HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Für einen Spezialmaschinenbauer aus der zweiten Reihe hat Aixtron in den vergangenen Jahren erstaunliche Berühmtheit erlangt. Höhepunkt war sicher das Übernahmeveto des damaligen US-Präsidenten Barack Obama Ende 2016, an dem der Verkauf Aixtrons an einen chinesischen Investor wegen Sicherheitsbedenken scheiterte. Wie ist die Lage des Unternehmens etwas mehr als zwei Jahre nach der gescheiterten Übernahme, was sagen die Analysten und was macht die Aktie?

DAS IST LOS BEI AIXTRON:

Auch ohne die an der Politik gescheiterte Übernahme hat das Unternehmen aus der Nähe von Aachen mit seinen etwas mehr als 600 Mitarbeitern einige Dramatik zu bieten. Die Produktion von Anlagen zur Herstellung von Bauelementen für die Signal- und Lichttechnik sowie zahlreiche andere Anwendungen mag zunächst unspektakulär wirken. Tatsächlich ist das Geschäft aber von enormen Chancen und Risiken bestimmt.

Den Jahresauftakt verpatzte Aixtron mit dem Bericht für das vierte Quartal. Die Zahlen waren zwar gut, doch mit den unerwartet vorsichtigen Prognosen verstimmte das Management die Anleger. So rechnet Aixtron im laufenden Jahr lediglich mit einem Umsatz zwischen 260 und 290 Millionen Euro bei einer Marge auf Basis des Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebit) zwischen 8 und 13 Prozent. Das entspräche rechnerisch im besten Fall einem Ebit von 37,7 Millionen Euro. Die Aktie ging auf Tauchstation.

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr war das operative Ergebnis noch auf 41,5 Millionen Euro geklettert und hatte damit fast das Neunfache von 2017 erreicht, während der Umsatz um 17 Prozent auf 269 Millionen Euro zulegte. Hinzu kam die enttäuschende Prognose für den Auftragseingang in diesem Jahr, der demnach nicht ganz an das starke Vorjahr anknüpfen könnte.

DAS SAGEN EXPERTEN:

Der enttäuschende Ausblick führte bei Analysten nicht zu den sonst üblichen Abstufungen. Im Gegenteil: Die Mehrzahl der Experten, die sich nach dem Zahlenwerk äußerte, hielt an Kaufempfehlungen fest. Von den neun von dpa-AFX erfassten Analysten raten sechs zum Kauf, zwei zum Halten und nur einer zum Verkauf der Aktie.

Grund dafür sind die längerfristigen Perspektiven des Anlagenherstellers. Zudem erachten die Experten die Belastungen als vorübergehend. So hält Charlotte Friedrichs von der Berenberg Bank die ungünstige Zusammensetzung der Aufträge und den Gegenwind von der Währungsseite in diesem Jahr nicht für dauerhafte Probleme.

Sie geht davon aus, dass es ab nächstem Jahr wieder besser laufen wird, und hält daher an ihrer Empfehlung "Buy" fest. Mit einem Kursziel von 12,50 Euro gesteht sie der Aktie, die derzeit etwas mehr als acht Euro kostet, erhebliches Potenzial zu.

Die vorsichtigen Äußerungen des Managements wertet Friedrichs, genau wie ihr Kollege Uwe Schupp von der Deutschen Bank, eher als Ausdruck der konservativen Kommunikationspolitik von Aixtron denn als Warnzeichen. Die jüngsten Äußerungen aus dem Unternehmen sind für Schupp sogar ausgesprochen optimistisch ausgefallen.

Aixtron-Vorstand Bernd Schulte habe sich zuletzt bei Investorentreffen zu den mittelfristigen Aussichten so zuversichtlich wie kaum zuvor geäußert, schreibt der Analyst in einer Studie. 2019 könnte sich als Entscheidungsjahr für Aixtron erweisen, denn bei vier Projekten mit jeweils mehreren hundert Millionen Euro Umsatzpotenzial habe das Unternehmen Eisen im Feuer.

Als ein Beispiel nennt Schupp Mikro-Leuchtdioden, die sich beim Einsatz in Flach-Bildschirmen durch höhere Kontraste und deutlich niedrigeren Energieverbrauch im Vergleich zu organischen LEDs oder LCDs auszeichnen. Nachdem Aixtron in den vergangenen sechs Monaten mehrere technische Probleme gelöst habe, rechne sich das Management gute Chancen bei dem Großteil der weltweiten Projekte in diesem Bereich aus.

Sollte es Aixtron gelingen, nur fünf Prozent des Marktes für hochpreisige Fernsehgeräte abzudecken, bedeute dies allein Aufträge für 300 bis 400 Anlagen, rechnet Schupp vor. Dass der Analyst mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 14 Euro ausgesprochen optimistisch ist, überrascht nicht.

Allerdings sind diese Wachstumsfelder noch Zukunftsmusik. Nicht alle Häuser sind daher so positiv gestimmt wie die Berenberg Bank und die Deutsche Bank. So spricht Markus Friebel von Independent Research von einer "sehr volatilen sowie unsicheren Geschäftsentwicklung". Angesichts der hohen Bewertung der Aixtron-Aktie rät er zum Verkauf. Sein Kursziel beträgt mit 7,40 Euro kaum mehr als die Hälfte des Deutsche-Bank-Ziels.

Friebel hatte wie einige andere Analysten nach dem schwachen Ausblick sein Ziel für den Aktienkurs gesenkt. Das durchschnittliche Kursziel der von dpa-AFX erfassten Experten liegt zurzeit mit 12,40 Euro aber immer noch deutlich über dem aktuellen Niveau.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Erfahrene Anleger wissen, dass Investitionen in Halbleiter immer auch Halbleiden bedeuten. Das stark zyklische Geschäft führt sowohl bei Chipherstellern als auch bei den Zulieferern regelmäßig zu heftigen Kursbewegungen, wie das US-Branchenbarometer, der Philadelphia-Semiconductor-Index, zeigt.

Die Aktie von Aixtron ist ein Abbild dieser Entwicklung. Nach massiven Verlusten im Sog des Neuer-Markt-Zusammenbruchs bewegt sich der Wert bis heute in einer volatilen Seitwärtsbewegung, die lediglich von kurzen, aber um so stärkeren Aufschwüngen unterbrochen wurde.

Wer rechtzeitig einstieg, konnte zwischen 2009 und 2011 sowie zwischen Dezember 2016 und März 2018 seinen Einsatz vervielfachen - oder zum ungünstigsten Zeitpunkt entsprechend viel verlieren. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten schwankte die Aktie zwischen knapp 18 und unter acht Euro.

Im aktuellen Kurs spiegelt sich die Zuversicht der Analysten noch nicht wider. Nach dem enttäuschenden Ausblick dümpelt die Aktie am unteren Ende der Spanne der vergangenen Monate. Offensichtlich erwarten Anleger mehr als berauschende Visionen. Der Trend, der seit März letzten Jahres südwärts weist, dürfte wohl erst drehen, wenn sich die glänzenden Aussichten in harten Zahlen niederschlagen.

Das Veto von Obama war für die Anleger im Übrigen trotz der jüngsten Kursschwäche ein Segen. Der chinesische Investor Fuijan Grand Chip (FGC) hatte damals 6 Euro je Aktie oder insgesamt 676 Millionen Euro geboten - aktuell ist Aixtron wieder fast 950 Millionen Euro wert./mf/zb/mis