dreisäulen-System sowieso abnehme.

Um eine im SVV breit abgestützte Meinung abgeben zu können, sei es noch zu früh, fügte Helbling an. Die Diskussionen dazu seien noch im Gange.

Nachhaltigkeit im Fokus

Die Versicherer wollen nicht nur das Schweizer Vorsorgesystem in sichere Bahnen lenken, das Thema Nachhaltigkeit sei auch sonst nicht erst seit Greta Thunberg oder den Schweizer Parlamentswahlen vom vergangenen Herbst ein wichtiges Thema für die Branche, stellte Dörig klar. Um dies zu unterstreichen, will der Verband im Frühling einen Nachhaltigkeitsreport publizieren.

Helvetia-Chef Philipp Gmür hob in seinen Ausführungen zur Nachhaltigkeit Massnahmen zum Schutz vor Naturkatastrophen hervor, welche die Versicherer gemeinsam mit der Öffentlichen Hand umsetzen. Und auch in Anlagefragen würden Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) seit Jahren von den Versicherern berücksichtigt. Als Anleger sind die Versicherer von Bedeutung: Ende 2018 haben sie Gelder im Umfang von 582 Milliarden Franken verwaltet.

Suche nach Personal

Nicht nur die Prämien, sondern auch die Zahl der Mitarbeitenden in der Versicherungsbranche wächst. Im vergangenen Jahr stieg sie um 2,5 Prozent auf 47'740.

Mit dem digitalen Wandel, den die Versicherer durchschreiten, würden unter anderen IT-Angestellte oder auch Spezialisten für die sozialen Medien rekrutiert, sagte Gmür. Aber auch für die Vertriebsabteilungen suchten die Firmen eifrig nach neuen Beratern.

mk/yr