MÜNCHEN (awp international) - Europas grösster Versicherer Allianz hat höhere Katastrophenschäden zum Jahresstart besser weggesteckt als gedacht. Mit 2,9 Milliarden Euro lag der operative Gewinn im ersten Quartal gut neun Prozent höher als ein Jahr zuvor. Das war deutlich mehr als von Analysten erwartet. Bei der Hauptversammlung am Mittwoch in München sah Vorstandschef Oliver Bäte den Konzern damit auf Kurs, in diesem Jahr wie geplant einen operativen Gewinn von 10,3 bis 11,3 Milliarden Euro einzufahren.

Die Allianz-Aktie reagierte positiv auf die Nachrichten und gehörte mit einem leichten Anstieg in einem eher schwachen Gesamtmarkt zu den besten Standardwerten. Am Vormittag legte sie in der Spitze 0,74 Prozent auf 177,45 Euro zu und erreichte damit den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Gegen Mittag lag sie noch 0,62 Prozent im Plus.

Bei der Hauptversammlung geht es neben einer erhöhten Dividende für 2016 um den Umbau der Allianz im Zeichen der Digitalisierung - und einen Führungswechsel im Aufsichtsrat. Der 70-jährige Aufsichtsratschef und frühere Controlling-Vorstand Helmut Perlet soll das Gremium noch wenige Tage führen und seinen Posten am 7. Mai an den früheren Vorstandschef Michael Diekmann (62) abgeben. Erst dann läuft Diekmanns vorgeschriebene zweijährige Wartezeit seit seinem Abschied von der Vorstandsspitze ab. Die Aktionäre müssen beide Manager dazu noch in das Gremium wählen.

Angesichts des Widerstands, den Bäte bei seiner Neuausrichtung der Allianz intern zu spüren bekommt, sprang Perlet dem Manager zur Seite. Es gebe wie in jeder Organisation "Leute, die die Notwendigkeit eines tiefgreifenden Umbaus nicht erkennen oder nicht erkennen wollen", sagte Perlet. Der Aufsichtsrat stehe aber voll hinter der Strategie des Vorstands. Bäte sagte: "Wir nutzen unsere Stärke, um uns auf die Herausforderungen vor allem im Punkt der Digitalisierung vorzubereiten."

Unterstützung erhielt Bäte auch von Aktionärsseite. "Die Versicherungsbranche muss den Kunden im digitalen Zeitalter neu entdecken, sonst droht ihr früher oder später ein Angriff auf das Kerngeschäft durch Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook oder Amazon", sagte Fondsmanager Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Beim Umbau des Konzerns dürfe es "auch mal knirschen, solange die Motivation im Vertrieb und die Kundenzufriedenheit nicht leidet".

Im abgelaufenen Jahr hatte die Allianz ihren operativen Gewinn um ein Prozent auf 10,8 Milliarden Euro gesteigert. Der Überschuss legte um vier Prozent auf 6,9 Milliarden Euro zu. Die Aktionäre sollen einer von 7,30 auf 7,60 Euro erhöhten Dividende zustimmen. Seit Februar kauft der Konzern zudem für 3 Milliarden Euro eigene Aktien vom Markt zurück, nachdem er das Geld zuletzt nicht zur Übernahme anderer Unternehmen einsetzen konnte. Bäte versprach den Anteilseignern, die Dividende auch in den kommenden Jahren nie zu kürzen.

Im ersten Quartal 2017 erzielte die Allianz unter dem Strich wie erwartet weniger Gewinn als Anfang 2016. Trotz der Gewinnsteigerung im operativen Geschäft sackte der Überschuss um 15 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro ab. Im Vorjahreszeitraum hatte der Versicherer von einer niedrigen Steuerquote und Aktienverkäufen profitiert. Analysten hatten mit einem noch stärkeren Gewinnrückgang gerechnet. Seine Vorjahreszahlen hat der Konzern wegen Veränderungen in der Rechnungslegung etwas nach unten angepasst.

Im ersten Quartal stieg der Umsatz um 2,5 Prozent auf 36,2 Milliarden Euro. Die Gewinne der Sparten will die Allianz erst am 12. Mai veröffentlichen. Klar ist: Während der Konzern in der Lebens- und Krankenversicherung eine höhere Marge im Neugeschäft meldete und in der Vermögensverwaltung das Geld der Anleger zunahm, hatte er im Schaden- und Unfallgeschäft höhere Belastungen zu schultern.

So blieben von den Prämieneinnahmen nach Abzug der Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb weniger übrig als im Vorjahreszeitraum. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich von 93,3 auf 95,6 Prozent. Die Versicherungsbranche hatte etwa infolge von Zyklon "Debbie" in Australien hohe Schäden zu schultern. Analyst Philipp Hässler von der Investmentbank Equinet ging zudem davon aus, dass die Allianz eine Neuregelung für Unfallopfer in Grossbritannien teuer zu stehen kam. Dank der Vorgaben stehen Verletzten nach einem Unfall künftig höhere Summen zu, die Versicherer bisher nicht einkalkuliert hatten./stw/stb/fbr