Mit 5,1% erzielte das Wachstum des Brutto-Geldvermögens der deutschen Haushalte den höchsten Wert seit der Finanzkrise. Gleichzeitig stiegen aber auch die Verbindlichkeiten mit 3,4% so schnell wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Von einem Kreditboom ist Deutschland dennoch weit entfernt, die Schuldenstandsquote ist im achten Jahr in Folge gefallen. Mit etwas über 53% lag sie Ende 2017 niedriger als in nahezu jedem anderen Industrieland (mit der Ausnahme Österreichs). Das Netto-Geldvermögen legte 2017 um 5,8% zu und wuchs damit etwas schneller als im Jahr zuvor. Mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 52.390 Euro stand Deutschland in der Rangliste der 20 reichsten Länder (Geldvermögen pro Kopf, s. Tabelle) unverändert auf dem 18. Platz. An der Spitze thront - nach einem Jahr Pause - wieder die Schweiz. Auch sonst stehen die europäischen Länder 2017 relativ besser da als in den Vorjahren; dies spiegelt aber in erster Linie die Aufwertung des Euro im vergangenen Jahr wider.

Auch in Deutschland kam es 2017 zu einem (zaghaften) Umschwung im Sparverhalten. Erstmals seit drei Jahren fiel der Anteil der Bankeinlagen an der Geldvermögensbildung wieder unter 50%; gleichzeitig wurden Aktien und Investmentfonds kräftiger nachgefragt. Damit gelang es den deutschen Haushalten erstmals seit 2012, die implizite Rendite des Geldvermögens zu erhöhen, um 10 Basispunkte auf knapp 3% - allerdings vor Abzug der Inflation. Und auch die etwas bessere Performance im vergangenen Jahr ändert nichts an der Tatsache, dass Deutschland im Durchschnitt der letzten sechs Jahre bei der Vermögensrendite - gemeinsam mit Österreich - das Schlusslicht im Euroraum bildet: Während die Haushalte hierzulande eine reale Rendite von etwas über 2% erzielten, lag dieser Wert beispielsweise in Frankreich oder Italien bei 3,5% und in Spanien und den Niederlanden bei über 4%. Spiegelbildlich liegen die deutschen Haushalte dafür in einer anderen Wertung ganz weit vorne (wiederum gemeinsam mit den Österreichern): Die Kaufkraftverluste auf Bankeinlagen stiegen allein im letzten Jahr auf etwa 400 Euro pro Kopf - Ausweis der negativen realen Renditen dieser Vermögensklasse.

Negative Renditen (nach Abzug der Inflation) auf Bankeinlagen sind allerdings nur die eine Seite der ultra-lockeren Geldpolitik. Gleichzeitig können Haushalte als Schuldner vom Zinsverfall auch profitieren. Wie unser 'Nettozinseinkommen-Rechner ' jedoch zeigt, rechnet sich für die deutschen Haushalte auch in dieser Betrachtung die EZB-Politik nicht: Seit Beginn der geldpolitischen Lockerung im Jahre 2008 steht für die Haushalte ein dickes Minus von knapp 110 Mrd. Euro bei den Nettozinseinkommen zu Buche, bei den spanischen Haushalten hingegen ist es zum Beispiel ein Plus von 140 Mrd. Euro. Für die Unternehmen und den Staat besteht allerdings kein Anlass zum Klagen. Denn in Summe aller Sektoren gehört auch Deutschland zu den Gewinnern der Niedrigzinspolitik, Unternehmen (knapp 130 Mrd. Euro) und vor allem der Staat (knapp 160 Mrd. Euro) konnten kräftig von den niedrigen Zinsen profitieren. 'Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist die oft vorgetragene Kritik vonseiten der Politik an der EZB zu relativieren', kommentierte Arne Holzhausen, Ko-Autor des Reports. 'Die Politik sollte nicht nur die schwierige Situation der Sparer beklagen, sondern handeln. Sie hat es selbst in der Hand, durch eine entsprechende Steuerpolitik die Sparer von den fatalen Wirkungen der Nullzinspolitik zu entlasten, z.B. durch höhere Freibeträge.'

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Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 26 September 2018 09:43:03 UTC.

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