FRANKFURT (dpa-AFX) - Die lange Zeit erfolgsverwöhnten Anleger von Zalando haben einen Rückschlag hinnehmen müssen. Nachdem die Aktien des Online-Modehändlers noch am Dienstagvormittag ein Rekordhoch bei 45,48 Euro erreicht hatten, setzten bereits am Nachmittag bereits heftige Gewinnmitnahmen ein. Am Mittwoch setzte sich nun die Talfahrt bis auf 41,385 Euro fort. Damit lagen die Papiere zuletzt mit 3,37 Prozent im Minus. Zwischenzeitlich waren die Anteilsscheine gar mit einem Abschlag von mehr als 6 Prozent auf das Niveau von Mitte Mai zurückgefallen.

Nach Ansicht von Börsianern gab es zwei Anlässe für die Gewinnmitnahmen. Zum einen sorgte Amazon erneut für Unruhe unter etablierten Anbietern. So bietet der US-Onlinehändler seinen Bezahlkunden in den USA mit der "Prime Wardrobe" künftig die Möglichkeit, Mode zur Anprobe nach Hause zu bestellen.

Dabei liefert "Prime Wardrobe" ab einer Auswahl von drei Artikeln die Ware kostenlos an die Haustür. Kunden haben dann die Möglichkeit, die Kleidung sieben Tage lang anzuprobieren, bezahlt wird nur was sie behalten. Die anderen Artikel werden wieder kostenfrei zu Hause abgeholt. Beim Kauf mehrerer Kleidungsstücke lockt Amazon noch mit Rabatten.

Die Auswirkungen für Zalando oder auch die Branchenkollegen Asos und Boohoo seien zwar schwer abzuschätzen, sagte ein Börsianer. Sorgen bereite der Vorstoß von Amazon dennoch. Offenbar fürchten die Anleger eine Verschärfung des Wettbewerbs.

Dabei geht insbesondere die Furcht um, dass Amazon den Online-Modemarkt ähnlich in Aufruhr versetzten könnte wie Ende letzter Woche den stationären Lebensmittelhandel. Am Freitag waren die Amerikaner in einer Strategiewende groß in die Branche eingestiegen. Die angekündigte Übernahme der US-Biosupermarkt-Kette Whole Foods schickte Schockwellen durch den Sektor und ließ die Kurse betroffener Unternehmen wie etwa Ahold Delhaize oder Costco deutlich absacken.

Daneben dürften den Pessimisten auch vorsichtige Kommentare zur Marge auf der Kapitalmarktveranstaltung vom Vortag zupass gekommen sein, um nun Kasse zu machen. Analysten jedoch wollten dies nicht überbewerten. So räumte der Experte Volker Bosse von der Baader Bank zwar ein, dass sich der Profitabilitätsausblick etwas eingetrübt habe. Zalando setze seine Strategie aber wie versprochen um und verfüge über ein riesiges Wachstumspotenzial. Bosse verwies unter anderem auf das Partnerprogramm, mit dem Händler und Modehersteller ihren Warenbestand an Zalando andocken können.

Auch Analyst Charlie Muir-Sands von der Deutschen Bank äußerte sich eher optimistisch. Schließlich räume Zalando dem Wachstum weiterhin eine höhere Priorität ein als der Margenentwicklung. Die langfristigen Initiativen des Managements dürften profitabilitätssteigernd wirken.

Auf lange Sicht haben die Anleger derzeit auch kaum Grund zum Klagen. So haben die Aktien auf Sicht von 12 Monaten mehr als 50 Prozent an Wert gewonnen, während der MDax in diesem Zeitraum "lediglich" ein Plus von knapp einem Viertel schaffte./la/ag/fbr

Unternehmen im Artikel: Amazon.com, Boohoo.Com PLC, Zalando