Der kriselnde deutsche Ferienflieger präsentierte am Freitag die polnische Fluggesellschaft LOT als neuen Eigentümer. Condor sei jetzt in Sicherheit, erklärte Airline-Chef Ralf Teckentrup in Frankfurt. "Die Unsicherheit über Condor kann ad acta gelegt werden." Auch LOT-Chef Rafal Milczarski betonte, Reiseveranstalter und private Kunden könnten sich auf Condor weiter verlassen: "Ich verspreche Stabilität und Wachstum - ich halte immer Wort." Die deutsche Traditionsairline durchläuft seit der Pleite des Mutterkonzerns Thomas Cook Ende September ein auf Sanierung zielendes Insolvenzverfahren. Daraus will die Fluggesellschaft gestärkt hervorgehen. Condor werde nicht nur überleben, sondern auch wachsen, betonte Milczarski.

Zum Kaufpreis wollten sich die Unternehmen nicht äußern. Insider bezifferten die Summe jedoch auf rund 300 Millionen Euro. Damit könne der Staatskredit über 380 Millionen Euro, den der Bund und das Land Hessen der solide wirtschaftenden Condor gewährten, fristgerecht bis Mitte April getilgt werden. Condor-Finanzchef Christoph Debus sagte, der Kredit werde nicht vollständig gebraucht. Die Übernahme solle nach der endgültigen Zustimmung der Gläubiger Mitte März und der EU-Behörden voraussichtlich im April abgeschlossen werden, erklärte Sachwalter Lucas Flöther. Er wickelt immer noch die 2017 pleite gegangene Air Berlin ab. Condor sei die erste Airline in der Krise, die nicht nur weiterfliegen, sondern auch saniert werden könne. Zunächst hatte es laut Debus eine zweistellige Zahl an Interessenten gegeben. Am Ende hätte LOT das beste Angebot vorgelegt, mit dem Condor als Ganzes erhalten bleiben konnte. Auch Finanzinvestoren aus den USA und Großbritannien sowie große deutsche Reiseveranstalter, die großes Interesse an Condor als Konkurrent zur Lufthansa haben, gehörten laut Insidern zum Bieterkreis.

WACHSTUMSPLÄNE

Zusammen bildeten LOT und Condor einer der führenden Luftfahrtkonzerne Europas mit Deutschland und Polen als Kernmärkten, erklärten die Airlines weiter. Die staatliche polnische Fluggesellschaft bedient den Tourismus bisher so gut wie nicht. Condor solle das bisher auf Deutschland begrenzte Angebot auf Österreich, die Schweiz, Polen und Ungarn ausdehnen, sagten Teckentrup und Milczarski. LOT und Condor sind etwa gleich groß: Die polnische Airline beförderte 2019 mehr als zehn Millionen Fluggäste und erwirtschaftete 1,9 Milliarden Euro Umsatz. Condor erzielte im vergangenen Geschäftsjahr mit rund 9,4 Millionen Passagieren 1,7 Milliarden Euro Erlös. Die Flotte von Condor umfasst gut 50 Flugzeuge, LOT fliegt mit 80 Maschinen. Die Polen setzen überwiegend auf Boeing, während Condor auch Airbus im Einsatz hat.

Condor schrieb in den letzten Jahren zwar meistens schwarze Zahlen, die Umsatzrendite war mit 3,4 Prozent zuletzt aber niedrig. Wegen seiner alten Langstrecken-Flugzeuge hat der Konkurrent von Lufthansa und TUI fly einen hohen Investitionsbedarf. LOT-Chef Milczarski kündigte an, in den nächsten zwei, drei Jahren sollten mindestens 16 Langstrecken-Flugzeuge von Condor durch neue ausgetauscht werden. LOT selbst habe ebenfalls Bedarf, sodass er von rund 30 Maschinen Auftragsvolumen ausgehe. Beide führenden Hersteller kämen in Frage.

Condor-Chef Teckentrup erklärte, die Airline müsse und werde den Gewinn steigern. Zuvor hatte er als Zielrendite acht Prozent genannt. Das Unternehmen nutzte das Insolvenzverfahren, um mit dem Abbau von Stellen und über neue Verträge etwa mit Leasinggesellschaften die Kosten zu drücken. Nach Vereinbarungen mit den Gewerkschaften UFO und Verdi können mehr als 300 Jobs wegfallen - 150 in der Kabine und 170 in der Verwaltung. Bei den Piloten werden keine Arbeitsplätze gestrichen, sie machten aber Zugeständnisse bei der Bezahlung. Aktuell beschäftigt Condor knapp 5000 Mitarbeiter.

Gewerkschaften reagierten erleichtert, mahnten den neuen Eigentümer aber auch zur Verantwortung für die Beschäftigten. "Nach der extremen Unsicherheit für die Condorianer in den letzten Monaten ist es eine sehr gute Nachricht, dass nun ein Käufer gefunden ist", sagte die Chefin der Flugbegleitergewerkschaft UFO, Sylvia De la Cruz. Die Gewerkschaft Verdi bescheinigte dem LOT-Eigentümer, "das Know-how, die Condor zum führenden Ferienflieger in Europa zu entwickeln." Dies könne aber nur gelingen, wenn das Unternehmen die Beschäftigten einbinde und sie am Erfolg teilhaben lasse, betonte die stellvertretende Verdi-Chefin Christine Behle.