PARIS (dpa-AFX) - Außenminister Heiko Maas (SPD) hat mehr Eigenständigkeit Europas bei der Digitalisierung gefordert. Wer das Internet beherrsche und die Regeln bestimme, entscheide, wer welche Informationen bekomme, wie Meinungen gebildet würden und letztlich wie demokratische Entscheidungsprozesse verliefen, sagte Maas am Dienstag beim Pariser Friedensforum. "Wir wollen nicht von den USA oder China (...) in der digitalen Welt abhängig werden. Und deshalb brauchen wir einen eigenen Plan für die Digitalisierung." Für Europa gehe es nicht nur um strategische Souveränität, sondern auch um digitale.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte das Friedensforum in der französischen Hauptstadt 2018 aus der Taufe gehoben - genau 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs. Ziel des mehrtägigen Treffens ist es, internationalen Staats- und Regierungschefs, Organisationen, der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften eine Plattform zum Austausch zu bieten und damit Frieden voranzubringen.

"Außerdem müssen wir uns besser gegen digitale Angriffe auf unsere Demokratie schützen und Desinformationskampagnen, mit denen wir es alle zu tun haben, auch viel entschlossener entgegentreten", betonte Maas. Für ihn ist es "eine der Zukunftsfragen der Menschheit", welche Rahmenbedingungen bei Entwicklung und Einsatz neuer Technologien gelten sollen. Man müsse Antworten darauf finden, wie man zukünftig die Integrität von Wahlen sicherstellen oder bei Cyberangriffen die Frage nach den Verantwortlichen und internationalen Konsequenzen klären könne. Diese Fragen seien für die "Allianz für Multilateralismus" zentral.

Maas hatte diese Allianz mit Vertretern aus Dutzenden Ländern gestartet. Sie soll die internationale Zusammenarbeit stärken. Das Bündnis wurde am Rande der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York im September auf den Weg gebracht. Multilateralismus bedeutet unter anderem, dass Länder beim Verfolgen ihrer Interessen auf andere Staaten Rücksicht nehmen.

Frankreichs Präsident Macron plädierte in seiner Eröffnungsrede am Dienstag für mehr Zusammenarbeit. Europa könne dabei in der Welt "eine Art vertrauenswürdiger Dritter zwischen den Vereinigten Staaten und China" sein. Europa sei auch aufgrund seiner Geschichte ein "Labor des Multilateralismus", sagte er. Chinas Vizepräsident Wang Qishan nannte Unilateralismus und Protektionismus als große Herausforderungen unserer Zeit und pochte auf stärkere Offenheit vor allem mit Blick auf die Wirtschaft, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet.

Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, dass Europa mehr nach außen blicken müsse. Sie setze sich dafür ein, dass im kommenden mehrjährigen Budget der Union 30 Prozent mehr Geld für Außenbeziehungen eingeplant werde. Von der Leyen hatte erst unlängst in Berlin gefordert, dass Europa energischer in der Welt auftreten müsse./cb/DP/jsl