FRANKFURT (dpa-AFX) - Was tut sich am Markt für Börsengänge (IPOs)? Die wichtigsten Entwicklungen, was die Experten sagen und welche Unternehmen hierzulande noch in den Startlöchern stehen.

DAS PASSIERTE BISLANG AM IPO-MARKT:

In Europa wurden seit Jahresbeginn mehrere Börsengänge abgesagt, nachdem die Schwankungen an den Aktienmärkten in den letzten Monaten deutlich zugenommen hatten. Hierzulande sorgte Anfang Mai der geplatzte IPO des Wissenschaftsverlags Springer Nature für Aufsehen.

In Deutschland entwickelten sich die Aktienkurse der Neulinge bislang unterschiedlich. Positiv heraus ragt der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers, der Mitte März zu einem Preis von 28 Euro an die Börse gekommen war. Die Aktien des Schwergewichts zogen zunächst deutlich an und erreichten Anfang April bei 35,60 Euro ihr bisheriges Rekordhoch, bevor es mit den Papieren zwischenzeitlich wieder recht deutlich nach unten ging. Die Anteilsscheine hielten sich aber über 31 Euro und notierten zuletzt bei gut 33 Euro.

Deutschlands zweitgrößter Börsengang in diesem Jahr aber enttäuschte bislang: Die Anteilsscheine der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank, fielen bereits einige Tage nach ihrem Börsendebüt Ende März deutlich unter ihren Ausgabepreis von 32,50 Euro. Zuletzt kosteten sie knapp 30 Euro. Aktuell notieren auch die Aktien des Gewerbeimmobilien-Spezialisten Godewind unter ihrem Ausgabekurs, wohingegen die Papiere des Telekomunternehmens NFon und des Softwareanbieters Serviceware im Plus stehen.

DAS SAGEN DIE EXPERTEN:

"Bei einem Börsengang ist das Timing wichtig. Derzeit ist das Umfeld für neue Börsenkandidaten schwierig", sagte Listing-Experte Martin Steinbach von der Unternehmensberatung EY. Die Vielzahl der geopolitischen Spannungen vom Iran-Konflikt bis zum Handelsstreit der USA mit diversen Staaten habe die Anleger hierzulande stark verunsichert, wie die Schwankungen an den Aktienmärkten und der Anstieg der Ölpreise zeigten.

Allerdings dürfte sich die Aufnahmebereitschaft Steinbach zufolge angesichts der weiter gut laufenden Konjunktur und des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes verbessern, so dass Anleger auch wieder unter den Börsenneulingen nach attraktiven Investitionsmöglichkeiten suchen sollten. Zumal neben dem richtigen Zeitpunkt auch weitere Investmentkriterien wie ein überzeugendes Management, eine starke Unternehmensgeschichte oder eine ausgewogene Preisindikation mit über den Erfolg eines Börsengangs entschieden.

Auch in Europa habe sich das Umfeld für Börsengänge zuletzt eingetrübt, ergänzte Georg Hansel, der Chef des Aktienemissionsgeschäfts der Bank of America Merrill Lynch im deutschsprachigen Raum. "Nach einem hervorragenden IPO-Jahr 2017 wird der Markt wieder anspruchsvoller". Da die Kursentwicklung einiger Börsenneulinge zuletzt teilweise enttäuscht habe, seien die Anleger nun etwas zögerlich. Die Investoren würden sich bei neuen Aktien sowohl Bewertung als auch Börsenstory noch genauer anschauen und wollten sich mehr Wertpotential sichern.

Insofern hat sich der IPO-Markt Hansel zufolge ein wenig vom allgemeinen Börsengeschehen entkoppelt. Denn insgesamt sei das Umfeld für Aktien weiter stabil und solide, da der Konsum, die Investitionen und die Exporte die Konjunktur antrieben. Wer vor diesem Hintergrund auf das Parkett wolle, sollte flexibel sein, wenn ein etwas schwierigerer Gesamtmarkt das erfordere. So sollte der Börsenkandidat notfalls bereit sein, seinen Börsengang um einige Monate nach hinten zu verschieben oder die Preiserwartungen an das Umfeld anzupassen.

DIESE UNTERNEHMEN WOLLEN SICH AN DIE BÖRSE WAGEN:

Trotz der aktuellen Schwankungen am Aktienmarkt könnten dieses Jahr noch einige Unternehmen an die Börsentür klopfen. So sieht sich der Bremsenhersteller Knorr-Bremse für einen IPO gut vorbereitet. Das Familienunternehmen ist weltweit führender Hersteller von Zug- und Nutzfahrzeugbremsen. Einem jüngsten Bericht des Manager Magazins zufolge gibt es aber wohl auch einige Übernahmeinteressenten, weshalb der Börsengang noch nicht konkret wurde.

Auch der Onlinemöbelhändler Home24 fühlt sich bereit fürs Parkett. Damit würde sich nach den Börsengängen des Essenslieferanten Delivery Hero und des Kochboxenversenders HelloFresh im vergangenen Jahr noch ein Unternehmen aus dem Reich des Start-Up-Brutkastens Rocket Internet auf das Parkett wagen.

Zudem strebt mit der STS Group AG ein weiterer Lieferant der Autoindustrie an die Börse. Im vergangen Jahr hatten schon der Zuliefer und Maschinenbauer Aumann sowie der Lkw-Ausrüster Jost Werke ihre Debüts gefeiert. Beide haben inzwischen ihre Ausgabepreise deutlich hinter sich gelassen./la/ag/fba