LONDON (dpa-AFX) - Der Chipentwickler Dialog Semiconductor hat eine richtungsweisende Vereinbarung mit seinem wichtigsten Kunden Apple geschlossen - und stellt damit die Beziehung zu dem iPhone-Hersteller auf neue Füße. Dafür gibt der deutsch-britische Konzern einen Teil seines Geschäftes und seines Wissens an die Amerikaner ab und bekommt im Gegenzug neue Aufträge. Mittelfristig will sich Dialog Semiconductor von seinem Großkunden emanzipieren. Damit beendet der Chipentwickler die lange schwelende Unsicherheit über die weitere Zusammenarbeit. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was die Experten sagen und wie es für die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI DIALOG SEMICONDUCTOR:

Apple hat für Dialog eine besondere Bedeutung. Seit den Anfängen des iPhones beliefert der Entwickler die Amerikaner mit Chiptechnologien. Doch die Beziehung trübte sich zuletzt ein, da Apple ankündigte, wichtige Halbleiter selbst entwickeln zu wollen. Für Dialog ein Dilemma, ist das Unternehmen doch stark von Apple abhängig - zwei Drittel des Konzernumsatzes macht der Chipentwickler mit dem US-Konzern. Für diese Misere wurde nun eine Lösung gefunden, die beide Seiten zufrieden stellen soll. Dabei lizenziert Dialog gewisse Technologien für Chips zur Stromsteuerung (PMIC) an Apple aus. Die Amerikaner übernehmen zudem vier Standorte, davon zwei in Deutschland, sowie mehr als 300 Dialog-Ingenieure.

Gleichzeitig erhielt Dialog den Angaben zufolge ein breites Spektrum neuer Aufträge von Apple für Chips. Insgesamt 600 Millionen US-Dollar bekommt das Unternehmen für die Transaktion. Die Hälfte davon ist eine Vorauszahlung für die neuen Produkte, aus denen Dialog ab 2019 erste Umsätze erwartet, Tendenz steigend. Damit nimmt Dialog die Unsicherheit aus der Beziehung zu dem iPhone-Hersteller heraus. Apple kann die Entwicklung eigener Chips vorantreiben, bindet sich aber gleichzeitig längerfristig an Dialog.

Dialog will sich dagegen unabhängiger von Apple machen. In vier Jahren soll der US-Hersteller nur noch für höchstens 40 Prozent des Konzernumsatzes stehen. Dialog will dabei verstärkt um andere Kunden werben und sich neben dem Mobilgerätegeschäft auf weitere wachstumsträchtige Bereiche konzentrieren - wie das Internet der Dinge oder das Geschäft mit Autochips.

Mit dem Apple-Geld erhält das Unternehmen mehr finanzielle Flexibilität, um in diese Bereiche zu investieren. In die Verwendungszwecke eingeschlossen sind ausdrücklich auch Zukäufe. Hier war Dialog zuletzt weniger erfolgreich: Ende Juli war das Unternehmen mit einer Übernahme des Touchscreen-Herstellers Synaptics gescheitert, nachdem dieser einer Offerte ablehnend gegenüber stand.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Marktexperten halten die Vereinbarung mit Apple für sehr positiv für Dialog. Die neue Partnerschaft beseitige die vorherigen Unsicherheiten weitgehend, schrieb Analyst Veysel Taze von der Investmentbank Oddo BHF. Das Verhältnis mit Apple bleibe zudem "gesund". Er stufte die Aktie des im SDax und TecDax notierten Unternehmens sogleich auf "Buy" hoch.

Die Privatbank Hauck & Aufhäuser erhöhte ihr Anlageurteil ebenfalls auf "Buy". Die Vorhersagbarkeit der Geschäfte mit Apple habe sich stark verbessert, schrieb Analyst Robin Brass. Mitch Stevens vom Analysehaus RBC verwies auf die sich für Dialog Semiconductor ergebenden Einsparungen - das Unternehmen geht von 35 Millionen Dollar pro Jahr aus. Zudem wertete er die geplante Verbreiterung des Geschäfts und die vorgesehene sinkende Abhängigkeit von Apple als positiv.

Auch Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan betrachtet die Transaktion als gut für Dialog. Er nennt die Lizenzierung von bestimmten Powermanagement-Technologien an Apple letztlich einen "Verkauf" des auf Apple ausgerichteten PMIC-Geschäftsfeldes an den iPhone-Hersteller. "Dieses Geschäft von Dialog ist rückläufig und der Markt zugleich nicht bereit, ihm einen echten Wert beizumessen", begründete er. Der Wechsel von 300 Dialog-Ingenieuren zu Apple bedeute zudem keinen signifikanten Verlust eigener Arbeitskräfte, so Deshpande und verwies darauf, dass dieser Anteil etwa 16 Prozent der Arbeitskraft bei Dialog ausmache. Entsprechend könne sich Dialog ohne größere Störungen oder zusätzliche Kosten weiter auf die Ausweitung des wachstumsträchtigen Geschäfts mit anderen Kunden fokussieren.

Die so verbesserte Sicht in die Zukunft, die für mehr Sicherheit sorge, sei positiv für Investoren. Zudem eröffne die Vereinbarung ein beträchtliches Aufwärtspotenzial für die Aktien des Chipentwicklers, falls Dialog einen Großteil der nun zufließenden Barmittel an die Anleger ausschütte, schrieb der Analyst. Dialog hat bereits angekündigt, ein Aktienrückkaufprogramm auflegen zu wollen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Investoren haben geradezu euphorisch auf die Ankündigung Dialogs reagiert. Am Tag der Veröffentlichung legte das Papier in der Spitze auf 34 Prozent zu und schaffte zum Ende hin immer noch ein Kursplus von knapp 27 Prozent. Vergangenen November noch, als verstärkt Gerüchte zu Apples Ansinnen aufgekommen waren, künftig auch selbst Chips entwickeln zu wollen, war die Dialog-Aktie allein innerhalb weniger Tage um mehr als ein Drittel eingebrochen. Davon hat sich der Kurs trotz der satten Gewinne noch nicht wieder erholt. Er liegt immer noch ungefähr halb so hoch wie Anfang November 2017. Der Wertverlust für Aktionäre seit Beginn des Jahres liegt immer noch bei knapp 18 Prozent./nas/tav/fba