Der deutsche Luftraum werde für Maschinen dieses Typs gesperrt, erklärte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am Dienstag nach einem Bericht des TV-Senders n-tv. Zuvor hatte die Flugaufsicht Großbritanniens als erste Behörde in Europa ein Flugverbot verhängt. Frankreich, Irland, Österreich und die Niederlande folgten. Der Reisekonzern TUI lässt ebenso wie der Billigflieger Norwegian seine 737-MAX-Flugzeuge am Boden. Die Ursache des jüngsten Unglücks vom Sonntag ist weiterhin unklar.

"Sicherheit geht absolut vor", zitierte n-tv Minister Scheuer. "Bis alle Zweifel ausgeräumt sind, habe ich veranlasst, dass der deutsche Luftraum für die Boeing 737 MAX ab sofort gesperrt wird." In Deutschland gibt es demzufolge zwar keine Starts und Landungen, aber zahlreiche Überflüge dieser Maschine. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte den Medienbericht.

TUI erklärte, der Konzern wolle sich Zeit nehmen, um mit Behörden und dem US-Hersteller Boeing zu beraten. Der Flugzeugbauer bekräftigte nach den reihenweise erklärten Flugstopps in Europa und Asien, die US-Aufsichtsbehörde habe keine weiteren Schritte angefordert. Auf Basis der vorliegenden Informationen gebe Boeing keine neuen Empfehlungen an die Airlines heraus. Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA erklärte die Maschinen für flugtauglich. Die US-Fluggesellschaft Southwest Airlines, die den größten Teil der zurzeit gut 370 betriebenen 737 MAX fliegt, erklärte, sie vertraue auf die Sicherheit all ihrer Boeing-Flugzeuge.

Unterdessen versuchten Flugreisende scharenweise in sozialen Medien herauszufinden, ob sie auf eine 737 MAX-Maschine gebucht sind. Bis zum Mittag hoben schon fast 40 Prozent der bislang weltweit eingesetzten Boeing-Flieger dem Branchendienst Flightglobal zufolge nicht mehr ab, darunter knapp 100 Maschinen im größten Markt China.

SCHNELLE REAKTION DER BEHÖRDEN

Am Sonntag war in Äthiopien eine Boeing 737 MAX 8 der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Addis Abeba über Land abgestürzt. Dabei starben alle 149 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder. Bereits Ende Oktober war in Indonesien ebenfalls kurz nach dem Abheben eine neue Maschine diesen Typs ins Meer gestürzt. Auch hier ist die Ursache noch nicht geklärt. Die Black Box des Ethiopian-Flugzeugs wurde am Montag schon gefunden, so dass womöglich bald Klarheit herrscht, ob es an technischem oder menschlichem Versagen lag. Normalerweise dauern solche Untersuchungen aber ein Jahr. Ein ehemaliger Unfallforscher der US-Behörde FAA erklärte, die Behörden in China, Singapur und anderen Ländern handelten voreilig. "Es ist fast surreal, wie schnell einige Aufsehr das Flugzeug an den Boden beordern ohne faktische Informationen einer Untersuchung", sagte Mike Daniel.

Für den Airbus-Rivalen Boeing steht viel auf dem Spiel. Die neue Variante der 737, das bisher meist verkaufte Passagierflugzeug der Welt, soll für viele Airlines weltweit das wichtigste Arbeitstier werden. Bisher sind 4661 Flugzeuge bestellt. TUI hat zum Beispiel 15 außerhalb Deutschlands im Betrieb und weitere 72 schon fest geordert. Norwegian will von derzeit 18 bis Ende 2021 auf 70 Exemplare aufstocken. Die Lufthansa-Gruppe fliegt keine 737 MAX, sondern setzt auf den Airbus-Konkurrenten A320 neo.

Die US-Flugaufsichtsbehörde forderte von Boeing, angekündigte konzeptionelle Änderungen an dem Flugzeug bis April umzusetzen. Boeing will die Steuerungssoftware des betroffenen Flugzeugmodells aktualisieren. Der Konzern erklärte, schon vor Monaten mit dieser Entwicklung begonnen zu haben, "um ein jetzt schon sicheres Flugzeug noch sicherer zu machen." Das Software-Upgrade solle in den kommendem Wochen bei allen Maschinen aufgespielt werden.

Die Boeing-Aktie ging erneut in die Knie und verlor 6,7 Prozent. Damit büßte der Flugzeugbauer seit Wochenbeginn knapp 28 Milliarden Dollar an Börsenwert ein. Das entspricht mehr als dem Doppelten der Lufthansa-Marktkapitalisierung.