MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Ausbreitung von künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt wird nach Ansicht eines der führenden Experten bei all ihrer Wucht auch viele Jobs verschonen. In den kommenden 15 Jahren würden zwar viele Arbeitsplätze entweder eins zu eins durch Maschinen mit künstlicher Intelligenz besetzt - oder als Folge des strukturellen Wandels diverser Branchen wegfallen, sagte der KI-Forscher Kai-Fu Lee am Sonntag auf der Innovationskonferenz DLD in München. "Aber es gibt auch viele Gründe für Hoffnung."

Denn künstliche Intelligenz sei nicht gut in kreativen, strategischen Aufgaben, die Planung oder den Umgang mit Ungewissheit erforderten, betonte Lee. Sie sei eher ein Werkzeug, um auf Datenbasis Aufgaben in einem klar definierten Bereich zu lösen. "Wenn sie kreativ sind und etwas Neues aufbauen - diese Jobs sind sicher, künstliche Intelligenz kann das nicht." Sicher seien aber auch Arbeitsplätze, in denen Beziehungen zwischen Menschen im Mittelpunkt stünden. Lehrer, Krankenschwestern, Altenpfleger, Ärzte oder Reiseführer - bei solchen Jobs werde es sogar Zuwächse geben. "Denn künstliche Intelligenz kann nicht Vertrauen, Empathie und Mitgefühl im zwischenmenschlichen Umgang vortäuschen." Außerdem würden im KI-Umfeld auch ganz neue Arbeitsplätze entstehen. Aus diesen Gründen sehe er keine Gefahr von Massenarbeitslosigkeit.

Insgesamt sieht Lee China und die USA in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um die Führungsrolle bei künstlicher Intelligenz. Er rechne fest damit, dass chinesische Unternehmen, die heute im Heimatmarkt dominieren, ihre Technologien auch international an den Markt bringen werden, sagte der 57-Jährige, der unter anderem für Apple, Microsoft und Google gearbeitet hatte und jetzt als Investor aktiv ist. Die Gefahr für Europa sei, dass es bei der Dominanz von zwei solch großen Playern, "keine Bronze-Medaille gibt". Dabei sei die KI-Forschung auf dem Kontinent sehr stark - aber wenn es zum Geldverdienen komme, landeten die europäischen Fachleute dann im Silicon Valley./so/DP/he