LUXEMBURG (dpa-AFX) - Der weltgrößte Stahlhersteller ArcelorMittal will zusammen mit dem italienischen Familienunternehmen Marcegaglia Europas größtes Stahlwerk Ilva übernehmen. Die beiden Firmen machten am Donnerstag ihr Gebot für die marode Fabrik im Süden Italiens öffentlich. Derzeit steht die Anlage unter staatlicher Verwaltung. Rund zwei Milliarden Euro Subventionen hat die italienische Regierung bereits locker gemacht. Die Konkurrenz läuft gegen die Hilfen Sturm.

Das Stahlwerk in der strukturschwachen Provinz Tarent ist das größte seiner Art in Europa mit einer Gesamtkapazität von 12 Millionen Tonnen im Jahr. Im vergangenen Jahr produzierte die Anlage allerdings nur 4,8 Millionen Tonnen. Wegen massiver Umweltverstöße wurde das Werk 2013 unter staatliche Verwaltung gestellt. Immer wieder stand die Schließung im Raum. In dem Werk arbeiten allerdings rund 11 000 Menschen. Deshalb will die Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi die Fabrik unbedingt erhalten.

ArcelorMittal betonte, dass es zunächst darum gehe, die Umwelttechnologie auf den neuesten Stand zu bringen. Danach soll die Produktion bis 2020 um rund ein Viertel auf mehr als sechs Millionen Tonnen pro Jahr erhöht werden. Die Bekanntgabe der Offerte sei der erste Schritt in einem Mehr-Phasen-Prozess. In den nächsten 120 Tagen solle es zunächst nur um Umweltthemen gehen. Danach werde die italienische Regierung mehr Klarheit über die nächsten Schritte des Verkaufsprozesses machen.

Finanzielle Details der Offerte wurden nicht bekannt gegeben. Interesse hatte zuletzt auch ein Konsortium um den italienischen Stahlhersteller Arvedi angedeutet. Zudem gibt es Gerüchte über ein Gebot des türkischen Stahlherstellers Erdemir.

"Wir haben uns die Bücher sehr genau angeschaut und sind zuversichtlich, dass wir mit gezielten Investitionen und einem robusten Plan das Werk wieder in die Erfolgsspur bringen können", erklärte ArcelorMittal-Manager Geert Van Poelvoorde. Ilva habe eine große Bedeutung für die italienische Wirtschaft. Um die massiven Verluste zu stemmen und die Zukunft zu sichern, brauche das Werk jetzt einen starken Partner, warb der Manager. Im ArcelorMittal-Konzern könne es von Größenvorteilen etwa im Rohstoffeinkauf profitieren.

In der Branche hoffen sie derweil, dass der Einstieg nicht mit neuen massiven Staatshilfen versüßt wird. Wer am Ende den Zuschlag erhalte, habe die Aufgabe, die Anlage zu sanieren, betonte ein deutscher Konkurrent auf Anfrage.

Den deutschen Herstellern sind die staatlichen Hilfen für Ilva seit langem schon ein Dorn im Auge. Die gesamte europäische Stahlbranche kämpft seit Jahren mit Überkapazitäten. Das drückt auf die Preise. Eine Marktbereinigung wird immer wieder gewünscht. Vor diesem Hintergrund gelten die Hilfen für Ilva vielen als Sündenfall, der die gesamte Branche belastet. Die EU-Kommission hatte zu Jahresbeginn die Subventionen zu prüfen begonnen./enl/jha/das